29. & 30. Mai 2004, Gelsenkirchen, Amphitheather | |
Unter besten Voraussetzungen (strahlender Sonnenschein) und klasse Line-up ging das Rock Hard Festival 2004, wie letztes Jahr bei seiner Premiere, im Amphitheather Gelsenkirchen über die Bühne. Eins vorweg: Es war extrem entspannt und bestens organisiert. Essen & Trinken gab es, wie versprochen, zu zivilen Preisen und in breiter Auswahl. Vom Döner über Asia, vegetarisch bis zur Bratwurst, alles da! Einen Metal Market gab's auch, die Bands gaben Autogramme und strolchten auch so über das Festivalgelände. Super! Und die Verkündung, dass es zu Pfingsten 2005 die dritte Auflage geben wird, wurde natürlich mit großem Jubel entgegengenommen.
Tag 1:
Die Headliner des ersten Tages waren definitiv nicht die beiden Namen die im Billing ganz oben standen (GAMMA RAY und IN EXTREMO). Die wahren Headliner waren EXODUS und KROKUS. Wahnsinn, wie die beiden Bands die Massen bewegten.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich GLUECIFER bis zu diesem Tage nicht kannte.
Um so mehr begeisterte mich die Truppe um Frontman Biff Malibu bei diesem Auftritt mit ihrem frechen Rotz Rock irgendwo zwischen BACKYARD BABIES und HELLACOPTERS.
Solider Sleaze n'Roll der die bisher nur langsam herbeiströmenden Fans begeistern konnte.
KROKUS rockten sich souverän durch ihren Best of-Set, der alle Hits wie Bedside Radio, Long Stick Goes Boom, Heat Strokes, Eazy Rocker oder Rock City beinhaltete. Vom neuen Album gab's nur Rock The Block zu hören.
Die Fans feierten die Mannen um einen bestens aufgelegten Marc Storace und Fernando van Arb tierisch ab.
Kuriosum am Rande waren die Fans. Da sah man die ältere Generation rocken bis die Knie bluten und Luftgitarrenspiel in höchster Vollendung (incl. Judorolle auf hartem Beton). Die jüngere Generation musste beim bangen allerdings einer plötzlich in den Weg springenden Tasche ausweichen, was in einen Dive, auf den so mancher Fußballprofi neidisch wäre, ausartete. (Einer Tasche??? Herr Kollege, freilaufende Taschen bei Rockkonzerten sind eigentlich eher unüblich! Red.)
Naja. Die Schürfwunden wird er wohl erst spüren wenn er wieder nüchtern ist... August 2004.
EXODUS waren, nicht nur für mich, das absolute Highlight des ersten Tages. Spätestens als der Opener Pleasures Of The Flesh aus den Amps knallte, sah man die Jünger zur Bühne stürmen um sich im Pit ein wenig "Happy Violent Fun" zuzufügen. Es wurde gemosht was das Zeug hält, und die Crowdsurfer rannten sofort nachdem sie im Fotograben ankamen im Höllentempo zurück ins Pit um die Aktion noch mal zu starten.
Leider war Stagediving nicht erlaubt, schade. Selbst so einem alten Sack wie mir juckte es noch mal ein wenig zu moshen (höhöhö, das hätten wir gern auf Großbildleinwand gesehen... Red.). EXODUS boten nämlich die richtige Grundlage dazu. Ein Knaller jagte den nächsten. Ob Deliver Us From Evil, Blackless oder Piranha, die Band hat alles weg geblasen. Mit dieser Gitarrenwand auch kein Wunder.
Vom neuen Album gab es Shroud Of Urine den Titeltrack Tempo Of The Damned und die neue Single War Is My Sheperd zu hören. Die Songs machen schonmal Bock of mehr.
Natürlich fehlten auch And Then There Were None, Bonded By Blood und (meiner Meinung nach die beste Tanznummer überhaupt) Toxic Waltz nicht.
Absolut runde Sache, perfekter Gig meiner Heroes. Mehr davon.
Vor den beiden genannten Bands durften aber auch noch DESTRUCTION ran.
