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Mental Jewelry - 25th Anniversary Edition

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 01.08.2017
Jahr: 2017
Stil: Alternative Rock

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Redakteur(e):

Marc Langels


Live
Mental Jewelry - 25th Anniversary Edition, Universal Music Group, 2017
Ed KowalczykGesang & Gitarre
Chad TaylorGitarre & Gesang
Patrick DahlheimerBass
Chad GraceySchlagzeug & Percussion
Produziert von: Jerry Harrison Länge: 137 Min 24 Sek Medium: CD
CD 1: Mental Jewelry (71:12)
01. Pain Lies On The Riverside09. You Are The World
02. Operation Spirit (The Tyranny Of Tradition)10. Good Pain
03. The Beauty Of Gray11. Mother Earth Is A Vicious Crowd
04. Brothers Unaware12. 10,000 Years (Peace Is Now)
05. Tired Of Me13. Born Branded (Previously Unreleased)
06. Mirror Song14. Pain Lies On The Riverside (Hank Shocklee Club Remix)
07. Waterboy15. Negation (4 Songs EP)
08. Take My Anthem16. Heaven Wore A Shirt (4 Songs EP)
CD 2: Live At The Roxy July 16, 1992 (66:12)
01. Show Intro08. Tired Of Me
02. Waterboy09. Heaven Wore A Shirt
03. Take My Anthem10. Operation Spirit (The Tyranny Of Tradition)
04. Pain Lies On The Riverside11. Good Pain
05. Susquehanna12. Beauty Of Gray
06. Negation13. Peace Is Now
07. You Are The World

Anfang der 1990er Jahre nachdem die erste Grunge-Welle die Rock-Musik-Szene mächtig durcheinander gewirbelt hatte nahmen die Plattenfirmen zahlreiche vielversprechende Bands mit einem ähnlichen Sound unter Vertrag. Die bekanntesten und erfolgreichsten dabei waren wohl die STONE TEMPLE PILOTS und die SMASHING PUMPKINS aber auch CANDLEBOX sowie eben auch LIVE profitierten von der neuerlichen Aufmerksamkeit, die dem "alternativen Rock" nun zu Gute kam (denn die Bezeichnung „Grunge“ hing ja auch eng mit der Stadt Seattle zusammen und blieb eigentlich für Bands aus dem amerikanischen Nordwesten reserviert).

Dabei waren LIVE vielleicht sogar die Band, die auch ohne den Umschwung im allgemein vorherrschenden Musik-Geschmack am nächsten am Durchbruch dran war. Sie hatten unter dem Namen PUBLIC AFFECTION bereits ein Album sowie eine EP veröffentlicht. Zudem hatten sie sich als monatlich auftretende so genannte "Resident-Band" des berühmten New Yorker Clubs CBGB schon durchaus einige Meriten erworben. Und so stand ein Großteil des Materials auch schon, als die Band dann endlich von Radioactive Records unter Vertrag genommen wurde und sich sofort daran machte, ihr Debüt "Mental Jewelry" aufzunehmen.

Unter der Ägide von Produzent Jerry Harrison (dem Gitarrist der TALKING HEADS) entstanden damals 15 Songs, von denen es zwölf auf das Album schafften. „Jerry Harrison verdient eine Menge Anerkennung dafür, so viele von den alten Songs aufzunehmen”, sagt Gitarrist Chad Taylor. „Radioactive [Records] stellte der Band ein Budget für 12 Masters zur Verfügung, aber Jerry, ein wahrer und hingebungsvoller Musiker-Veteran, schickte dem Label ein Lo-Fi-Demo mit 14 oder 15 Tracks. Er schlug vor, dass die Plattenfirma einfach die 12 Songs auswählen sollte, die das Album am Ende ausmachen sollten. Ich vermute, dass er damit eine Taktik verfolgte und annahm, dass man sich schwertun würde, eine Selektion vorzunehmen. Jerrys Plan, sofern er tatsächlich einen hatte, ging auf und Radioactive gab schließlich den Etat für die Aufnahmen aller eingereichten Songs frei, unter denen sich auch Born Branded befand. Da das Album seinerzeit auf Vinyl aufgenommen wurde und wir ob dieses Mediums platzmäßig etwas limitiert waren, hatten wir im Laufe der Jahre vergessen, dass wir noch Outtakes von den damaligen Sessions übrighatten.“ – „Es ist sehr schön, dass die Neuveröffentlichung weiterhin den ‚Spirit‘ der damaligen Zeit bewahrt und transportiert, so Sänger Ed Kowalczyk: „Es ist wirklich klasse, dass wir noch dieses ganze bisher unveröffentlichte Material von wirklich allen LIVE-Album-Recording-Sessions haben und dass die Beschränkungen, die die alten Tonträger-Formate mit sich brachten, durch die digitale Revolution aufgehoben wurden. – Die Fans können sich auf weitere Veröffentlichungen von bisher nie gehörten Tracks schon freuen!“

