Vernon Reid Other True Self, Favored Nations, 2006 |
Vernon Reid | Guitar & Banjo | |||
Leon Gruenbaum | Keyboards, Piano & Glockenspiel | |||
Hank Schroy | Bass | |||
Don McKenzie | Drums | |||
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1. Game Is Rigged | 8. G | |||
2. National Anthem | 9. Wildlife | |||
3. Flatbush And Church Revisited | 10. Overcoming | |||
4. Afrerika | 11. Kizzy | |||
5. Enjoy The Silence | 12. Mind Of My Mind | |||
6. Whiteface | 13. Prof. Bebey | |||
7. Oxossi | ||||
Der vor allem als Gitarrist von LIVING COLOUR bekannte Vernon Reid scheint von der Arbeit mit seiner Band MASQUE derart inspiriert zu sein, dass es nicht einmal zwei Jahre nach "Known Unknown" einen ordentlichen Nachschlag mit "Other True Self" gibt, was für den sonst mit Solowerken eher zurückhaltenden in London geborenen, aber in New York aufgewachsenen Ausnahmegitarristen durchaus ungewöhnlich ist. Schließlich stammte der Vorgänger von "Known Unknown", "Mistaken Identity" immerhin aus dem Jahre 1996.
Musikalisch präsentiert sich Reid hier wiederum als Chamäleon, der in nahezu allen erdenklichen Stilen zu Hause ist, ohne irgendwo so richtig heimisch und sesshaft zu werden. Tatsächlich hat das Ganze, bei aller Wertschätzung für Reids immer noch atemberaubende Technik, mitunter etwas Gehetztes, Getriebenes und nicht jede Idee zündet hier wie gewollt. Aber der Reihe nach: der Opener Game Is Rigged weiß als ultraschwerer, rockender Blues durchaus zu überzeugen. Sehr schnell macht sich der neue Drummer Don McKenzie positiv bemerkbar, der weitaus direkter als sein Vorgänger Marlon Browden zu Werke geht und den ohnehin schon recht dickflüssigen Sound von MASQUE ein wenig entschlacken kann. Aber schon das RADIOHEAD-Cover National Anthem hinterlässt recht zwiespältige Gefühle. Die Düsentrieb-Gitarre kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass man dem Stück nichts wesentlich Neues hinzufügen kann, vielmehr bleibt der Geist der Vorlage irgendwo auf der Strecke.
Das nachfolgende Flatbush And Church Revisited kommt als etwas unentschiedener Reggae daher, immerhin weiß sich Grunebaum mit interessanten, akkordeonartigen Sounds zu profilieren. Eher wieder in seinem Element ist Reid bei der Heavy-Fusion-Nummer Afrerika. gelungen ist auch das DEPECHE-MODE-Cover Enjoy The Silence als jazzige Ballade mit wunderbar gegen den strich gebürsteten, verschrobenen Gitarrnfiguren. Anschließend steuert Gruenbaum die Komposition Whiteface als funky Saftrock bei, bevor das schwebende, sphärische Oxossi, ein Stück von Bassist Hank Schroy erklingt.
In der Ballade G trotzt der Meister in seinem Fingerbrecher-Solo wieder einmal den physikalischen Gesetzmäßigkeiten, während Wildlife dickflüssig groovende Fusion in bester KING CRIMSON-Manier ist. Dem düsteren Funkrocker Overcoming folgt das sphärische Zwischenspiel Kizzy von Don McKenzie bevor es bei Mind Of My Mind wieder eine musikalisch etwas unbefriedigende Leistungsschau unter dem Motto "die Gitarre als Hochgeschwindigkeitsquirl" gibt. Der Rausschmeißer Prof. Bebey ist weltmusikalisch angehaucht. Man sieht also: fast des Guten zu viel, was Vernon Reid und seine Mitstreiter präsentieren. Bei aller individuellen Klasse bleibt ein schlüssiges Konzept, ein roter Faden verborgen und das Ganze wirkt nach einer weitgehend ergebnislosen Suche nach der eigenen musikalischen Identität. Für Gitarristen und Saitenfreaks bleibt natürlich noch genug zum (Be-)Staunen, aber so richtig rund ist "Other True Self" leider nicht geworden.