Bob Dylan The Best Of The Cutting Edge - The Bootleg Series Vol. 12, Sony Music, 2015 |
Bob Dylan | Vocals, Guitar, Harmonica | |||
Robbie Robertson, Mike Bloomfield, Charlie McCoy, Bruce Langhorne, Al Gorgoni | Guitar | |||
John Sebastian, Henry Strzeleck, Rick Danko, Joe South, Russ Savakus, Joseph Macho Jr. | Bass | |||
Al Kooper, Frank Owens, Garth Hudson | Organ | |||
Bobby Gregg, Kenneth Buttrey | Drums | |||
Hargus 'Pig' Robbins, Al Kooper, Paul Griffin | Piano | |||
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Disc One: | ||||
01. Love Minus Zero/No Limit - Take 2 acoustic | 11. California - Take 1 solo acoustic | |||
02. I'll Keep It With Mine - Take 1 piano demo | 12. Mr. Tambourine Man - Take 3 with band, incomplete | |||
03. Bob Dylan's 115th Dream - Take 2 solo acoustic | 13. It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry - Take 8 alternate take | |||
04. She Belongs To Me - Take 1 solo acoustic | 14. Like A Rolling Stone - Take 5 rehearsel | |||
05. Subterrenean Homesick Blues - Take 1 alternate take | 15. Like A Rolling Stone - Take 11 alternate take | |||
06. Outlaw Blues - Take 2 alternate take | 16. Sitting On A Barbed Wire Fence - Take 2 unreleased take | |||
07. On The Road Again - Take 4 alternate take | 17. Medicine Sunday - Take 1 early version of "Temporary Like Achilles" | |||
08. Farewell, Angelina - Take 1 solo acoustic | 18. Desolation Row - Take 2 piano demo | |||
09. If You Gotta Go, Go Now - Take 2 alternate take | 19. Desolation Row - Take 1 alternate take | |||
10. You Don't Have To Do That - Take 1 solo acoustic | ||||
Disc Two: | ||||
01. Tombstone Blues - Take 1 alternate take | 10. Leopard-Skin Pill-Box Hat - Take 1 alternate take | |||
02. Positively 4th Street - Take 5 alternate take | 11. One Of Us Must Know (Sooner Or Later) - Take 19 alternate take | |||
03. Can You Please Crawl Out Your Window - Take 1 alternate take | 12. Stuck Inside Of Mobile With The Memphis Blues Again - Take 12 alternate take | |||
04. Just Like Tom Thumb's Blues - Take 3 rehearsel | 13. Absolutely Sweet Marie - Take 1 alternate take | |||
05. Highway 61 Revisited - Take 3 alternate take | 14. Just Like A Woman - Take 4 alternate take | |||
06. Queen Jane Approximately - Take 5 alternate take | 15. Pledging My Time - Take 1 alternate take | |||
07. Visions Of Johanna - Take 5 rehearsel | 16. I Want You - Take 4 alternate take | |||
08. She's Your Lover Now - Take 6 rehearsel | 17. Highway 61 Revisited - Take 7 false start | |||
09. Lunatic Princess - Take 1 | ||||
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Beginnen könnte ich dieses Review mit denselben Sätzen, wie schon das Review zu ”
Denn es stimmt nach wie vor, dass diese Reihe zu den interessantesten Ausgrabungen im Wiederveröffentlichungs-Camp gehören. Worum geht’s diesmal?
Nun, man spricht zwar gern von “den 60ern“, aber bei genauerer Betrachtung, war 1965 ein ganz besonderes Jahr. Nicht nur, weil der Autor diese Zeilen da geboren wurde (die globale Bedeutung dieses Ereignisses war ja zu dem Zeitpunkt noch nicht abzusehen), sondern auch und besonders, weil Dylan zwischen Januar 1965 und dem Frühjahr 1966 gleich drei Meilensteine der Rockmusik aufnahm und veröffentlichte: “Bringing It All Back Home“, “Highway 61 Revisited“ und “Blonde On Blonde“. Diese Alben (auch wenn natürlich noch andere wichtige und einflussreiche Alben anderer Künstler zu der Zeit entstanden) veränderten die Welt. Zumindest die der Popmusik und auf lange Sicht auch die außerhalb der Popmusik. Wahrhaftig eine “Schnittstelle“, eine “Cutting Edge“
In nicht einmal eineinhalb Jahren drei solche geniale Scheiben zu kreieren, das gab’s weder davor noch danach. Und wer da nochmal dabei sein will, für den hat man auf der neuesten Version der “Bootleg Series“ reichlich Anschauungsmaterial zusammengetragen. Wer jedes Detail braucht, kann sich sogar die 18 CDs (!) starke “Collector’s Edition“ angeln. Bescheidenere kommen mit der 6-CD-Box aus, und wer noch genügsamer ist, dem reicht diese Doppel-CD.
