Titel |
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01. Pick Up |
02. One Way Bridge |
03. I Can‘t Take It Anymore |
04. Selfie Queen |
05. Bulletproof |
06. It‘s Not The Real World |
07. John Riley |
08. Single Woman Blues |
09. I‘m Not Your Slave |
10. King Of The Delta Blues |
11. Lonely With You |
12. I Don‘t Want To Bend |
13. Days Gone By |
Musiker | Instrument |
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Tim Jäger | Guitar, Vocals |
Benjamin Müller | Bass, Vocals |
Krister Kunde | Keyboards |
Xaver Hauck | Drums, Vocals |
Additional Musicians: | |
Peter Schnur | Keyboards |
Dieser Tage ist man, gerade im musikalischen Bereich, froh, wenn es nicht um Absagen oder Verschiebungen geht, sondern, wenn sich erfreuliche Ereignisse ankündigen. Angekündigt, vorgeglüht und gerade serviert wurde das dritte Album der unterfränkischen Blues Rock-Formation ROCK CLASS. Bereits mit dem Vorgänger, “Off Road“, hatte man einen deutlichen Schritt nach Vorne gemacht und setzt diesen positiven Trend mit “Real World“ fort.
In der “richtigen Welt“ scheint es nicht immer lustig zuzugehen. Zumindest, wenn man Songtitel wie I Can‘t Take It Anymore, I‘m Not Your Slave oder I Don‘t Want To Bend liest. Nun, wem sagen ROCK CLASS das…
In dem sehr schön und aufwendig gestaltetem Booklet finden sich, neben den üblichen Infos, auch alle Lyrics zu den Titeln abgedruckt. Auch an dieser Gestaltung sieht man die Weiterentwicklung.
Die Musik ist dann – erwartungsgemäß – längst nicht so melancholisch wie mancher Songtitel suggeriert. Man steigt gleich mit einem fetten Jam in Pick Up ein und macht damit klar, wo der Hase lang läuft. Neben Bandchef Tim Jäger an der Gitarre darf sich hier Neu-Bassist Benjamin Müller auszeichnen. Dass man sich hier stark an GOV‘T MULE, bzw. Warren Haynes orientiert, muss fast nur noch am Rande erwähnt werden.
Erwähnt werden muss allerdings, dass sich Jäger gesanglich gereift zeigt (auch hier klingt öfter mal Her Haynes durch) und auch was die Songs selber angeht, hat man sich enorm gesteigert. Um in den vollen Genuss zu kommen, sollte man den Volume-Regler ruhig etwas aufdrehen. Schließlich will man die tollen Orgel-Fills in Songs wie One Way Bridge nicht überhören. In erster Linie hat natürlich Jäger das Heft, respektive den Gitarren-Hals, in der Hand, aber trotzdem dosiert er sein Spiel und tritt nur bei den Soli dominanter in den Vordergrund. Als mehrfach ausgezeichneter Gitarrist weiß man, was man seinem Ruf schuldig ist. Der Song entpuppt sich übrigens als Ohrwurm, der einem bereits nach dem ersten Hören nicht so schnell aus dem Kopf geht.
Das flott rockende I Can‘t Stand It Anymore glänzt mit seinem dynamischem Arrangement ebenso, wie mit einfallsreichen Zusammenspiel der Band und einem Groove, der unweigerlich zum Tanzen einlädt. Dürfte Live ein Favorit werden. Das mehr funkige Selfie Queen wartet wieder mit einem Refrain auf, der umgehend anspricht und man schon beim zweiten Mal versucht ist mitzusingen.
Ja, und bei Bulletproof sind wir wieder zurück in Haynes-Country, das sind die Riffs und Grooves, wie man sie in der Jam Rock-Abteilung liebt. Leicht schleppend, mit kurzen “Zwischenspurts“, heavy und rau. Dafür wird dann bei It‘s Not The Real World zunächst aufs Tempo gedrückt und dafür in den Strophen zurückhaltender agiert. Da macht sich die Erfahrung von etlichen Jahren ebenso bemerkbar wie fundiertes Können am Instrument. Der Mittelteil ist was für die Feinschmecker-Abteilung.
Die Songs sind allesamt Eigenkompositionen, mit Ausnahme von John Riley, einem Traditonal, welches ROCK CLASS neu arrangiert haben. Fügt sich letztlich perfekt zu den anderen Titeln ein und liefert die Plattform für ein schönes Purple-mäßiges Orgelsolo. Die Good-Time-Funk-Nummer Single Woman Blues ist ein weiterer mitreißender Song. Ich komm‘ noch drauf, warum mir der Refrain so bekannt vorkommt.
Weil gerade so gut beim Grooven, liefert das reggae-mäßige I‘m Not Your Slave den passenden Beat dazu. Beim King Of The Delta Blues sollte man nicht den Ur-Mississippi-Blues erhoffen, denn auch hier geht es eher locker-funky zu. Trotzdem ein schönes Tribute.
Zu den schönsten Stücken auf dem Album gehört die melancholische Ballade Lonely With You. Ich sag‘ mal, irgendwo zwischen Hendrix und ALLMAN BROTHERS und voller Emotionen. Möchte man gleich nochmal hören.
I Don‘t Want To Bend birgt einen stampfenden Boogie, der allerdings zwischenzeitlich auch ins funkige abbiegt. Coole Soli von Keyboards und Gitarre inklusive.
Wie man einen schönen Tag – oder die Nacht – ausklingen lässt, beenden ROCK CLASS ihr neues Album mit der Akustik-Ballade Days Gone By. Ich sag mal: Im Repertoire von Bob Seger wäre der Song ein mindestens mittelprächtiger Hit.
ROCK CLASS spielen/spielten in ihrem Live-Repertoire gerne den 32/20 Blues. Mit “Real World“ liefern sie einen richtig guten 2020-Blues, der für mich zu den bisher erfreulichsten Veröffentlichungen in diesem nicht so ganz einfachem Jahr gehört. Respekt.