Musikalisch orientierten sich LIVE damals noch eher an frühen U2 oder aber an den Kanadiern THE TRAGICALLY HIP. Dabei sind die Songs auf diesem Album bereits sehr ausgereift, eine Qualität für die Bassist Pat Dalheimer dem Produzenten einen großen Teil der Verantwortung zuweist: "Es war so wichtig jemanden im Raum zu haben, der uns insbesondere bei den Arrangements half. Wir waren gerade dabei zu lernen, wie man Lieder schreibt und Jerry schien alles zu wissen. Dieser Kerl ist ein Zauberer." Das Album hat denn auch etliche sehr starke Songs zu bieten, wie den Opener Pain Lies On The Riverside, die erste Single Operation Spirit (The Tyranny Of Tradition), die nachdenklichen The Beauty Of Gray und den Mirror Song sowie Waterboy mit seinen TALKING HEADS-Anleihen und das durch den Bass-Lauf sowie die Gitarren-Arbeit schon leicht RED HOT CHILI PEPPERS-esque Take My Anthem sind hier sicherlich die Highlights, aber auch die hier nun enthaltenen Born Branded sowie Negation zeigen, was für talentierte Songwriter hier am Werk waren.

Die Texte von Frontmann Ed Kowalczyk bezogen damals bereits ihre Inspiration aus fernöstlichen Lehren, hier insbesondere aus den Werken von Jiddu Krishnamurti. Die nachdenklichen, zweifelnden Töne treffen zwar nicht immer ins Schwarze (etwa in etwas zu platzen Textzeilen wie "You've got ten fingers, two legs, one nose, like me, just like me" aus Brothers Unaware) aber in den anderen Fällen passen sie hervorragend zu der Stimmung der Lieder.

Auf den "Mental Jewelry"-Aufnahmeprozess zurückblickend, sinniert Gitarrist Chad Taylor: „Wenn ich mir unsere frühen Songs so anhöre, fallen mir vier einschlägige Dinge auf: erstens, dass wir wirklich ehrgeizig waren. Und Eds Texte behandelten in ihrer Reife Themen, die weit über den Horizont von durchschnittlichen Teenagern hinausgehen. Diese Substanz musste auch in der Instrumentierung übermittelt werden. Zweitens war unser Wissen in Sachen Musiktheorie recht mager, aber dies versuchten wir mit rhythmischer Struktur und sehr viel Dynamik wettzumachen. Wir machten einfach das Beste aus den drei Akkorden, die wir beherrschten und holten aus ihnen alles raus. Drittens verfügt Ed über die sagenhafte Gabe, komplexe Melodien mit einfachen Akkorden zu verflechten. Viertens haben wir das Glück, mit Gracey and Dahlheimer eine wirklich starke Rhythmus-Sektion zu haben. Diese beiden Typen sind echt außergewöhnlich und waren es auch damals schon. – Wir haben uns immer und in jeden Song voll reingehängt, mit einigen haben wir Volltreffer gelandet, aber am wichtigsten ist, dass wir stets mit aller Leidenschaft zu Werke gegangen sind.“

Als Bonus für dieses "Anniversary Edition" hat die Band neben den drei zusätzlichen Songs aus den damaligen Aufnahme-Sessions und dem Remix von Pain Lies On The Riverside noch den kompletten Mitschnitt eines Konzerts der Band im Roxy aus dem Jahr 1992 beigefügt. Hier kann man die energiegeladene Performance der Band nachempfinden, die LIVE damals eben zur Haus-Band des CBGB machte. Auch wenn sich der Durchbruch erst mit dem folgenden "Throwing Copper" einstellen sollte, so zeigte schon "Mental Jewelry", dass mit LIVE zu rechnen war. Und um so schöner, dass sich die Band 25 Jahre nach ihrem Debüt wieder in der Original-Besetzung mit Ed Kowalczyk (Gesang, Gitarre), Chad Taylor (Gitarre, Background-Gesang), Patrick Dahlheimer (Bass) und Chad Gracey (Schlagzeug, Percussions) zusammengefunden hat. Die Jubiläumsausgabe von "Mental Jewelry" wird als Standard-Vinyl erhältlich sein sowie in der Deluxe-Version als Doppel-CD und zeigt die Geburtsstunde einer großartigen Band, die anschließend zwar noch erfolgreicher werden sollte, aber nie mehr so wagemutig, abwechslungsreich und experimentierfreudig wie hier zu Werke ging.

Marc Langels, 31.07.2017

 

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