Stone Temple Pilots

Core - Super Deluxe Edition

( English translation by Google Translation by Google )

CD & DVD-Review

Reviewdatum: 05.10.2017
Jahr: 2017
Stil: Alternative Rock

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Redakteur(e):

Marc Langels


Stone Temple Pilots
Core - Super Deluxe Edition, Rhino Entertainment, 2017
Scott WeilandGesang
Robert DeLeoBass
Dean DeLeoGitarre
Eric KretzSchlagzeug
Produziert von: Brendan O'Brien Länge: 219 Min 50 Sek Medium: CD & DVD
Disc 1: Album (53:34)
01. Dead And Bloated07. Creep
02. Sex Type Thing08. Piece Of Pie
03. Wicked Garden09. Plush
04. No Memory10. Wet My Bed
05. Sin11. Crackerman
06. Naked Sunday12. Where The River Goes
Disc 2: Demos & Alternate Versions (60:44)
01. Only Dying08. Creep
02. Wicked Garden09. Plush
03. Naked Sunday10. Sex Type Thing (Swing Type Version)
04. Where The River Goes11. Plush (Acoustic Type Version)
05. Dead And Bloated12. Creep (New Version)
06. Sex Type Thing13. Plush (Acoustic From MTV's Headbanger's Ball)
07. Sin
Disc 3: Live (73:16)
01. Crackerman (Live At Castaic Lake Natural Amphitheater, 7/2/93)09. Naked Sunday (Live At Castaic Lake Natural Amphitheater, 7/2/93)
02. Wicked Garden (Live At Castaic Lake Natural Amphitheater, 7/2/93)10. Wicked Garden (Live At The Reading Festival '93, England 8/27/93)
03. No Memory (Live At Castaic Lake Natural Amphitheater, 7/2/93)11. No Memory (Live At The Reading Festival '93, England 8/27/93)
04. Sin (Live At Castaic Lake Natural Amphitheater, 7/2/93)12. Sin (Live At The Reading Festival '93, England 8/27/93)
05. Plush (Live At Castaic Lake Natural Amphitheater, 7/2/93)13. Lounge Fly (Live At The Reading Festival '93, England 8/27/93)
06. Where The River Goes (Live At Castaic Lake Natural Amphitheater, 7/2/93)14. Dead And Bloated (Live At The Reading Festival '93, England 8/27/93)
07. Sex Type Thing (Live At Castaic Lake Natural Amphitheater, 7/2/93)15. Sex Type Thing (Live At The Reading Festival '93, England 8/27/93)
08. Wet My Bed (Live At Castaic Lake Natural Amphitheater, 7/2/93)16. Naked Sunday (Live At The Reading Festival '93, England 8/27/93)
Disc 4: MTV's Unplugged (32:16)
01. Crackerman05. Big Empty
02. Creep06. Wicked Garden
03. Andy Warhol (David Bowie Cover)07. Sex Type Thing
04. Plush

Das Musik-Geschäft kann sehr wankelmütig bei seinen Trends sein. Ende der 1980er Jahre beherrschten noch glamouröse Metal-Bands wie etwa WHITESNAKE – nach deren Welt-Erfolg “1987“ die Charts, aber gerade einmal fünf Jahre später hatte sich der Massen-Geschmack dramatisch gewandelt und Bands wie PEARL JAM, NIRVANA, SOUNDGARDEN oder ALICE IN CHAINS verkauften ihre Platten millionenfach. Grunge hatte die Musik-Szene komplett auf den Kopf gestellt: hochtoupierte Haare und Make-Up waren plötzlich out, und stattdessen war das Holzfällerhemd das stylishste Bekleidungsmittel. Und schon kurze Zeit später kam eine weitere Welle an Bands auf, die zwar generell gerne unter den Begriff Grunge subsumiert wurden, obwohl dieser ja eigentlich auch eine regionale Konnotation in enger Verbindung mit der Stadt Seattle hatte. Insofern war es eigentlich keine zweite Grunge-Welle sondern die erste aus einer Reihe von Alternative Rock-Bands.

Angeführt wurde diese von einer Gruppe aus San Diego im sonnigen Kalifornien (im Gegensatz zum eher regnerischen Seattle im Bundesstaat Washington), den STONE TEMPLE PILOTS. Die Band konnte bereits mit ihrem Debüt, “Core“, einen weltweiten Erfolg feiern und von dem Album mehr als 8,5 Millionen Einheiten absetzen. Da das Werk vor einem Vierteljahrhundert veröffentlicht wurde, wird es nun als zeitgeschichtlich historisches Dokument noch einmal als “Super Deluxe Edition“ aufgelegt. Sie enthält vier CDs, die das Originalalbum in neu gemastertem Sound mit über zwei Stunden unveröffentlichten Demos und Live-Aufnahmen präsentiert, darunter auch die Performance bei “MTV Unplugged“. Zum Super Deluxe-Paket gehört das Original-Album auf Vinyl und eine DVD mit dem Album im 5.1 Surroundmix sowie die Videoclips für alle vier Singles. Die Super Deluxe-Edition ist auf 15.000 Exemplare limitiert und kommt in einem liebevoll aufbereiteten Hardcover-Buch in LP-Größe (12x12 Zoll), das bisher nicht gezeigte Fotografien enthält.

