Various Artists
The Big 4 - Live From Sofia, Bulgaria, Universal Music/Vertigo, 2010
Metallica:
James HetfieldVocals, Guitar
Kirk HamettGuitar, Vocals
Robert TrujilloBass, Vocals
Lars UlrichDrums
Slayer:
Tom ArayaVocals, Bass
Kerry KingGuitar
Jeff HannemanGuitar
Dave LombardoDrums
Megadeth:
Dave MustaineVocals, Guitar
Chris BroderickGuitar, Vocals
Dave EllefsonBass, Vocals
Shawn DroverDrums
Anthrax:
Joey BelladonnaVocals
Scott IanGuitar, Vocals
Rob CaggianoGuitar
Frank BelloBass, Vocals
Charlie BenanteDrums
Produziert von: Jim Parsons Länge: 367 Min 59 Sek Medium: DVD
DVD 1 (186 Min 55 Sek):
Anthrax (64 Min 17 Sek):
01. Caught In A Mosh06. Indians/Heaven And Hell
02. Got The Time07. Medusa
03. Madhouse08. Only
04. Be All, End All09. Metal Thrashing Mad
05. Antisocial10. I Am The Law
Megadeth (61 Min 26 Min):
01. Holy Wars...The Punishment Due07. A Tout Le Monde
02. Hangar 1808. Hook In Mouth
03. Wake Up Dead09. Trust
04. Head Crusher10. Sweating Bullets
05. In My Darkest Hour11. Symphony Of Destruction
06. Skin O' My Teeth12. Peace Sells/Holy Wars Reprise
Slayer (61 Min 12 Sek):
01. World Painted Blood07. Beauty Through Order
02. Jihad08. Disciple
03. War Ensemble09. Mandatory Suicide
04. Hate Worldwide10. Chamical Warfare
05. Seasons In The Abyss11. South Of Heaven
06. Angel Of Death12. Raining Blood
DVD 2 (181 Min 04 Sek):
Metallica (131 Min 55 Sek):
01. Creeping Death10. All Nightmare Long
02. For Whom The Bell Tolls11. One
03. Fuel12. Master Of Puppets
04. Harvester Of Sorrow13. Blackened
05. Fade To Black14. Nothing Else Matters
06. That Was Just Your Life15. Enter Sandman
07. Cyanide16. Am I Evil?
08. Sad But True17. Hit The Lights
09. Welcome Home (Sanitarium)18. Seek & Destroy
Bonus Feature (49 Min 09 Sek):
01. Behind The Scenes Documentary

Die bulgarische Hauptstadt Sofia war am 22. Juni 2010 fest in Händen von Metalheads. An diesem Tag gab sich im dortigen Vasil Levski Stadion nämlich die Elite des US-amerikanischen Thrash Metal die große Ehre eines gemeinsamen Gastspiels. Anlass war das “Sonisphere Festival 2010“. Die zweifache DVD ’The Big 4 Live From Sofia, Bulgaria’ präsentiert Shows von METALLICA, SLAYER, MEGADETH und ANTHRAX.

ANTHRAX kamen bei strahlendem Sonnenschein ohne großes Getue auf die gigantische Bühne. Sie wirkten hoch motiviert, bestens gelaunt und hängten sich von Anfang bis Ende total in ihren Auftritt rein. Ihr Aktionsradius erstreckte sich über die komplette Bühnenfläche. Joey Belladonna hatte die Menge fest im Griff und spornte sie immer wieder zum Mitsingen und/oder -klatschen an. Auch Frank Bello und Scott Ian sorgten für Bewegung im Publikum. Die vielen tausend Fans im Innenbereich und auf den Tribünen des Stadions dankten es ihnen und gingen vom ersten Ton an voll mit.
Der Fünfer trug sein Programm auf ganzer Distanz routiniert und astrein vor, so dass es keinen Sinn ergibt, einzelne Tracks hervorzuheben. Lediglich Indians soll hier explizit Erwähnung finden. Immerhin rahmte der Song eine Kurzversion des BLACK SABBATH-Gassenhauers Heaven And Hell ein, die Belladonna unter dem Jubel der Massen dem Mitte Mai verstorbenen Ronnie James Dio widmete.
Insgesamt eine saustarke Vorstellung, die leider nach etwas über einer Stunde schon vorbei war.