Sie waren kurzfristig für die ausgefallenen MARDUK eingesprungen und ein mehr wie ebenbürtiger Ersatz. Schmier ist ein Frontman par Exellance und weiß auch die Massen mit Sprüchen wie "United we stand. Egal ob Thrash, Speed oder Power Metal, wir gehören alle zusammen" zu begeistern. Beim danach folgenden Eternal Ban (vom 1986er Album "Eternal Devastation") gings im Pit ab wie bei Schmitz.
Ansonsten ließ der Gig nichts zu wünschen übrig, wie auch, bei Knallern wie Nailed To The Cross oder Metal Discharge? Als auch noch The Butcher Strikes Back ertönte, war Kollege Metal Harry versucht gleiches zu tun, aber das ist eine andere Geschichte...
Der zweite Headliner am Abend hat mich leider ein wenig entäuscht. Ich hatte mich tierisch auf Kai Hansen und seine GAMMA RAY gefreut, aber leider war die Setlist etwas unglücklich gewählt. Die Jungs hauten mit Gardens Of The Sinner und New World Order zwar zu Beginn mächtig rein, haben, wie ich meine, allerdings mit Epen wie Eyes Of The World oder Heavy Metal Universe (mit großem Mitsingteil und mehrfach verlängertem Ende) die falschen Songs ausgesucht. Die Fans stört es nicht, die feiern ihre Helden ab.
I want out ist eine erfrischende Abwechslung bevor es mit Somewhere Out In Space und als Zugabe Send Me A Sign weitergeht. Und dann isses auch schon rum.
Nee, beim Chronisten ist der Funke nicht recht übergesprungen...
Als letzte des ersten Festivaltages enterten dann die Mittelalter-Rocker IN EXTREMO zu mystischen Klängen die Bühne.
Eins war gleich beim Opener Küss mich klar: Die Mischung aus brachialem Industrial und mittelalterlichen Tönen kommt beim bunt gemischten Publikum bestens an. Der Platz vor der Bühne ist inzwischen proppevoll, und auch auf den Rängen gibt's kaum noch Platz. Keiner verpasst dieses Spektakel. Und IN EXTREMO lassen die Sau raus. Hiamali Tempore, Erdbeermund, Merseburger Zauberspruch 2 (immerhin 800 Jahre alt!).
Ein Knaller jagt den nächsten und die Fans flippen aus. Mit ausgewogener Setlist durch ihr Repertoire (u.a. Spielmanns Fluch, Albtraum oder Vollmond) boten die Jungs ein würdiges Finale des ersten Tages.
Tag 2:
Angenehm überrascht haben mich PINK CREAM 69, die ein solides Brett spielten.
Egal ob Lost In Illusions, Carnaby Road (vom neuen Album "Thunderdome", mit Dennis Ward an der zweiten Stimme) oder Keep Your Eyes On The Twisted aus den Boxen donnerte, die Fans nahmen jeden Song dankend auf.
David Readman bekam von einem englischen Fotografen eine Familienpackung "Tetleys Bitter" Tee geschenkt, und freute sich tierisch darüber. Kuriosum am Rande: Seine Ansage in deutsch verstand kein Schwein, und das lag nicht an den Restpromille vom Vortag, so dass David sie noch mal in Englisch wiederholen musste... die Version verstanden dann alle. Was lernen wir daraus? Englischer und schwäbischer Akzent passt nicht gut zusammen.
Angekündigt von Götz himself, und mit Jay Reynolds (ex-MALICE) an der Gitarre, enterten dann METAL CHURCH die Bühne. Und die rissen mit Ton Of Bricks, Start The Fire und Leave Them Behind (vom neuen Album) gleich zu Anfang das Publikum auf ihre Seite.
Ronnie Monroes Gesang passt hervorragend zur Band (wer ist David Wayne?), Jay Renyolds Gitarrenarbeit ist eh über alles erhaben. Naja, und Kurdt Vanderhoof sowieso (und ein privat witziger Typ, der einen Spaß versteht).
Egal was gespielt wird, die Fans nehmen es dankend auf. Watch The Children Pray, God Of Wrath, The Dark, ein Überknaller jagt den nächsten, selbst die neuen Songs wie das Epos Madman's Overture (mit knapp 9 Minuten Länge!) oder Cradle To The Grave begeistern beim ersten Anhören.