Dass “Core“ heute als bedeutendes Album angesehen wird, hatte sich nach der Veröffentlichung nicht unbedingt abgezeichnet, denn von den Kritikern wurden STONE TEMPLE PILOTS damals hart angegangen – und als Kopisten der Seattle-Szene geschmäht. Eine Single-Auskopplung wie Plush, die von vielen beim ersten Hören für eine PEARL JAM-Nummer gehalten wurde, half dann nicht dabei, diese Anschuldigung zu entkräften. Außerdem zeigten gleich mehrere der Kompositionen auf dem Album eine große Nähe zu den damals extrem erfolgreichen Werken von Bands wie den bereits erwähnten PEARL JAM sowie zu NIRVANA (Creep) oder auch ALICE IN CHAINS (Piece Of Pie). Aber bei den STONE TEMPLE PILOTS kam in diesen Songs noch eine gewisse Leichtigkeit im Umgang mit eingängigen Melodien hinzu, über die die anderen Bands nicht verfügten. Es war ein wenig so, als würden STP den Grunge mit den BEATLES verbinden.

Womit die Kritiker ganz offensichtlich nicht gerechnet hatten, das war der Umstand, dass die Fans tatsächlich nicht daran interessiert waren, ob eine Band wie eine andere klingt, sondern ob die Songs gut und überzeugend sind. Und in diesem Punkt wussten die STONE TEMPLE PILOTS vollauf zu überzeugen. Denn “Core“ ist gespickt mit guten bis überragenden Songs der Marke Dead And Bloated, Sex Type Thing, Wicked Garden, Creep, Piece Of Pie, Plush und Where The River Goes. Wenn man es kurz fassen will, so gelang es der Band, das Beste der Grunge-Szene auf ein Album zu packen und mit einem eigenständigen Unterton zu versehen, der den richtigen Nerv traf. Und wie gut die Lieder sind, dass zeigt wohl der Umstand, dass Plush, Creep und selbst das kontroverse Sex Type Thing (das aus der Sicht eines Vergewaltigers geschrieben wurde) nach wie vor regelmäßig im amerikanischen Radio zum Einsatz kommen (insbesondere die ersten beiden).

Photo-Credit: zur Verfügung gestellt von Oktober Promotion

Was aber “Core“ so besonders macht, dass ist der Umstand, dass das Album nicht als Ansammlung von einzelnen Songs sondern in seiner Gesamtheit am besten funktioniert. So klingt Sin ohne das einleitende Gitarren-Stück No Memory irgendwie beschnitten oder unvollständig wirken und auch das sehr ungewöhnlich instrumentierte und lediglich gesprochene Zwischenstück Wet My Bed macht irgendwie „Sinn“ an der Stelle, bevor das Album in die letzten beiden Songs einsteigt. Aber es ist insbesondere das Zusammenspiel aus den mitreißend-melancholischen und sich Riffs, dem sehr lyrisch agierenden Bass (der sich manches Mal eher als weiteres Melodie-Instrument begreift denn als Teil der Rhythmus-Sektion) und den sehr akzentuierten Drums auf der einen sowie den intensiven, zum Teil sehr introvertiert und nachdenklichen aber auch immer wieder aufputschenden Vocals. Im Gegensatz zu den Grunge-Bands setzen STP dabei gerne auch dezente Background-Vocals ein, die das Ganze dann harmonischer erscheinen lassen.

Dass die Band sich nicht auf eine musikalische Richtung konsequent festlegen lassen wollte, das zeigte sie in Ansätzen schon hier (auch wenn das den Kritikern damals nicht auffallen wollte), ging auf den folgenden Alben, “Purple“, “Tiny Music… Songs From The Vatican Gift Shop“, “No. 4“, “Shangri-La Dee Da“ und “Stone Temple Pilots“, aber immer in anderen Richtungen und zeigte, dass die Haupt-Einflüsse der Band in der Rock-Musik der 60er, 70er und 80er Jahre lagen von Acts wie LED ZEPPELIN, THE DOORS, David Bowie über AEROSMITH bis hin zu KISS oder sogar James Brown. Insofern entkräfteten sie dann mit den späteren Werken auch die Kritik an “Core“ und erfanden sich jedes Mal musikalisch ein Stück weit neu.