MEGADETH hatten nicht so viel Glück mit dem Wetter. Als sie, ebenfalls ohne Aufhebens zu machen, die überdachten Bühnenbretter enterten, goss es wie aus Kübeln und hagelte sogar. Doch ließen sich weder Band, noch Fans die Laune dadurch verderben. Hätte eh nix genützt. Nach einiger Zeit hörte es dann zum Glück auf zu regnen und zu hageln. Inzwischen war es schon etwas dämmriger, so dass die Lightshow besser zur Geltung kam als bei ANTHRAX. Beim Stageacting gaben sich Dave Mustaine & Co. keine besondere Mühe. Zeitweise wirkte die Vorstellung etwas lustlos bzw. einfach so runtergespult. Auch der Kontakt zu den Thrashbegeisterten, die sich inzwischen mit Crowdsurfing und Moshpits vergnügten, war kaum der Rede wert. Das eine oder andere Mitmachspielchen verbesserte diesen Eindruck nicht wirklich. Dafür spielte das Quartett seine Songs absolut tight. Da saß jeder Einsatz und jedes Solo kam auf den Punkt genau.
Letztlich dauerte dieser Festivalteil sogar noch ein paar Minuten kürzer als der vorhergehende. Was besonders bezüglich seiner musikalischen Qualitäten schade ist.

SLAYER schlenderten zu den Klängen eines Intros vom Band auf die Bühne. Die Wetterlage hatte sich mittlerweile wieder erheblich verbessert. Es war zwar noch bedeckt, weitere Niederschläge blieben aber aus. Die Lichtanlage sorgte dank der fortschreitenden Dämmerung für eine stilgerechte Untermalung des Geschehens. Araya, King, Hanneman und Lombardo zogen ihre Darbietung in musikalischer Hinsicht kompromisslos durch. Dass sie dabei so unaufgeregt agierten, ist schon ein kleiner Widerspruch in sich. Egal. Die Fans hatten ihren Spaß und moshten und surften was das Zeug hielt. Tom Araya konnte vor allem damit punkten, dass er die Anwesenden kurz in bulgarischer Sprache begrüßte. Ansonsten beschränkte sich die Interaktion auf das Nötigste, Aufforderungen zum Mitklatschen und/oder -singen inklusive. SLAYER spielten ihre ganze Routine aus, ohne dabei gelangweilt zu erscheinen. Der Stimmung kam das natürlich zugute.
Gerne hätten die vier Herren noch weitermachen dürfen. Doch verschwanden sie noch früher, als die beiden vor ihnen aufgetretenen Formationen im Backstagebereich.

METALLICA stürmten bei trockener Witterung zu ihrem Westernintro die Bühne. Im Verlauf ihrer ca. zweistündigen Darbietung erwiesen sie sich als würdige Headliner. Das Handling der Instrumente und das Zusammenspiel wirkten perfekt, die Spiellaune stimmte, das engagierte Stageacting und der ausgiebige Kontakt zur Zuschauermasse machten deutlich, dass Hetfield und Konsorten sich ihrer Hauptrolle und der damit verbundenen Erwartungen absolut jederzeit bewusst waren. Es gab keinen Ausfall oder gar Durchhänger. Alles klappte wie am Schnürchen. Sad But True wurde unter lautem Jubel kurzerhand “The Big 4“ zugeeignet.
Aufgrund der etwas vorgerückteren Stunde brach dann langsam, aber sicher die Nacht über Sofia herein, was die aufwändig gestaltete Lichtschau natürlich besonders beeindruckend aussehen ließ. Vor One züngelten plötzlich Flammen gen Himmel und ein Feuerwerk wurde gezündet. Auch während des Stückes wurde Feuer entfesselt. Bei Blackened und Seek & Destroy gab es jeweils nochmal Pyroeffekte zu bewundern.
Kurz vor Schluss des Konzerts ließen dann alle vier Teilnehmerbands dieses Open Airs, nachdem sie einander ausgiebig umarmt und geherzt hatten, eine Coverversion des von DIAMOND HEAD stammenden Am I Evil? auf die Scharen im Stadion niedergehen. Sicher eine extrem emotionale und geschichtsträchtige Situation, die bei all jenen, die vor Ort dabei waren, für kollektive Gänsehaut gesorgt haben dürfte. Um James Hetfield zu zitieren: “History is happening right now!“ Besser kann man es wohl kaum auf den Punkt bringen.

