Titel |
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01. Can't Be Satisfied |
02. Come Into My Kitchen |
03. Ain't No Grave |
04. Faultline |
05. Redemption Day |
06. The Devil Had A Hold On Me |
07. Bright As Blood |
08. Love In Vain |
09. Black Girl |
10. To Build A Wall |
11. Another World |
12. I'm Ready |
Musiker | Instrument |
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Phil May | Lead Vocals |
Dick Taylor | Lead Guitar, Acoustic Guitar, Slide Guitar, Extra Guitars |
Additional Musicians: | |
Sam Brothers | Acoustic Guitar, Lead Guitar, All Harp, Banjo, Sundry Guitars |
Henry Padovani | Acoustic Guitar, Lead Guitar |
George Woosey | Acoustic Guitar |
Jon Wigg | All Violin |
Mark St. John | Percussion |
Würde jemand ein Buch schreiben über eine Rockband, ihr irgendeinen fiktiven Namen geben, und dabei genau die Geschichte der PRETTY THINGS niederschreiben, würde jeder, der sie liest, sagen: “Das gibt’s ja gar nicht. Das ist doch komplett erfunden“. Und in der Tat, das Adjektiv “tragisch“ reicht ja gar nicht aus, um den Verlauf der Karriere einer Band zu beschreiben, die eigentlich zu den größten Bands der 60er Jahre gehört. Und das nicht deswegen, weil Gitarrist Dick Taylor mal zu einer Frühform der ROLLING STONES gehörte.
THE PRETTY THINGS waren einfach zu ungeschliffen, zu wenig angepasst, hatten die Haare länger als alle anderen, wirkten bedrohlicher, waren kompromisslos... kurz gesagt: Viel zu befremdlich für Amerika. Und das war schon damals der Schlüssel zum weltweiten Erfolg. Und das zog sich so fort, solange die Band existierte. Nichts hat es genutzt, einen charismatischen Sänger zu haben, einen innovativen Gitarristen, hervorragende Musiker, die erste Rock-Oper einer Rockband (“S.F. Sorrow“) geschrieben zu haben, vom Rolling Stone Magazin für “Parachute“ die Auszeichnung für das “Album des Jahres“ (1970) bekommen zu haben, oder dass David Bowie mit Rosalyn und Don't Bring Me Down gleich zwei frühe PRETTY THINGS-Stücke für sein 1976er “Pin Ups“-Album aufnahm.
Lest einfach mal mein Review zum Soloalbum von Phil May. Im Prinzip ist das die Karriere der Band komprimiert.
Und, es wären nicht die PRETTY THINGS, wenn sich die Tragödie nicht bis zum bitteren Ende hinziehen würde. Nachdem man 2018 beschlossen hatte, nach 55 Jahren des Tourens und Aufnehmens, die Segel zu streichen, geschuldet Phil Mays Gesundheit, kam doch nach einiger Zeit wieder Idee auf, zumindest auf akustischer Basis zu musizieren, was letztlich zu den Aufnahmen für dieses Album führte und eigentlich auch zu einer Akustik-Tour.
Besagte letzte (?) Tragödie ereignete sich im Frühjahr, das Album war fertiggestellt, als Phil May bei einer Fahrradtour verunglückte und letztlich an den Folgen von diesem Unfall am 15. Mai 2020 verstarb.
Alle Beteiligten - und Phil May sicher zuallererst – waren der Meinung, dass das Album trotzdem veröffentlicht werden muss. Und hier ist es: Das Vermächtnis und letzte Werk der PRETTY THINGS.
Von der ursprünglichen Band ist nur noch Dick Taylor mit dabei gewesen und der hat auch zusammen mit May die Songs überwiegend live eingespielt. Der Rest kam später hinzu. Ganz die eigensinnigen Köpfe wie immer, wollte man zwar zurück zu den Anfängen und den Songs, die sie einst inspirierten, aber ein “Oldies But Goldies“-Album lag ihnen fern. So sind zwar Klassiker, wie Muddy Waters' I Can't Be Satisfied oder Come Into My Kitchen vertreten, beides sehr spartanisch instrumentiert, bei letzterem mit geiler Blues-Harp, aber auch Titel neueren Datums. Zum Beispiel Sheryl Crows Redemption Day, welches Johnny Cash einst für seine “American Recordings“ auswählte, wie auch Ain't No Grave, geschrieben von Ruff Taff, welches Cash ebenfalls aufnahm. Und tatsächlich klingt May hier gar nicht so weit entfernt, von der Stimme des Country-Stars.
So hat das hier manchmal ein ähnliches Flair, wie die “American Recordings“ und trotzdem ihr ganz eigens Flair, was in erster Linie an der nach wie vor charismatischen Stimme von May liegt.
Besonders Gillan Welchs The Devil Had A Hold On Me krieg ich kaum mehr aus dem Kopf. Robert Johnsons Love In Vain hat weit mehr vom Original und kommt auch weit bluesiger, als die bekannte Version der STONES. Mit dem mehr folkigen To Build A Wall, des englischen Songwriters Will Varley entfernt man sich dann wieder etwas vom Blues und zeigt, dass man den Blick durchaus nicht nur in der Vergangenheit weilen lies.
Wobei am Schluss dann doch ein klassischer Blues-Boogie steht: Willie Dixons I'm Ready. Ähnlich wie kürzlich bei Elvin Bishop und Charlie Musselwhite fällt auf diesem Album kaum auf, dass kein Schlagzeug dabei ist. Die alten Blues- und Folk-Recken wussten auch ohne diese Unterstützung zu überzeugen und das können auch die hier beteiligten Musiker. Ein würdiges Album zum Abschied von Phil May, verpackt in ein schönes Digi-Pack mit angemessener Würdigung darin und einem zum Miniposter auffaltbaren Booklet. Gibt's auch als Doppel-LP in rotem Vinyl.
R.I.P. Phil May