Veagaz

Hoyerswerda, Kulturfabrik, 17.01.2004

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Konzertbericht

Reviewdatum: 17.01.2004

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Redakteur(e):

Ralf Stierlen


Hoyerswerda, Kulturfabrik, 17.01.2004

Veagaz

Rocknacht in der Kulturfabrik (bekannt als Kufa) - Samstagabend in Hoyerswerda (bekannt als Hoywoy).
Aus mir nicht ganz klaren Gründen hat der Veranstalter beschlossen, zu den ohnehin angekündigten VEAGAZ die Nachfolgeband der Ostlegende DIE ART, nämlich WISSMUT aufs Programm zu nehmen. Das sieht dann so aus, dass sich VEAGAZ plötzlich als Support wiederfindet, da WISSMUT aus Leipzig, hier im Osten natürlich bekannter ist, insbesondere da überall daraufhingewiesen wird, dass es sich um die Nachfolger von DIE ART handelt.

Sei's drum, die Kufa ist jedenfalls überraschend gut gefüllt, als die drei Hamelner von VEAGAZ die Bühne entern. Ich bin gespannt, wie ihre faszinierende, emotional tiefgehende "Kopfkino-Musik", die gerne mit NICK CAVE, den TINDERSTICKS oder 16 HORSEPOWER verglichen wird und doch so eigenständig ist, um sich Schubladen zu widersetzen, live funktioniert, auch ob Sänger Tom Schindler die geradezu unfaßbare Tonspanne in seinem Gesang auf die Bretter zu bringen vermag (live wurde ja schon mancher Sangestiger zum Bettvorleger).

Veagaz

Aber die hohen Erwartungen sollten mehr als erfüllt werden: Die Band ist konzentriert und präsent und bringt einen breiten Querschnitt des phänomenalen Albums "Gold", angereichert mit einigen unveröffentlichten Titeln. Dabei wird eine ungeheure Spannung aufgebaut, die durch den Wechsel von Tempi und Stimmungen (schnelle Stücke wie Wash, mit lustvollem Lärmen, oder Motortrash folgen auf die langsamen, eindringlichen wie I played the suffering ghost - in a scary movie tonight oder Luise) aufrechterhalten wird. Das ist den Musikern auch wichtig, wie sie mir nachher erzählen, nichts ist schlimmer als ein eintöniger Konzertaufbau mit einem fortwährend durchgehaltenen Grundtempo.
Was den Hamelnern natürlich noch eminent wichtig ist: M e l o d i e. Die strahlend schönen Songs wie Beercan in the rye, Moonboots oder das Wüstenepos Rain bestechen durch ihre klare Brillianz ebenso wie dunkel-abgehangene Eleganz und sind gleichzeitig ein Muster an Effizienz: Jeder Ton ist wohldurchdacht und sitzt bei Jörg Stiller, dem Gitarristen und Backing Vokalisten und Drummer Sven Hesse genau an der richtigen Stelle. Entscheidend sind dabei auch die ghost notes, also die nicht gepielten Töne: Kein unnötiges Verzetteln, alles ist so, wie es sein muß. Auch das eher verhaltene Publikum taut allmählich auf und empfindet zu großen Teilen am Ende des Auftritts entweder Begeisterung oder doch zumindest Respekt für ein stimmiges Konzept und einen reifen, konzentrierten und auch beseelten Vortrag von VEAGAZ.

Durch einen Plausch mit VEAGAZ nach dem Auftritt (wegen denen ich ja auch in Hoyerswerda war) bekomme ich nicht mehr ganz so viel von WISSMUT mit. Deren härterer Alternativerock, manchmal etwas angepunkt oder mit Dark Wave vermischt, mit oftmals deutschen Texten, der sich zu einem großen Teil aus der Vergangenheit, sprich Material von DIE ART, bedient, vermag mich ohnehin nicht übermäßig zu packen. Wahrscheinlich muß man die Anfänge von DIE ART miterlebt haben, als derartige Musik in der DDR noch als subversiv galt und deren erste Tapes gefragte Tauschware im damals wirklichen Underground gewesen sind. Stücke wie Ozean, Wide wide world, Das Schiff oder Sie sagte finden dann auch am meisten Zuspruch, wobei allerdings weiterhin eine verhaltene Grundstimmung im Publikum auffällt. Wahrscheinlich ist man hier einfach ein wenig zurückhaltender.
VEAGAZ hat mich in jedem Falle auch live restlos überzeugt, auch die Gespräche nach dem Auftritt bewiesen, dass hier sympathische, talentierte, intelligente junge Musiker am Werk sind, die wissen, was sie wollen und dies auch auf der Bühne umsetzen können.

Ralf Stierlen, 23.01.2004

 

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