Rush

Clockwork Angels

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 29.07.2012
Jahr: 2012
Stil: Hard Rock, Prog Rock

Links:

Rush Homepage

Rush @ facebook

Rush @ twitter



Redakteur(e):

Nachgehakt

Marc Langels

Kay Markschies

Ralf Frank


Rush
Clockwork Angels, Roadrunner Records, 2012
Geddy LeeGesang, Bass & Keyboards
Alex LifesonGitarre & Keyboards
Neil PeartSchlagzeug
Gastmusiker
Jason SnidermanPiano (The Garden)
Produziert von: Nick Raskulinecz & RUSH Länge: 66 Min 06 Sek Medium: CD
01. Caravan07. Seven Cities Of Gold
02. BU2B08. The Wreckers
03. Clockwork Angels09. Headlong Flight
04. The Anarchist10. BU2B2
05. Carnies11. Wish Them Well
06. Halo Effect12. The Garden

Logo Rush

In ihren mehr 40 Jahren als Band haben die Kanadier RUSH nun schon fast alles erreicht und ausprobiert – mal abgesehen von einer Disco-Phase vielleicht. Aber eines hat bislang gefehlt, ein waschechtes Konzeptalbum. Sicher auf “2112“ war die erste Seite ein Konzept, aber danach folgten eben noch fünf Stücke, die damit nichts mehr zu tun hatten. Aber da sich die drei Ausnahmemusiker vor keiner Herausforderung drücken, darf man dieses Manko nun auch von der musikalischen Vita von RUSH streichen, dafür sorgt das 19. (wenn man das Cover- und Tribute-Album “Feedback“ mitzählt sogar schon 20.) Studio-Album “Clockwork Angels“.

Clockwork angels, spread their arms and sing. Synchronized and grateful, they move like living things. Goddesses of light, of Sea and Sky and Land. Clockwork angels, the people raise their hands – As if to fly. (Clockwork Angels)

Zudem gibt es noch eine Veränderung: RUSH goes Punk! – Eine Vorstellung, die einem Fan des kanadischen Progressive Rock-Triumvirats kaum gefallen dürfte. Zum Glück geht es nicht um die Musikrichtung, sondern um die literarische Stilrichtung des Steampunk – ein direkter Gegenentwurf zum Cyberpunk. Diese literarische Subkultur hat ihre Anfänge in den 1980er Jahren und gehört zum so genannten Retro-Futurismus. Dabei werden futuristische, technische Funktionen mit Mitteln und Materialien des viktorianischen Zeitalters verknüpft. Dabei verwenden die Autoren häufig dampf- und zahnradgetrieben Mechanik, Abenteuerromantik, viktorianischen Kleidungsstil sowie das damals vorherrschende Werte-Modell.

Ein erstes Mal haben RUSH dies schon beim Vorgänger “Snakes & Arrows“ einfließen lassen. Dabei wurde das Bild zum Text von Working Them Angels in der Steampunk-Optik und –Ästhetik gehalten. Nun hat RUSH-Lyriker Neil Peart das Konzept und die Texte für das aktuelle Album “Clockwork Angels“ im Stile des Steampunk geschrieben. Der befreundete Autor Kevin Anderson will das Ganze dann sogar in der Zukunft noch zu einem Roman ausarbeiten. In aller Kürze geht es um einen jungen Mann und seine abenteuerliche Reise durch eine Welt zwischen Steampunk und Alchemie, immer darauf bedacht seinen Träumen zu folgen. Dabei kommt er durch verlorene Städte, trifft Piraten und Anarchisten und einen sehr rigiden Uhrmacher, für den Präzision das Entscheidende im Leben ist.

