Titel |
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01. 4 Cars |
02. Ain’t No Shame |
03. Until The Heat Leaves Town |
04. Angel Next To Me |
05. Boogie Let Me Be |
06. When I Get To Galilee |
07. Blow |
08. Change Don’t Come Without Pail |
09. Right Shoe Wrong Foot |
10. Houston |
11. Honey On My Tongue |
Musiker | Instrument |
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Colin Linden | Vocals, Guitars, Harmonica |
John Dymond | Bass |
Gary Craig | Drums |
Dave Jaques | Bass |
Paul Griffiths | Drums |
Janice Powers | Organ |
Colin Linden muss niemand mehr etwas beweisen. Auf mehr als 500 Alben hat der kanadische Blues- & Roots-Musiker in den vergangenen gut 40 Jahren mitgespielt – mehr als so mancher Musikfan im Schrank stehen hat. 14 Alben hat er als Solist veröffentlicht – „Blow“ ist das erste, auf dem er die akustische Gitarre weitestgehend im Schrank stehen lässt und stattdessen seinen Blues- &Rootsrock mit voll aufgedrehtem Regler spielt. „It feels timeless because it’s such a raw nerve“, sagt der inzwischen 61jährige Kanadier dazu. Fürwahr, die vielen durch Corona blank gelegten Nerven können ein paar messerscharfe Riffs und Soli gut gebrauchen.
Und natürlich erfindet Linden den Blues auch nicht neu. Wer als 11jähriger von Howlin‘ Wolf persönlich aufgefordert wird, die Fackel des 12-Takters weiterzutragen, wird kein Revolutionär – wohl aber ein Könner der unterschiedlichsten Facetten des Blues.
4 Cars setzt auf einem Bo Diddley-Riff auf, Ain’t No Shame und der Titeltrack stammen direkt aus der Texas-Stevie Ray Vaughan-Schule und Boogie Let Me Be ist natürlich abgeguckt von ZZ Tops La Grange – und damit eigentlich von John Lee Hooker. Change Don’t Come Without Pain schließlich ist der klassische „painful slow blues“, bei dem sich die Mienen aller Gitarristen seit jeher so verzerren, wie die von ihren Fingern geplagten Saiten. Macht aber nichts, weil Linden diese Stücke mit so viel Kraft und Enthusiasmus spielt, dass all seine Vorbilder, wären sie noch am Leben, garantiert mit breitem Lächeln zu ihm auf die Bühne gestiegen und sich mit ihm duelliert hätten.
„Blow“ ist aber kein reines Blues-Album, weil Lindens zweite große Liebe der Roots-Musik gilt, die er nicht nur mit seinem Bandprojekt Blackie And The Rodeo Kings pflegt, sondern auch in seinen Freundschaften mit Branchengrößen wie Lucinda Williams oder seinem Landsmann Bruce Cockburn. When I Get To Galilee etwa hat diesen speziellen Songwriter-Touch, der elegantes Fingerpicking mit der Dringlichkeit eines Gospel-Stücks verbindet. Da singt ein Berufener – aber ob ihn die Engel erhören werden? Vielleicht braucht es dafür ja einen verschleppten Shuffle im Little-Feat-Stil, garniert mit pumpendem Bass, einer überraschenden Slide und einer klagenden Harmonika (Until The Heat Leaves Town).
Covid-19 hat viele Opfer gefordert und gerade Musikern und Fans so manchen „blow“ verpasst. Gut, dass es Typen wie Colin Linden gibt, die trotzdem immer weiter gemacht haben, ganz im Sinne der alten Blues-Heroen. Wer nie an einer „crossroad“ stand, kann den Wert des Lebens nicht ermessen. Den Titelsong schrieb der Kanadier in einem schäbigen Motel, in Erwartung eines Tornados, der alles hätte vernichten können. Nach einer solchen Erfahrung ist es doppelt schön, die Sechssaitige wieder zur Hand zu nehmen, und ein Album zu beschließen mit den Worten: „But beyond this moment, there’s a song waiting to be sung, with the sound so sweet like honey on my tongue“.