Fast alle Tracks der zweiten CD sind zum ersten Mal überhaupt erhältlich. Von den neun enthaltenen Demos wurde vier zwischen 1987 und 1990 aufgenommen, als die Band noch unter dem Namen MIGHTY JOE YOUNG firmierte. Eines der Demos, das fabelhafte Only Dying, ist ein bisher unveröffentlichter Song, den die STONE TEMPLE PILOTS ursprünglich für den legendären Soundtrack von “The Crow“ neu aufnehmen wollten (stattdessen steuerten STP dann den Song Big Empty bei). Die Idee wurde gekippt, als Hauptdarsteller Brandon Lee während der Dreharbeiten durch einen Unfall getötet wurde. Und leider kam das Lied auch auf den folgenden Alben der Band nie zum Einsatz. Fünf weitere unveröffentlichte Demos stammen aus den Sessions für das Album, vier B-Seiten runden die Bonus-CD ab, darunter eine jazzig swingende Version von Sex Type Thing sowie zwei akustische Versionen von Plush: Die “Acoustic Type Version“, die mit der kompletten Band eingespielt wurde, und der selten gehörte “First Take“, den Weiland und Dean DeLeo 1993 für das MTV-Format Headbanger’s Ball aufgenommen hatten. Dieser gilt unter Fans und bei Kritikern als eine der besten Gesangs-Leistungen von Frontmann Scott Weiland. Zudem sollten sich die Fans mal das Demo zu Creep genauer anhören, dort gibt es einen – wie ich finde – sehr gelungenen Zusatz-Part, der es leider nicht auf die finale Version geschafft hat, dem Song aber einen positiveren musikalischen Vibe gibt.

Die CD Nummer 3 präsentiert gleich zwei außergewöhnlich Energie-geladene Live-Mitschnitte aus dem Sommer 1993: Einer davon ist eine unveröffentlichte Performance aus dem Cataic Lake Natural Amphitheater bei Los Angeles, der andere der Mitschnitt vom Reading Festival im selben Jahr. Die beiden Shows enthielten bis auf zwei Tracks sämtliche Songs von “Core“ sowie eine sehr frühe Live-Version von Lounge Fly. Die Band hatte den Song, der erst auf dem Nachfolge-Album “Purple“ (das es sogar bis an die Spitze der amerikanischen Charts schaffte) erschien, ungefähr einen Monat vor dem Festivalgig geschrieben. Da es bisher keine offiziellen Live-Veröffentlichungen aus den Anfangstagen der Band gibt (2012 wurde immerhin mit “Live From The Windy City“ eine damals aktuelle Live-DVD oder –BluRay veröffentlicht), wird dies nun zum Glück hier korrigiert. Zumal die beiden Mitschnitte die nahezu überbordende Energie der STONE TEMPLE PILOTS-Anfangstage sehr gut eingefangen haben und dem Hörer einen Eindruck davon vermitteln, wie mitreißend die Band damals auftrat, die auch nicht davor zurückschreckte ein Stück wie Wet My Bed in einer abgewandelten Version zu performen.

Die CD 4 umfasst den legendären Auftritt der STONE TEMPLE PILOTS bei MTV Unplugged. Dieser – leider nur sieben Lieder umfassende Gig - wurde im November 1993 aufgezeichnet und wird im Set nun das erste Mal auf CD veröffentlicht. Es war die letzte Performance im Rahmen der “Core“-Auftritte und enthält überarbeitete Akustik-Versionen von Wicked Garden und Sex Type Thing, das Live-Debüt von Big Empty, das ebenfalls erst auf “Purple“ erschien (und wie weiter oben bereits erwähnt auch auf dem “The Crow“-Soundtrack enthalten war), sowie eine Cover-Version von Bowies Andy Warhol. Aber besonders beeindruckend ist hier zu hören, wie hervorragend gerade auch Songs, die für ihre aufgeschichteten Riff-Wände bekannt sind – wie etwa Plush oder Wicked Garden - in einer rein akustischen Variante funktionieren. Viele Fans werden sich sicherlich bereits irgendwo einen nicht offiziellen Mitschnitt dieses Auftritts besorgt haben, wenn aber noch nicht geschehen, dann ist das hier ein weiteres schlagendes Kauf-Argument.

Die “Core: Super Deluxe Edition“ präsentiert das Originalalbum zusätzlich auf Vinyl und zusätzlich eine DVD, die den 5.1 Surround Mix von Core und alle vier Videos des Albums bereithält: Sex Type Thing, Plush, Wicked Garden und Creep. Diese lag zur Rezension noch nicht vor und soll daher nur erwähnt werden für all diejenigen, die sich fragen, was wohl auf der DVD ist.

“Core“ gilt vollkommen zu Recht als eines der besten Alben der 90er Jahre, das den so „Test der Zeit“ bestanden hat und nun verdientermaßen für 25 Jahre Langlebigkeit gewürdigt wird. Wie wenig die Band damals verstanden wurde zeigt wohl der Umstand, dass die STONE TEMPLE PILOTS von den Lesern des Rolling Stone Anfang 1994 zur besten neuen Band gewählt wurde und in der gleichen Ausgabe damals von den Kritikern des Blattes zur schlechtesten neuen Band. Was wohl beweist, dass die Fans meist mehr Ahnung haben als die Kritiker.

Marc Langels, 28.09.2017

 

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