All is for the best. Believe in what we’re told. Blind men in the market, buying what we’re sold. Believe in what we’re told, until our final breath. While our loving Watchmaker loves us all to death (BU2B)

Das Artwork des Albums ziert denn auch eine Uhr, die aber anstatt der Zahlen alchemistische Symbole zeigt. Als kleinen Querverweis auf die eigene Vergangenheit der Band zeigt die Uhr 9:12 Uhr an, oder aber am Abend 21:12, als kleiner Fingerzeig auf das ebenso betitelte Album “2112“ von 1976. Zudem führen die Bilder, die das Booklet zieren (anders kann man das einfach gar nicht nennen) schon in die Welt der Ereignisse ein und lassen sie für den Hörer so schon ein Stück greifbar werden. Für die Umsetzung war einmal mehr der langjährige Gefährte Hugh Syme verantwortlich.

Die Story wurde so weit entschlackt, dass man es schon wissen muss, um zu merken, dass da ein zusammengehörendes Konzept dahintersteckt. Somit kann man die einzelnen Tracks auch genießen, ohne auf die Story zu achten. Es zieht sich auch keine musikalische rote Linie (wie zum Beispiel wiederkehrende Melodien, Sounds oder ähnliches) durch das Album, so dass "Clockwork Angels" wie ein reguläres Album genossen werden und jedes Lied auch einfach für sich isoliert stehen kann.

Musikalisch bleiben RUSH der Entwicklung seit Mitte der 1990er Jahre treu. Sie sind eine Rockband und das Album rockt denn auch fast von vorne bis hinten. Getragen wird der Sound von Gitarre, Bass, Schlagzeug und Gesang. Lediglich als Dreingabe hört man gelegentlich echte Streicher und Keyboards (für die dieses Mal auch Gitarrist Alex Lifeson mit zuständig war, sonst die Domäne von Bassist Geddy Lee). Dabei hört man hier einige der heftigsten musikalischen Momente, die RUSH jemals auf Band gebannt haben, zum Beispiel den Einstieg in Carnies, aber auch so traumhafte Abschnitte wie zum Beispiel in The Garden, dass man fast versucht wäre von Kitsch zu sprechen, wenn es nicht so herzerwärmend schön wäre.

The measure of a life is a measure of love and respect. So hard to earn, so easily burned. In the fullness of time, A garden to nurture and protect. ... The future disappears into memory. With only a moment between. Forever dwells in that moment. Hope is what remains to be seen. (The Garden)

Allerdings bedeutet diese Kontinuität im Sound und Ansatz beim Songwriting auch, dass die früher so geschätzte Wandlungsfähigkeit der Band und das Überraschungsmoment, sowohl was den Sound als auch die Songstruktur betrifft, auch dieses Mal wieder ausbleiben. Seit "Counterparts" sind die Veränderungen bei RUSH eher gradueller Natur und nicht mehr so revolutionär, wie dies teilweise in der Vergangenheit durchaus regelmäßig der Fall war.

Im Vorfeld der Veröffentlichung gab Neil Peart offen zu, dass die Band auf “Clockwork Angels“ zum ersten Mal richtig und ausgiebig improvisiert hat und nicht perfekt vorbereitet und mit bis ins letzte Detail durchgeplanten Songs ins Studio ging. Herausgekommen ist eines der härtesten Alben in der bisherigen Band-Historie. Das konnte man schon bei den beiden bereits weit im Voraus veröffentlichten Stücken Caravan und BU2B (kurz für Brought Up To Believe) erahnen. Und auch der Titeltrack hat seine heftigen Momente. Diese wirken insbesondere im Kontrast zu den fast schon lieblichen Strophen sogar umso aggressiver.

Dabei fällt auf, dass Gitarrist Alex Lifeson wieder einige herrliche Riffs beisteuert, die für RUSH so charakteristisch sind. Man kann sich manchmal des Gefühls nicht erwehren, Lifeson habe sich vor den Aufnahmen intensiver die LED ZEPPELIN-Werke zu Gemüte geführt. Einige Riffs auf “Clockwork Angels“ hätten auch Jimmy Page sicherlich gut gefallen. Zudem begeistert Lifeson mit einer Vielzahl von verschiedenen Sounds, die das Album und die einzelnen Songs abwechslungsreich halten. Allerdings sind die Soli meist eher unspektakulär und kurz, selbst dann wenn der Song länger als sechs oder sieben Minuten ist. Einzige Ausnahme ist das Solo in der zweiten – und überraschenden Single - Headlong Flight, die einmal mehr recht heftig rockt.