Die als Bonus beigefügte Dokumentation vermittelt jede Menge Eindrücke rund um das Festival. Angefangen beim Transfer von Musikern vom Hotel zum Stadion, über die Besichtigung des Geländes, Blicke in die Bandgarderoben, Proben und Einspielen, Arbeiten rund um den Megaevent, Interviews mit Bandmitgliedern, Zusammentreffen der Acts (besonders interessant: Die Begegnung zwischen Dave Mustaine und METALLICA), Treffen der Bands mit Fans, bis hin zu Backstagebildern direkt vor den jeweiligen Auftritten (bei einigen auch gleich danach) und, und, und… Gezeigt werden außerdem einmalige Aufnahmen von einer Probe für die gemeinsame Schlussnummer. Diese Wahnsinnssession ist dann aus dem Backstagebereich in Ausschnitten zu bewundern. Alles in allem macht dieses Zusatzmaterial auf jeden Fall Sinn, denn es verschafft dem/der Schauenden so manchen wirklich lohnenswerten Blick hinter die Kulissen.

Dieses unvergleichliche Open Air wurde im HD-Format direkt in mehr als fünfhundertfünfzig Kinos (neunundsiebzig davon in Großbritannien, über vierhunderfünfzig in den Staaten, etliche in Europa, Kanada, Lateinamerika, Australien, Südafrika und Neuseeland) auf der ganzen Welt übertragen. Da wundert es kaum, dass sämtliche beteiligten Acts sich nicht nur im Zuge der Shows von ihrer besten Seite zu zeigen versuchten. Mit ihrem ausgiebigen Dank an die Kartenerwerber und -erwerberinnen für ihr Kommen und den persönlichen Treffen mit ihren Anhängern/-innen (inklusive Fotos und Unterschriften) demonstrierten sie Fannähe. Auch betonten die Stars, als welch enorme Ehre sie ihre Teilnahme an diesem speziellen “Sonisphere Festival“ empfänden. Schließlich galt es die enorme Werbewirkung dieser siebenteiligen “The Big 4“-Europatour zu nutzen.

Klang und Bild sind von ausgezeichneter Qualität. Als Soundformate stehen Dolby Digital Stereo und Dolby Digital Surround 5.1 zur Wahl. Sprache ist Englisch. Für die Dokumentation können unter anderem auch deutsche Untertitel zugeschaltet werden. Das Filmmaterial wurde ab fünfzehn Jahren freigegeben.

’The Big 4 Live From Sofia, Bulgaria’ verschafft dem/der Thrasher/-in einen wirklich aktuellen Eindruck von der Verfassung seiner/ihrer inzwischen stellenweise ergrauten Helden. Beste Unterhaltung garantieren die zwei Rundlinge obendrein. Außerdem tröstet dieses Set ein wenig darüber hinweg, dass das “Sonisphere Festival 2010“ mit diesem erstmals zusammengetrommelten, einmaligen Billing nicht in Deutschland Station machte. Allerdings könnte einen beim Betrachten dieser tollen Bilder auch die Wut darüber packen, keine Gelegenheit bekommen zu haben, selber dabei zu sein. Eine Reise nach Sofia, oder die anderen Veranstaltungsorte Warschau, Wil/Jonschwil (Schweiz), Prag, Athen, Bukarest und Istanbul, kann und will sich nämlich so manche(r) Headbanger/-in gar nicht leisten.

Außer der hier besprochenen Doppel-DVD wurden zeitgleich eine Blue-ray-Version und ein Super Deluxe Box-Set, das die Doppel-DVD, fünf CDs mit den vollständigen Gigs, ein vierundzwanzig Seiten umfassendes Booklet, ein Poster, Bilder aller beteiligten Gruppen, sowie ein “The Big 4“-Gitarrenplektrum enthält, veröffentlicht.

Hier noch ein kurzer Nachtrag zur vorstehenden Rezension: Bei abermaligem Betrachten der DVDs fiel mir auf, dass nicht, wie ursprünglich berichtet, sämtliche Teilnehmerbands bei Am I Evil? die Bühne bevölkerten. SLAYER verspürten offensichtlich wenig Lust auf diesen ohnehin reichlich kurz geratenen, denkwürdigen Moment. Und auch zum Abschlussbild konnten sich lediglich zwei der Mitglieder, nämlich Tom Araya und Jeff Hanneman, durchringen. Kerry King und Dave Lombardo kratzte scheinbar auch das nicht besonders.
Die Probe für den DIAMOND HEAD-Song fand natürlich ebenso ohne Mitwirkung von SLAYER statt.
Schade um die verpasste Gelegenheit, tatsächlich Thrash Metal-Geschichte zu schreiben und irgendwie bleibt ein unprofessioneller Nachgeschmack haften.

Michael Koenig, 25.10.2010

 

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