Reeperbahn Festival
Hamburg, Prinzenbar, Moondoo, Schmidts Tivoli, Angie's Nightclub, Grünspan, O2 World on Tour, Uebel und Gefaehrlich, Grosse Freiheit 36, D-Club,Grüner Jäger,Frau Hedi, 24.-26.09.2009
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Es gibt Konzerte oder Festivals, auf die freut man sich ganz besonders und zu diesen
"Events" gehört bei mir eindeutig das REEPERBAHN FESTIVAL.
2007 bin ich das erste Mal dabei gewesen und seitdem alljährlich Ende
im September elektrisiert, wenn sich das endgültige Line-Up des Festivals
herauskristallisiert.
Diese Vorfreude beginnt schon meist eine halbe Woche vor Festivalstart, wenn es darum
geht, anhand des Timetables seinen ganz persönlichen Fahrplan zu erarbeiten.
Da ich auch dieses Mal in Diensten von HOOKED ON MUSIC auf dem Festival unterwegs war,
war es meine Prämisse, möglichst viele verschiedene Clubs anzusteuern und so ein
relativ umfangreiches wenn auch nicht abschließendes Bild der Atmosphäre zeigen
zu können.
Als meine Agenda stand, war schnell klar, dass es für meine Verhältnisse relativ
poppig und feminin werden würde. Doch zu den einzelnen Künstlern später mehr.
Vorher noch ein paar kurze Worte zum Sinn und Selbstverständnis des
REEPERBAHN FESTIVALS.
Es spielen relativ wenige bekannte Bands auf dem Festival, dafür in der Masse
Bands aus Deutschland und aller Welt, denen ihre internationale Karriere noch bevorsteht.
Dadurch sind zum einen die Eintrittskarten relativ günstig, zum anderen soll auch
ein wenig der Geist der 60er Jahre wiederbelebt werden, als nicht nur für THE
BEATLES Hamburgs sündige Meile Startpunkt ihres außergewöhnlichen Weltruhms
wurde.
Tag 1 - 24.09.2009
Kommen wir aber nun ohne Umschweife zum ersten Festivaltag und der begann, obwohl
es ein schnöder Wochentag - nämlich Donnerstag- war, mit anfänglichen Schwierigkeiten.
Zuerst einmal war es schwierig, überhaupt um das Heiligengeistfeld einen Parkplatz
bekommen. Schuld daran war eine parallel stattfindende Medizinermesse, die dazu
führte, dass die Glacischaussee fast gänzlich für den Verkehr gesperrt war.
Letztendlich fand ich dann aber doch noch einen Platz für mein Automobil und
konnte mich nach der Abholung der Presse- und Fotopresse direkt in Richtung
"Prinzenbar" begeben.
Dort spielte bereits seit ein paar Minuten die Berliner Band SIVA, die mit ihrem
elektronisch angehauchten Poprock mehrfach Assoziationen an RADIOHEAD wach werden
ließen.
Offizielle SIVA Homepage
SIVA im Hooked on Music
Die "Prinzenbar" ist vielleicht Hamburgs schönster Ort für Livemusik, das weiß ich
auch aus eigener Erfahrung. Die barock anmutende Halle verleiht jedem Konzert eine
sehr heimelige Atmosphäre und dies war gerade für SIVA nicht ganz unwichtig, denn
die Berliner überzeugen in erster Linie mit Musik zum Zuhören.
Neben rockigen Elementen bietet die Musik von SIVA auch viele spacige und psychodelische
Momente, die nicht nur von Basser und Keyboarder Sepp Singwald sondern auch von Gitarrist
Andreas Bonkowski mit einem Effektboard erzeugt werden, dass von der Größe her
sich nicht vor einem Gitarrenkoffer verstecken muss.
Dass gerade solche Musik immer noch von den Leuten honoriert wird, war direkt daraus ablesbar,
dass kaum noch ein Blatt Papier in die Prinzenbar passte und anscheinend auch niemand
vorzeitig gehen wollte.
Nach dem Konzert von SIVA war ein wenig Eile geboten, da ich mich fast auf das
andere Ende der Reeperbahn begeben musste. Das "Moondoo" ist unter Livemusikern eigentlich
ein relativ unbeschriebenes Blatt, da der exclusive Club in erster Linie DJ-Parties
veranstaltet und kein Rockclub im eigentlichen Sinne ist.
An diesem Abend war jedoch alles anders. Ich war rechtzeitig da, um der Musik von
THE KOLETZKIS zu lauschen, die ebenfalls aus Berlin kommen.
Bandkapitän Oliver Koletzki hat sich bereits jenseits der Berliner Stadtmauern einen
Namen als DJ gemacht und eigene Platten herausgebracht.
Wenn er seine Musik jedoch im Bandverbund live zum Besten gibt, dann mutiert dieser
Solokünstler mit seinen Mitstreitern zu THE KOLETZKIS.
Offizielle THE KOLETZKIS Homepage
THE KOLETZKIS im Hooked on Music
Und die Berliner brachten gleich Stimmung in den Laden. Zwar wirkte das Stageacting
des Quintetts ein wenig statisch und insbesondere die Sängerinnen Fran und Juli Holz
wirkten an ihren Mikrophonen oft so, als müssten sie ein auswenig gelerntes Gedicht
vortragen.