Some days were dark. I wish that I could live it all again. Some nights were bright. I wish I could live it all again. All the highlights of that headlong flight. Holding on with all my might, to what I felt back then. I wish that I could live it all again. (Headlong Flight)

Im Vergleich zum Vorgänger-Album “Snakes & Arrows“ ist es Produzent Nick Raskulinecz meiner Meinung nach, dieses Mal sogar noch besser gelungen, die drei Haupt-Instrumente Gitarre, Bass und Schlagzeug wirklich gleichberechtigt in den Sound zu integrieren. Das tut insbesondere Geddy Lees Bass gut, den man hier noch besser und durchgängiger genießen kann (das letzte Mal war das bei “Test For Echo“ 1996 der Fall). Dafür belohnt Lee den Hörer wieder mit einigen geradezu unglaublichen Bass-Licks, wie zum Beispiel zum Auftakt von Seven Cities Of Gold. Aber auch an zahlreichen anderen Stellen groovt Lee wunderbar losgelöst von den Konventionen des Rock-Basses und verpasst der Musik dadurch einen tollen Drive – wie immer bei RUSH.

Dafür verstehen sich Lee, Lifeson und Peart immer noch darauf wunderbare Melodien mit langanhaltender Wirkung und hohem Suchtpotenzial zu ersinnen. Ein paar offensichtlich und auch offen eingestandene Querverweise auf die eigene Vergangenheit gibt es dabei schon, so verweist Headlong Flight schon stellenweise auf den eigenen Klassiker Bastille Day. Aber RUSH klauen nicht nur bei sich selber, sondern „wildern“ ein wenig bei anderen Bands. So ist The Wreckers fast schon ultra-eingängig ausgefallen, mit wunderschönem Refrain und erinnert von der Eingängigkeit und dem Ansatz her fast schon an eine andere kanadische Band, die BARENAKED LADIES.

All I know ist hat sometimes you have to be wary, of a miracle too good to be true. All I know ist that sometimes the truth is contrary, Everything in life you thought you knew. All I know ist hat sometimes you have to be wary, ’cause sometimes the target is you. (The Wreckers)

"Clockwork Angels" ist ein weiteres in der schier endlos erscheinenden Reihe von Qualitätsalben der Kanadier. Wo man es im Kanon der Klasse-Alben denn nun einordnet ist wirklich schwer zu entscheiden. Es ist sowohl musikalisch sehr komplex aber auch von den Melodien her genial eingängig – ein Spagat, den man erstmal schaffen muss. “Clockwork Angels“ eignet sich damit herrlich für nahezu konstantes Dauerhören, der Sound ist vielleicht so gut wie schon lange nicht mehr. Die Geschichte interessant, ohne die musikalische Ebene jedoch zu überlagern. Zudem spielen Lee, Lifeson sowie Peart auf dem von ihnen gewohnten nahezu außerirdischen Niveau.

Dennoch: An Göttergaben wie "2112", "A Farewell To Kings", "Hemispheres", “Permanent Waves,“ "Moving Pictures", "Grace Under Pessure" oder "Roll The Bones" mag es eventuell nicht heranreichen, waren diese doch überwiegend wegweisend für ihre Zeit und die Entwicklung des Progressive Rock. Aber man sollte “Clockwork Angels“ definitiv auch nicht unterschätzen, denn bei jedem weiteren Durchlauf entwickelt das Album auf mich eine größer werdende Anziehungskraft und gräbt sich tiefer in meine Gehörgänge ein. Bei vielen anderen Bands wäre "Clockwork Angels" das Magnum Opus, das alles überstrahlende Meisterwerk der Karriere, nur eben dann vielleicht nicht, wenn die Band RUSH heißt. Aber den genauen Platz in der Geschichte der Band kann man vielleicht erst am Ende ihrer Karriere bestimmen – bis dahin lassen sie sich aber hoffentlich noch ein bisschen Zeit. Denn in dieser Musik kann man sich wunderbar verlieren, immer und immer wieder eintauchen, alte Eindrücke auffrischen, neue hinzugewinnen und – wenn er sich denn mit den Texten befasst – interessante Denkanstöße bekommen.

