Rio Reiser

König von Deutschland

( English translation by Google Translation by Google )

Buch-Review

Reviewdatum: 22.07.2016
Jahr: 2016
Stil: Autobiografie
Verlag: KiWi

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Redakteur(e):

Epi Schmidt


Rio Reiser
König von Deutschland, KiWi, 2016
von: Rio Reiser
ISBN: 978-3-462-04860-5
Umfang: 328 Seiten
Preis: 9,99 € zzgl. Versandkosten

Der Anlass, warum dieses, bereits 1994 veröffentlichte, Buch, von und mit dem zu diesem Zeitpunkt noch unter uns weilenden Rio Reiser, gerade jetzt wiedererscheint ist so klar wie tragisch: Der Pop-Poet verstarb vor 20 Jahren, am 20. August 1996.
Mit “Pop-Poet“ trifft man natürlich weder ins Schwarze noch ins Weiße, sondern perfekt an der Scheibe vorbei. Wer Rio nur unter dem Hit und Titel dieses Buches, “König von Deutschland“, abgespeichert hat, der wird mit seiner Biografie ganz andere und kaum vermutete Seiten des als Ralph Möbius im tiefsten Süden Bayerns geborenen Künstlers entdecken.
Das Schöne ist zunächst einmal, dass Rio diese Zeilen selbst verfasst hat und es damit praktisch nie öde oder langweilig wird. Zwar hatte er in Hannes Eyber einen “Co-Autoren“, aber der war wohl mehr für Struktur und Hilfe bei der Erinnerung zuständig.
Ansonsten erhält man die – fast – typische Rock’n’Roll-Geschichte eines 1950 geborenen und in den 1960er Jahren sozialisierten jungen Mannes. Was sich in den letzten zehn Lebensjahren von Reiser, im Zuge der “Neuen Deutschen Welle“, abgespielt hat, findet hier nur ganz am Schluss und nur ganz kurz Erwähnung. Wer an dieser Zeit Interesse hat, der muss sich anderswo umschauen.

Wer allerdings deutsche (Pop- und Kunst-) Geschichte mal anders betrachtet kennenlernen will, der ist hier an der richtigen Adresse. Aufgewachsen zwar nicht in einer Künstlerfamilie, sondern vom Vater – einem echten Siemensianer – kreuz und quer durch Süddeutschland geschleppt, kristallisierten sich mit Rio und seinen Brüder echte Künstler aus ihr heraus. Mit vielfältigen Talenten gesegnet mündete das fast unweigerlich in einer Theatergruppe, die teilweise wie ihre Vorfahren übers Land tingelte. Zwar gab es bei Rio schon den aufkeimenden Hang zur Rockmusik – sowie den aufkeimenden Hang zum gleichen Geschlecht – aber da steckte immer viel mehr dahinter. Woran auch eine Fotografen-Lehre in Offenbach nichts änderte. Etwas mache, schaffen, verändern – das schwirrt immer wieder durch diese Zeilen. Oberflächlich betrachtet, gondelt einer durch sein Leben, aber tatsächlich war Rio Reiser immer “auf dem Sprung“. Engagierte sich, auch politisch.
Was letztlich auch mit eine Rolle bei der Gründung der Band TON STEINE SCHERBEN spielte. Und die wiederum, bei so mancher Hausbesetzung, nicht nur in Berlin, Mitauslöser war. An vorderster Front, der Autor dieses Buches. Nicht nur mit der Klappe.

Klar, da war auch eine gewisse Nähe zur R.A.F., die allerdings von dieser gesucht wurde, was hier deutlich wird. Reiser war durchaus der Ansicht, dass man nur mit Worten nichts erreicht, aber körperlichen Schaden bei Unschuldigen, kam ihm nicht in den Sinn. In den Sinn kamen ihm vielmehr Texte und Songs. Nahezu auf Bestellung lieferte er, schon zu Theaterzeiten, den benötigten Soundtrack.
Letztlich war der Mann, der bereits 1970 auf dem gleichen Festival wie Jimi Hendrix auftrat, vielleicht sogar mitverantwortlich dafür, dass Berlin-Kreuzberg zu dem Schmelztiegel wurde, der es dann eben wurde und nicht den Stadtratsplänen zum Opfer fiel.
Ziemlich sicher würde es das Bethanien Gelände und zugehörige Gebäude so nicht geben. Auch wenn man den Autor später davon verbannte.
Das alles und noch viel mehr, gibt es hier nachzulesen. Ein wichtiges Stück Berliner, deutscher und musik- bzw. kunsthistorischer Geschichte, von den frühen Sechzigern bis Mitte der Siebziger Einsteigen und anschnallen für diese Reise mit dem “König“.

Epi Schmidt, 18.07.2016

 

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