Oneida

Berlin, Zentrale Randlage, 25.05.2005

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 25.05.2005

Links:


Redakteur(e):

Ralf Stierlen


Berlin, Zentrale Randlage, 25.05.2005

Die Berliner Klublandschaft hat schon so manche Merkwürdigkeit zu bieten. Die "Zentrale Randlage" ist nicht nur dem Namen nach sehr skurril. Weist doch von außen rein gar nichts darauf hin, dass hier gelegentlich Scheiben aufgelegt oder auch (ganz selten) Konzerte stattfinden. Na gut, ein Schild mit diesem Namen wäre auch schon ein etwas längeres Teil und daher eine nicht unerhebliche Investition. Zum Glück ist wenigstens die Hausnummer gut lesbar angebracht (im Berliner Osten bzw. generell in ostdeutschen Städten auch keine Selbstverständlichkeit), so dass man den Ort des Geschehens dann doch recht leicht finden kann (wenn man sich die Adresse gemerkt hat).
Innen entpuppt sich das Ganze dann als Kraut-und-Rüben-Lounge mit einer Vielzahl von eher ausrangierten Sesseln und Sofas sowie einer mittig an der Wand platzierten, reichlich winzigen Bühne (die Position sollte noch eine Rolle spielen). Für einen Termin mitten in der Woche (den Fronleichnam am nächsten Tag können hier ja die Berliner und Brandenburger nicht als Feiertag geniessen) war es doch recht gut gefüllt mit allerlei Großstadtpflanzen und mehr oder weniger hippem Clubvolk.

Als Support sollte eigentlich eine Band namens THE HELLS spielen, aber warum zur Hölle auch immer, davon war nichts zu sehen. Als Vorprogramm enterten dafür urplötzlich ein mit Bankräubermaske bekleideter Drummer und ein Gitarrist, dessen nackter Oberkörper in reizvollem Gegensatz zu der tief in den Afro gezogenen Pelzmütze stand, die Bühne. Der Drummer wuchtete auf sein Schlagzeug ein und der Gitarrist gniedelte vor sich hin. Das Ganze satte sieben Minuten lang, dann war der Spuk vorbei. Oops, entweder werde ich alt oder einige um mich herum so langsam verrückt.
Eigentlich gab es nicht so sehr viel umzubauen, zumal ONEIDA ja "nur" als Trio auftreten, aber es dauerte dann doch noch eine ganze Weile (bei ausgesucht schlechter Konservenmusik), bis die Band aus Brooklyn dann gegen 0.00 Uhr bereit standen.

Oneida Und Bobby Matador, Hanoi Jane und Kid Millions (keine Angst, alles drei sind Pseudonyme für die Jungs) machten sich einen Spass daraus, so gar nicht den Erwartungen zu entsprechen, die man nach dem Hören der letzten Veröffentlichung "The Wedding" hegen konnte. Denn klingen sie dort häufig zerbechlich, psychedelisch, kompakt, manchmal schräg aber beherrscht und clever pointiert, so ließen sie nun live so richtig die Sau raus. Kid Millions bearbeitete seine Drums sehr offensiv um den Klang ganz weit nach vorne stellen zu können. Hanoi Jane spielte eher selten Bass, dafür um so häufiger Gitarre, die er heftig rockend, stellenweise sogar metal- oder hardcoreartig einsetzte. Und Bobby Matador betätigte sich als Keyboard-Irrwisch irgendwo zwischen einem manischen Alleinunterhalter und dem Zappelphilipp. Auch wenn natürlich einige Stücke von "The Wedding" gespielt wurden, waren diese in der Liveversion kaum mehr auszumachen, man orientierte sich eher an den wilden, ungehobelten Rockausbrüchen von früheren Veröffentlichungen wie "Each One, Teach One".

Oneida Ohnehin macht es der Band sichtlich Freude, sich immer wieder selbst zu erneuern, immer wieder anders zu klingen. Das manifestiert sich dann in Ansagen wie die von Bobby Matador "Now the next one is an ONEIDA Song, performed by ONEIDA. There will be a lot of ONEIDA Songs, in fact it will all be ONEIDA Songs." So nach dem Motto: Wir sind das tatsächlich jedes Mal selbst, auch wenn es immer wieder neu klingen mag.
Die drei entwickeln wirklich einen Speed und eine Dynamik, die jeder jungen Hardcoreband zur Ehre gereichen würde. Der Sound ist dabei schön knarzig, unverbraucht und roh, so wie es sich für eine Underground-Band gehört, man fliegt in höchst möglicher Geschwindigkeit durch räudigen Rock'n'Roll, Space Rock, Garagen Rock und Hardcore-Psychedelia. Der Set wird für alle Beteiligte immer schweißtreibender, weshalb Bobby Matador auch alle in der "hot tub" willkommen heißt ("Ihr habt nicht wirklich gelebt, wenn Ihr nie in der ONEIDA-Hot-tub wart").

Oneida Da man sich quasi hufeisenfrömig vor die Bühen quetschen muss (die ja mitten im Raum an der Wand befindlich ist), lässt Bobby auch verbal die Muskeln spielen: "Jetzt seid Ihr gefangen im großen O von ONEIDA" (da die Zuhörer ja quasi ein "O" vor der Bühne bilden). "Daraus könnt Ihr nicht mehr entkommen. Wir werden Euch zerquetschen wie die Insekten." Naja, ganz so schlimm wird es dann doch nicht, aber die ausgeströmte pure Energie springt doch spürbar über und sorgt bei ohnehin schon hochsommerlichen Temperaturen für gewisse Erschöpfung und erhöhten Flüssigkeitsbedarf.
Die Band vergleicht ihre Songs dann noch mit Sportarten (der dem Skispringen gewidmete Song klang dabei überraschend bluesig), was man sicherlich angesichts der Intensität und physischen Leistung nachvollziehen kann.
Nach ziemlich genau achtzig wahrhaft erhitzenden Minuten sind dann alle zufrieden und ermattet.

ONEIDA ist wirklich ein Erlebnis, zum Einen wird man immer wieder überrascht und zum Anderen ist das eine sympathisch unkonventionelle Band, die sich selbst nicht so ernst nimmt und auf jegliche Marktmechanismen pfeift und die Musik um ihrer selbst willen macht.

Ralf Stierlen, 02.06.2005

 

© 2008 - 2024 by Hooked on Music