Geile reunited Band, geiler Auftritt. Kann das neue Album kaum erwarten und hoffe auf die Tour im Herbst.
Ich mag die Band nicht. Die Mucke selbst ist ja noch klasse, aber sobald der Sänger den Mund aufmacht, rollen sich mir die Fußnägel auf. Wie ein so sympathischer Typ solche Grunzlaute von sich geben kann ist (und wird mir immer) schleierhaft bleiben. Dies soll aber nicht abwertend gemeint sein. Bei den Fans kam die Band bestens an, man kann halt nicht alles mögen.
Wie gesagt, gleiche Musik, anderer Sänger (der singt, nicht grunzt!) und ich habe beide Ohren offen.
Wie angekündigt mit dem Fahrrad angereist sind RAGE wahrscheinlich nicht. Aber Heimspiel hatten sie allemal.
Zum Einstieg schlossen sich an das Intro Orgy Of Destruction nahtlos War Of Worlds, The Greater Ones und Black in Mind an. EXZELLENT!
Spätestens beim fünften Stück, Down, fragt man sich ob Mike Terranas Schlagzeug hält, das Drumtier prügelt dermaßen drauf ein, dass der Drumroadie permanent irgendwelche Stangen und Halter nachschrauben muss.
Nach dem Gitarrensolo folgt Soundchaser, Set The World On Fire und das unvermeidliche Drumsolo. Don't Fear The Winter glänzt wie immer mit großem Mitsingteil. From The Cradle To The Grave und Higher Than The Sky beenden das Set. Wurde auch Zeit. Wir brauchen Pause. Wo ist der Bierverkäufer???
Routiniertes Konzert der Metal Ikonen aus Herne. Ein hervorragender Victor Smolski an der Gitarre, Peavy stimmlich bestens drauf und, achja, das Schlagzeug von Mike hat gehalten.
So, das einzige Open Air Konzert von STRATOVARIUS beginnt, eventuell das letzte Konzert überhaupt, und der Himmel öffnet die Pforten? Mag Petrus STRATOVARIUS etwa nicht? Weil, auf Metal steht er, sonst hätte es nicht am ganzen Wochenende schönes Wetter gegeben. Oder will er gar den vermeintlich letzten Auftritt beweinen? Who knows, den Fans macht der Regen zumindest nichts aus, und auch die Band spielt trotz aller internen Probleme ziemlich tight ihr Programm runter. Jörg Michael malträtiert seine Double Bass, und Timo Kotipelto singt wie ein junger Gott, allein Timo Tolkki wirkt etwas abwesend.
Reign Of Terror, Father Time oder Kiss Of Judas wissen zu begeistern und holen das letzte Quentchen Energie aus dem Publikum raus.
Wenn es mit der Band tatsächlich zu Ende gehen sollte, ist es sicherlich Schade, wir werden die Musiker 100%ig in irgendwelchen anderen Projekten wieder sehen.
Also Charisma hat er ja, der Robert Flynn. Und degradiert seine Mitstreiter damit zu Statisten. Eigentlich schaut jeder nur auf ihn. Die Arena ist trotz Nieselregens wieder komplett gefüllt (bei STRATOVARIUS war es wesentlich leerer) und die Menge feiert Songs wie den Opener Imperium, Take My Scars oder Ten Ton Hammer amtlich ab.
MACHINE HEAD waren nicht umsonst der Headliner des Festivals. Mit ihrem Brachial-Speed-Thrash Metal scheinen sie genau den Geschmack der 6000 Anwesenden zu treffen.
Alles in allem ein geniales Wochenende. Der Sound war bei jeder Band hervorragend, die Organisation war vorbildlich, Security war freundlich, Umbaupausen so kurz wie möglich und so lang wie nötig. Das Wetter spielte auch bis auf die letzten Stunden des zweiten Tages mit, aber der Nieselregen konnte einen echten Metaller nicht aufweichen.
Eine absolut runde Sache und Vorbild für die nächsten Open Airs der Saison. Plant mich schon mal für 2005 ein.
Special Thanks go to Sabine von Bizzy Bee Promotion, und Jenny vom Rock Hard für die Unterstützung.