Tom Gillam, Christina Martin, Wesel, Karo, 26.10.2012 |
Garantiert wäre Tom Gillam, der sympathische Knuddelbär aus Austin, Texas, in den Siebzigern ein echter FM-Radiostar gewesen. Doch da war der Blue Rose Records Künstler, genau wie die meisten unserer Leser, noch ein nach Musik gierender Teenager, der Knallersongs von den EAGLES, POCO, CSN, DOOBIE BROTHERS und den ALLMAN BROTHERS über die Ätherwellen genoss und von einer Karriere als Musiker träumte. Richtig gemütlich und kuschelig wurde es jedoch schon beim überraschend guten und überzeugenden Vorprogramm. Die eher zerbrechlich und bescheiden wirkende Kanadierin Christina Martin, die in ihrer Heimat schon reichlich Musikpreise einfuhr, präsentierte sich dem kundigen und aufmerksam zuhörenden Weseler Publikum mit einem fein gewählten Querschnitt ihres Americana-Sortiments, das sie via Akustikgitarre und satter, kräftiger Country-Stimme vortrug, die in ihrer Stimmfärbung irgendwo in der Schnittmenge zwischen Kelly Willis, Lori McKenna und Emmylou Harris lag. Kongeniale Unterstützung erfuhr sie durch ihren Ehemann und Gitarristen Dale Murray, der neben vorbildlichen Harmony-Vocals vor allen Dingen mit seiner fetten Gretsch E-Gitarre ein wenig Erdung in die schönen und fragilen Songstrukturen einsickern ließ. Man kann sich kaum einen besseren Supporting-Act vorstellen. Herrlich. Tom Gillam und seine dreiköpfige Band bildeten im Anschluss den stürmischen Gegenpart, gingen gleich auf's Ganze und rockten mit Right Here, Right Now vom brandneuen Album "Good For You" mächtig los. Die Zügel wurden kaum einmal locker gelassen, die ersten drei, vier Songs kompromisslos durchgezockt. Tom Gillams Gitarrenkumpel Craig Simon, der im Verlaufe des Abends auch zwei Mal mit eigenen Songs und Lead Vocals in Erscheinung trat, brillierte von Beginn an mit schwer countryfizierten Fingerpicking-Soli. Drummer Christian Böhm und Bassmann Andrew Carroll komplettierten eine offenkundig gut eingespielte Combo, die mit dem wunderbar romantischen Last Night On Earth den ersten Besinnungspunkt setzte. Gillam, der das Publikum mit seiner unaufdringlichen Art ein ums andere Mal ins Geschehen einzubinden wusste, zauberte gelungene Spannungsbögen, kam gerne auch auf sein vorbildliches Album "Rustic Beauty" zurück und spielte Songperlen wie Crazy Southern Women, POCO's A Good Feelin' To Know und Terri Hendrix' zauberhaftes Hand Me Down Blues, vergaß aber auch einen lieb gewonnenen Gassenhauer wie Dallas nicht, das er mit FLEETWOOD MAC's Rhiannon geschickt einleitete. Die Gitarrenfraktion durfte sich an intensiven Saitenduellen im Stile der Allman Brothers bzw. Lynyrd Skynyrd erfreuen, die Tom und Craig dem begeisterungsfähigen Publikum im Stile alter Jam-Hasen über den Tresen schob. Gillam bedankte sich freudestrahlend, schmierte den Weselern noch ein wenig Honig um den Bart ("best crowd ever, great pleasure, Wesel's always a highpoint") und verabschiedete sich schwitzend und erschöpft in Richtung Merch-Stand. Welch ein gelungener Abend. |