Aufgemacht wieder als Doppel-Jewel-Case, in einem dicken Karton-Schuber, welcher noch ein überaus dickes und informatives Booklet enthält. Allein die Fakten und Geschichten aus dem Booklet rechtfertigen den Kauf dieser Veröffentlichung schon nahezu.
Was gibt es zu hören? Eine Ansammlung der feinsten Musiker der damaligen Zeit, ausgestattet mit dem besten Songmaterial, welches damals möglich. Und man kann die Entwicklung mitmachen. Wie Dylan nur mit Akustikgitarre und Harmonika – also noch ganz der geliebte Folkie – die ersten Songs skizziert, als Demo einspielt, die “Arbeitsgrundlage“ schafft. So könnte Love Minus Zero/No Limit auch auf den vorherigen Alben untergekommen sein. Oder auch I’ll Keep It With Me, nur mit Piano aufgenommen. In kleinen Gesprächsfetzen hört man, wie Dylan noch mit Songtiteln experimentierte, schnell mal einen Phantasietitel erschuf, oder auch mit Liedtexten jonglierte und diese praktisch während des Singens veränderte.
Ein Lachanfall sorgt bei Bob Dylan’s 115th Dream für einen kurzzeitigen Abbruch und bei Subterranean Hoomesick Blues ist erstmals eine ganze Band am Einspielen eines Songs. Das klingt dann schon richtig gut und wird beim Bo Diddley-Beat von Outlaw Blues noch “erdiger”. An der Mundharmonika hier übrigens John Sebastian. Das ausführliche Booklet hat natürlich die genaue Besetzung sowie das Aufnahmedatum zu jedem Song parat und beteiligte Musiker, Produzenten, etc., haben die ein oder andere Anekdote beizutragen. Etwa, wie Al Kooper zum Orgelspieler bei Like A Rolling Stone“ wurde, obwohl er als Gitarrist das Studio betreten hatte.
If You Gotta Go, Go Now klingt sehr “britisch”, könnte also auch von STONES oder ANIMAL aus jener Zeit stammen, während Mr. Tambourine hörbar noch etwas in der Entwicklungsphase steckt. Und trotzdem schon gut klingt.
Und auch die Metamorphose von Like A Rolling Stone ist absolut interessant. Die ersten, zaghaften Versuch, zeigen, wie die Band sich da immer mehr in den Song “hineintastete“. Das Resultat ist uns dann allen wohl bekannt.
Auch die Versuche für Desolation Row, mal mehr Piano-, mal mehr Gitarrenlastig, sind spannend zu verfolgen. Ein Wahnsinn, wie viele großartige Songs Bob Dylan in dem kurzen Zeitraum verfasst hat: Tombstone Blues, Positively 4th Street, Highway 61 Revisited, Just Like Tom Thumb’s Blues, Just Like A Woman, Leopard-Skin Pillbox-Hat und noch etliche mehr. Davon mögen hier Outtakes und Alternative Takes zu finden sein, aber beileibe kein Ausschuss. Der Klang ist überall weit von der Qualität früherer Bootlegs entfernt und die Musiker allesamt hochinspiriert und –motiviert.
Die beinharten Dylan-Jünger können beim Sezieren der Songs die Unterschiede zwischen einzelnen Versionen und den dann veröffentlichten Aufnahmen mitschreiben, aber der Normal-Hörer hat auch so seinen Spaß, wenn er nur eintaucht, in diese historischen Aufnahmen und den Entwicklungsprozess von drei Albenklassikern miterlebt.
Sicher, das ist an den Fan adressiert, aber ein bisschen Nachhilfe hat noch keinem geschadet und – wie gesagt – allein bei der Lektüre des Booklets lernt man schon einiges dazu.