Dennoch gelang es THE KOLETZKIS mit frischen und sommerlich angehauchten Songs,
die ein ähnlich positives Lebensgefühl wie die Lieder von 2RAUMWOHNUNG verbreiten,
das Publikum von Anfang an zum Mitwippen zu bewegen.
Als zum Ende des Gigs der Applaus stärker und fast frenetisch wurde, taute der Fünfer
ebenfalls beträchtlich auf und alle waren sich einig, dass man THE KOLETZKIS gerne
noch eine weitere halbe Stunde zugehört hätte.
Die Band dürfte auf jeden Fall mit einem positiven Gefühl in die Bundeshauptstadt
zurückgekehrt sein und für die Zukunft wissen, dass auch in Hamburg leichte
und frische Dancerhythmen gefragt sind und sich eine Reise in die Hansestadt immer lohnt.
Kurz vor 22:00 Uhr musste ich dann das relativ kleine Moondoo verlassen, um rechtzeitig
in "Schmidts Tivoli" zu sein. Das Theater von Corny Littmann ist über Hamburg hinaus bekannt
und während des REEPERBAHN FESTIVALS nahm der NDR die Chance war, hier "seine"
Künstler zu präsentieren.
An diesem Donnerstag stand LENKA auf dem Programm. Die gebürtige Australierin mit
jetzigem Wohnort Los Angeles wird manch einem Radiohörer schon ein
Begriff sein, schließlich läuft ihre Single The Show hierzulande öfter mal über den
Äther. Insbesondere in Südostasien hat LENKA bereits die Charts aufgemischt und ist dort
ein richtiger Superstar. Doch auch in Deutschland entdeckt man langsam die Güte ihrer
Songs, was ihr u.a. in diesem Jahr einen Auftritt beim SWR New Pop Festival eingebracht
hat.
Offizielle LENKA Homepage
LENKA im Hooked on Music
Wer bei LENKA "nur" Pop erwartet hat, der war an diesem Abend schief gewickelt, denn
Kenner dieser Musikrichtung wissen, dass es Künstler
gibt, bei denen quasi alles aus der Dose kommt, aber auch talentierte Musiker, bei
denen quasi alles live intoniert wird. LENKA gehört zu den letzteren, spielt neben
ihren Gesangstätigkeiten noch Keyboards und Trompete und hat wirklich tolle Musiker
um sich geschart.
So wurde das LENKAS Konzert dann auch eine interessante Reise durch ihr Debutalbum
und ein wahrer Hörgenuss in intimer Atmosphäre. Genau richtig für einen Veranstaltungsort, der
mit seinem varieteartigen Ambiente bei Konzerten immer wieder ein Erlebnis ist.
LENKA dürfte an diesem Abend einige Fans dazugewonnen haben. Jedenfalls warteten, als
ich "Schmidts Tivoli" verließ, schon einige Personen am Merch-Stand, um sich einen
handsignierten Tonträger zu sichern.
Bis zum Auftritt von DEAR EUPHORIA war noch etwas Zeit und so nutzte ich diese,
um ein wenig über den Spielbudenplatz zu schlendern. Für mich war erstaunlich,
wie viel Leben an diesem Donnerstag um 23:15 Uhr noch auf der Straße herrschte und
wie viele Leute man noch mit Eintrittsbändchen am Handgelenk sah.
Kein Wunder, dass die Veranstalter am darauf folgenden Morgen meldeten, dass der erste
Festivaltag komplett ausverkauft war.
Frisch gestärkt trat ich den Weg zu meiner letzten Station am heutigen Abend an.
Kurz vor Mitternacht traten DEAR EUPHORIA aus Schweden in "Angie's Nightclub" auf.
"Angie's Nightclub" ist auch so ein Ort voller Besonderheiten. Es gibt dort keine
richtige Bühne, die Musiker stellen ihre Instrumente ebenerdig in einer größeren
Ecke des Clubs auf. Traditionell versammelt sich das Publikum auf dem Fußboden davor.
Offizielle DEAR EUPHORIA Homepage
DEAR EUPHORIA im Hooked on Music
Irgendwie war die Musik von DEAR EUPHORIA der richtige Ausklang für diesen Abend.
Der New Age-artige Sound der Schweden wird insbesondere durch sphärische Keyboards,
die helle Stimme von Elina Johansson und der Violine von Alexandra Eklöf .
Die Songs sind teilweise jedoch ein bisschen schwermütig, so dass das Publikum
eher gespannt und ruhig zuhörte als "euphorisch" auf die Songs von DEAR EUPHORIA
zu reagierte. Teilweise war es so ruhig im Saal, dass der Auftritt von DINOSAUR JR.
im direkt angrenzenden D-Club durch die Flure drang und die Performance von
DEAR EUPHORIA empfindlich störte.
Auch wenn die Schweden musikalisch überzeugten, verließen einige, die wahrscheinlich
mitreißendere Töne erwarteten, vorzeitig den Club.
Ich blieb bis zum Ende und konnte nach 5 Stunden Beschallung auf dem Hamburger Kiez
für mich das Fazit ziehen, durchweg tolle Musik gehört zu haben.
Das REEPERBAHN FESTIVAL hatte schon jetzt meine Erwartung, gute neue Bands zu entdecken,
vollends erfüllt und deshalb mischte sich zwischen die aufkommende Müdigkeit auf
der A7 auch eine ganze Portion Vorfreude auf den kommenden Festivaltag.
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Kay Markschies, 18.10.2009