Gov't Mule, Nürnberg, Löwensaal, 11.07.2012 |
Vor Jahren war es noch ein bedeutsames Ereignis, wenn der ungekrönte König des Jam Rocks über den großen Teich kam und ich weiß noch gut, wie mein Kumpel Jörg und ich die mehrstündige Fahrt nach Hamburg ohne Murren, ja, voller (Vor-) Freude, in Kauf nahmen um GOV'T MULE endlich mal zu sehen! Danny Louis greift zur Trompete und leitet eine jazzig-funkige Nummer ein, die sich - zumindest den textsicheren Fans - alsbald als The Shape I'm In von THE BAND offenbart. Ich behaupte wenige Bands können diesen (oder irgendeinen) Song so verfremden und trotzdem eine mitreißende Version dabei erschaffen. Mit Silent Scream folgt ein weiterer Jam-lastiger Song, der aus dem - vor allem in Europa - hochgelobten Album "Dèjá Voodoo" stammt und ebenfalls daraus die - ja, ich bin geneigt zu sagen - "Hit-Single" Slackjaw Jezebel. Der flotte Rocksong bekommt auch hier die "Live-Behandlung", was längere Soli, ausufernde Soli zur Folge hat. Macht richtig Spaß! Eine gute Stunde ist vorbei und Warren Haynes verkündet einen kurzen - bei diesen Shows üblichen - "Break". Abts' Drum-Roadie hat dadurch Gelegenheit, die Schrauben an dessen Schlagzeug nachzuziehen, die sich beim kraftvollen Spiel des Drummers anscheinend gern lösen. In den Live-Shows der Band war Neil Youngs Cortez The Killer frühzeitig ein Klassiker und ein "Killer" ist es auch am heutigen Abend. Neben all der tollen Fähigkeiten an den Instrumenten darf man nicht vergessen, dass es der Gesang von Warren Haynes ist, der die Songs mit ausmacht. Praktisch ohne Unterstützung von Backgroundsängern bestreitet er allein den gesanglichen Part und kann mit seiner rauen Stimme immer wieder beeindrucken. Kräftig und voluminös kommen die "Vocals" und fügen sich perfekt zum Sound der Instrumente. Nach so viel Soli und Jams tut das folkige Gordon James vom Album "By A Thread" gut und man kann eine Weile in dem hymnischen Song schwelgen. Ein weiterer toller Song, der noch in Jahren gehört und gespielt werden dürfte und eine weitere Möglichkeit für Haynes, sein hervorragendes Slide-Spiel zu demonstrieren, mit dem er sich ansonsten bis dahin etwas zurückhält. Das funkige Like Flies stammt, wie das vorherige Lied, von "High & Mighty" (dem 2006er Album). Die Band stürzt sich im Songverlauf in eine wahre Rückkopplungsorgie, die den Boden bereitet für das anschließende Schlagzeugsolo von Matt Abts. Wie ich schon öfter betonte, ist der Mann für mich sowieso der heimliche Star der Band. Was der - ohne effekthascherische Elemente - an rhythmischen Finessen zu bieten hat, sollte jedem "Trommler" als lebenslangem Unterricht verordnet werden. Früher häufig und heutzutage erst recht waren Schlagzeugsoli das Signal für den Gang zum Bierstand. Bei diesem Mann und dem "Gewitter", welches er entfacht, bleibt man gebannt und aufmerksam vor der Bühne. Er greift sich aber auch gerne Songs von anderen Künstlern (ist mir heute Abend sogar fast etwas zu viel), wie sich mit dem folgenden Cover von HUMBLE PIEs 30 Days In The Hole erneut demonstriert. Kommt in dieser Musik eigentlich eher selten vor, aber Haynes fordert das Publikum zum lautstarken Mitsingen auf, welches diesem bereitwillig nachkommt. Ein kleiner Ausflug in I Don't Need No Doctor kommt noch mit hinzu und die Band verabschiedet sich. Es ist mittlerweile nach Mitternacht, ohne dass in dem gut dreistündigen Set ein Moment der Langeweile aufgekommen wäre. Die Besucher verlassen nun den Hügel, auf dem der Löwensaal liegt, die Tiere im Zoo bekommen ihren Schlaf und wir machen uns auf den Heimweg. Erneut beeindruckt von einer Band, die man in dieser Klasse wohl äußerst selten zu hören bekommt. Das darf man sich nicht entgehen lassen, werden wir wohl auch beim nächsten Konzert wieder sagen. |