Titel |
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01. Painfully Missing |
02. Hashtag Blessed |
03. Hunter Of Time |
04. Two Plus Two Is Five |
05. Turn Me On |
06. In Vain For Love |
07. Clinging To A Hope |
08. Return |
09. Powerless |
10. Lips To Ears |
Musiker | Instrument |
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Jon Kenzie | Vocals, Guitars |
Wer auf der Straße sein musikalisches Handwerk gelernt hat, trägt dieses Image auch später gerne mit sich herum, selbst wenn die eigenen Songs längst auf diversen Alben erschienen sind. Der Brite Jon Kenzie ist so ein Typ: Mit verknautschtem Hut, Sonnenbrille und ärmellosen T-Shirt fläzt er sich auf dem Cover seiner neuen Platte auf einem altem Sessel, die bloßen Füße natürlich auf einem Verstärker abgestellt. So, als käme er gerade vom Gig unten vor der Türe. Und hält – kleiner, gelungener Gag – eine Platte von sich selbst in den Händen, auf der dasselbe Foto zu sehen ist, das wiederum dasselbe Foto zeigt…
Kenzie hat an Straßenecken angefangen, Musik zu machen und diese Wurzeln tragen seine Songs auch nach wie vor durch ein höchst abwechslungsreiches Album. Alles klingt nach handgemachten Zutaten: nach Standbass und Minimaldrums, nach Gitarren, die viele Jahre auf dem Buckel haben und vor allem nach ungeschminkter Wahrheit. Aber was „Silent Applause“ einen besonderen Kick verleiht, ist die lässige Eleganz, mit der Kenzie diese eher bekannten Farbtupfer aus Blues, Soul und Folk immer wieder neu mischt und dabei eine ganz intime Atmosphäre erzeugt, als würde man ihm direkt in seinen eigenen vier Wänden beim Musikmachen zuhören dürfen.
Das Album sei geprägt zum einen von der Trennung von seiner Freundin und zum anderen von den Erfahrungen der Isolation der Corona-Pandemie, erzählt er – Online-Konzerte mit Emojis statt echtem Applaus inklusive. Daher stammt der Albumtitel „Silent Applause“. Und aus diesen Momenten sind Songs entstanden, die häufig an den ähnlich mit Tradition und Genres spielenden G. Love erinnern, zumal Kenzie überhaupt nicht wie ein Brite klingt. Two Plus Two Is Five zum Beispiel kommt mit seinem harten, kargen Gitarrenriff eher wie ein wütender Südstaatensong daher, das nachfolgende Turn Me On ist ein reduzierter, aber klassischer Soul-Song der Marke Al Green.
Immer wenn Kenzie sich den Luxus erlaubt, noch ein paar andere Instrumente und ein paar schöne Harmony Vocals einzusetzen, bekommen die Songs zudem eine Wärme, die endgültig aus seiner nasskalten Heimat Manchester hinaus und über den großen Teich direkt in die Clubs und Cafés des amerikanischen Süden führen. Für Hashtag Blessed hat sich Kenzie neben einer Orgel dann gleich noch ein paar Bläser organisiert, wodurch das Ganze fast wie ein Stück von Mardi Gras BB klingt.
Andere Stücke sind wiederum eine sehr intime, sparsam instrumentierte Angelegenheit. Clinging To A Hope oder Return gleichen fast schon musikalische Beichten, so leise, wie die Streicher und die Orgel hier klingen. Für die Straßenecke sind sie ebenso wenig geeignet, wie für den Hamburger Birdland Club, in dem Kenzie sich inzwischen eine treue Fangemeinde erspielt hat. Dafür wird sich das fingerschnippende soulige Lips To Ears garantiert live zu einem Publikumsliebling mit vielen beseelt tanzenden Zuhörern mausern – und der Applaus wird alles andere als „silent“ sein.