Seven Cities of Gold, Stories that fire my imagination. Seven Cities of Gold, A spendid mirage in this desolation. Seven Cities of Gold, Glowing in my dreams, like hallucinations. Glitter in the sun like a revelation, distant as a comet or constellation. A man can lose himself, in a country like this. Rewrite the story. Recapture the glory. (Seven Cities Of Gold)

Marc Langels, 26.07.2012

Die Abstände zwischen den RUSH-Studioalben scheinen sich allmählich bei 5 Jahren einzupendeln. Kaum zu glauben, dass seit der letzte Scheibe "Snakes & Arrows" schon wieder ein halbes Jahrzehnt vergangen ist.
Und ich kann mir nicht helfen: Die lange Pause Ende der 90er Jahre scheint der Band nicht gut getan zu haben und es muss kompositorisch irgendwie zu einem generellen Bruch in der Band gekommen sein.

Nach den relativen Enttäuschungen der letzten beiden Platten kann mich auch "Clockwork Angels" nicht überzeugen. In den zwölf Songs versucht das kanadische Trio zwar, den Bandspirit der 70er Jahre wiederzubeleben.
Doch das gelingt der Band nur in ganz wenigen Songs und dort auch nur punktuell. Neben den knackigen Riffs von Caravan und dem Ansatz eines 2112-Feelings auf Clockwork Angels ist es vor allem der Schlusstrack The Garden, der so etwas wie Langzeitwirkung entfachen kann.
Ansonsten bleibt leider zum größten Teil eine Ansammlung von z. T. beliebigen Rockriffs und uninspirierten Gesangslinien.

Da rettet die Platte leider auch nicht das Experiment, sich auf BU2B2 (und übrigens auch auf Tour) von einem Streichorchester begleiten zu lassen.
So ist "Clockwork Angels" nur eine Platte für wahre RUSH-Fans geworden, bei weniger enthusiastischen Hörern könnte die CD hingegen schnell zum Staubfänger mutieren.

Kay Markschies, 27.07.2012

"Clockwork Angels" war ja bereits seit der "Time Machine" Tour und DVD wegen den dort vorgestellten neuen Songs Caravan und BU2B in aller Munde, wobei beide Songs durchweg kontrovers diskutiert wurden. Den Vorwurf, die Songs klängen wie unfertige Rough Mixes konterte die Gegenseite mit "back to the roots", alle Hoffnung ruhte seit dem auf dem finished product.

Nun, dieses liegt nun vor und wird vermutlich nicht zur Befriedung der Kontrahenten beitragen, denn im Grunde haben beide Seiten Recht behalten.
Derart ruppige Riffs und Fusionbreaks ist man in der Häufigkeit in den letzten Jahrzehnten von der Band nicht gewohnt, wenn überhaupt, melodische Hooks müssen mühsam durch mehrere Hördurchgänge erarbeitet werden, aber auch dann zeigt sich das Album immer noch sperrig und unnahbar.
Der Funke will nicht so richtig überspringen, weder für die Freunde des harten Riffs, des eingängigen Refrains oder progressive Strukturen gibt es jeweils greifbare Schwerpunkte, bevor man sich auf einen Song einlassen kann, wechselt er gleich wieder die Richtung.

Ist das nun große Kunst oder Überheblichkeit?
Time will tell!

Ralf Frank, 28.07.2012

 

© 2008 - 2024 by Hooked on Music