Chris Witchhunter Memorial Concert
Oberhausen, Turbinenhalle, 11.04.2009


8. September 2008: Gegen sechs Uhr morgens stirbt Chris Witchhunter nach jahrelangem Alkoholabusus an einer Dekompensation des gesamten Organsystems. Mit dem ehemaligen SODOM-Trommler, bürgerlich Christian Dudek, ist ein Metaller von echtem Schrot und Korn von uns gegangen, ein authentischer Ruhrpott-Thrasher der allerersten Stunde.
Mit dem selbstbewussten und nicht weniger wahren Leitspruch "Härter als VENOM - schneller als METALLICA" hatten er und seine beiden Mitstreiter Tom Angelripper und Frank Blackfire Anfang der Achtziger als SODOM mächtig Staub aufgewirbelt: Alben wie "Obessed By Cruelty" (1986), "Persecution Mania" (1987) und "Agent Orange" (1989) gelten zu Recht als stilprägende Paradebeispiele einer ganzen Zunft

Nun ist er also tot, der Chris. Scheiße. Aber - so sagte sich Tom Angelripper (Sänger, Bassist und Frontmann der noch immer sehr vitalen Combo) - wir lassen ihn nicht gehen, ohne ihm ein letztes Mal die Ehre zu erweisen und ihn würdig zu verabschieden. Dass auf diese Weise noch der eine oder andere Euro für Chris' Mutter eingesammelt werden könne, sei angenehmer, aber auch gewollter Nebeneffekt.
Frau Dudek hatte sich jahrzehntelang für ihren Sohn eingesetzt und ihn während seiner Krankheit bis zum Tod betreut.

Ende 2008 noch eine vage Idee, fand es am 11. April 2009, am Ostersamstag, bereits statt, das Chris-Witchhunter-Tribute-Festival: Neben dem Headliner SODOM versammelten sich die Weggefährten von damals noch ein letztes Mal, um gemeinsam zu musizieren. Das Lineup liest sich wie das Who-Is-Who einer längst vergangenen Zeit, in der man mit Kutte, Spandexhose und knöchelhohen Turnschuhen (meist Adidas, Modell "Allround") zum Heavy Metal ging: DESTRUCTION, TANKARD und HOLY MOSES, um nur drei zu nennen.
Eine Location war schnell gefunden: Oberhausen, einst Moloch aus Kohle und Stahl, heute begriffen im - noch nicht abgeschlossenen - Strukturwandel. Und mitten drin: Die Turbinenhalle. 100 Jahre alt, idyllisch an der Ruhrgebietsstrecke Duisburg-Dortmund der ehemaligen Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft gelegen, diente sie einst der Erzeugung von Strom und Druckluft zur Versorgung der Eisenhütte II, einem Betriebsteil der Gutehoffnungshütte (GHH) mit vier Hochöfen. Heute: Heavy Metal und verwandte Spielarten.

Und die Fans? Sie kamen. Sie kamen in Scharen. Sie kamen für Chris Witchhunter. Und ja! Sie trugen Kutten, Spandexhosen und knöchelhohe Turnschuhe (Adidas, Modell "Allround" war auch dabei). Es war wie früher, gleichsam eine Zeitreise in eine andere Zeit.
Die Bands haben alles gegeben und die Menge ein ums andere Mal zum Kochen gebracht: Ob Master Of Desaster von HOLY MOSES, ob Zombie Attack von TANKARD, ob Nailed To The Cross von DESTRUCTION oder Bombenhagel von SODOM: Das war einfach großartig. Und natürlich war es auch einmalig. Gut also, dabei gewesen zu sein.

Kurze Randnotiz: Als zwischen ARTILLERY und DESTRUCTION Chris' Mutter auf die Bühne kam, um sich bei den Fans und den Veranstaltern für ihr Engagement zu bedanken, da wurde deutlich, das in jedem harten Metaller ein weicher Kern steckt. Mir selbst standen die Tränen in den Augen und ich war weiß Gott nicht der einzige!
Witchhunter: Rest In Peace! PS: Was es an diesem Abend in Oberhausen alles nicht gab, soll abschließend aber auch noch eine kurze Erwähnung genießen: Hässliche Computertickets zu überhöhten Preisen, Security, Rauchverbot, teures Bier und teures Essen sowie überteuertes Merchandising. Gestresste Vollidioten? Fehlanzeige. Es war einfach herrlich.

Tim C.Werner, 29.04.2009

 

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