Neil Young Bluenote Café, Reprise Records, 2015 |
Neil Young | Guitar & Vocals | |||
Bluenote Café: | ||||
Rick Rosas | Bass | |||
Chad Cromwell | Drums | |||
Frank Sampedro | Keyboards | |||
Steve Lawrence | Lead Tenor Saxophone | |||
Ben Keith | Alto Saxophone | |||
Larry Craigg | Baritone Saxophone | |||
Claude Cailliet | Trombone | |||
Tom Bray | Trumpet | |||
Billy Talbot | Bass | |||
Ralph Molina | Drums | |||
| ||||
![]() | ![]() | |||
Disc 1: | ||||
01. Welcome To The Big Room | 07. Soul Of A Woman | |||
02. Don't Take Your Love Away From Me | 08. Married Man | |||
03. This Note's For You | 09. Bad News Comes To Town | |||
04. Ten Man Working | 10. Ain't It The Truth | |||
05. Life In The City | 11. One Thing | |||
06. Hello Lonely Woman | 12. Twilight | |||
Disc 2: | ||||
01. I'm goin' | 07. Fool For Your Love | |||
02. Ordinary People | 08. Encore Rap | |||
03. Crime In The City | 09. On The Way Home | |||
04. Crime Of The Heart | 10. Sunny Inside | |||
05. Welcome Rap | 11. Tonight's The Nigh | |||
06. Doghouse | ||||
![]() |
Also, über eines brauchen wir uns keine Sorgen zu machen: Aus Neil Youngs Archiv können wir noch lange schöpfen. Folge 11 ist mittlerweile angesagt und wenn auch alle Teile gepriesen seien und sind, so gibt’s doch diesmal ein besonderes Schmankerl. Ob man durch die ein oder andere Veröffentlichung in der “Archives Series“ an die so-und-so-vielte Version von, sagen wir, Sugar Mountain oder Cinnamon Girl kommt, ist vielleicht nicht so wichtig (für mich schon!), darüber kann man geteilter Meinung und Begeisterung sein, aber dass good ol‘ Neil uns nun eine Live-Aufnahme aus einer “Bluenote“-Phase beschert, das ist schon ein Aaa…, ok, keine Alkoholwerbung an dieser Stelle und auch nicht für irgendwelche Softdrinks.
Denn es war ja so: In den viel beschrienen 80er Jahren konnte man hier und da schon in Sorge geraten um Neil und Leute wie David Geffen waren da schon am Rande eines Nervenzusammenbruches, denn der Kanadier irrte und wirrte durch die Musikstile, dass es eine wahre (diebische) Freude war. Er machte nahezu alles, nur nicht dass, wovon Viele meinten, was seine eigentliche Profession sei. Kaum rückte das Ende des Jahrzehnts näher, nahm Neil seinen Hut bei Geffen, setzte diesen auf, versöhnte sich mit Fans, Reprise Records und CS&N, nahm mit den ergrauenden Hippie-Köpfen ein Album auf (“American Dream”) und scharte fast gleichzeitig eine Truppe von Bläsern um sich um einer (wiedererwachten?) Leidenschaft für R&B, Jazz und Big Band-Sound zu frönen. Das firmierte unter “Neil & The Blue Notes“, aus rechtlichen Gründen auch mal unter “Ten Man Working“, eigentlich wurden damals fleißig Konzerte mitgeschnitten, für ein geplantes Doppelalbum namens “This Note’s For You Too“.
Nun, bei Neil lief selten etwas so, wie man – oder er – es erwartete. Das Album erschien im April 1988, aber auf Tour mit diesen Jungs, darunter Koryphäen wie Rick “The Bass Player“ Rosas (R.I.P.), war Neil bereits 1987 und erstrecken sie die Aufnahmen, die wir jetzt endlich bekommen über ein gutes Jahr.
Natürlich mit den bluesigen, jazzigen Nummern aus dem Album und einigen mehr im gleichen Stil. Eine tolle Atmosphäre wurde da gezaubert, hervorragende Instrumentalpassagen, wie in Don’t Take Your Love Away From You, mit reichlich Saxophone-Gedröne und natürlich dem Hit This Note’s For You, der allein schon durch das damalige Video auf MTV Kult ist.
Genial auch – und besonders in der Live-Fassung - Ten Men Workin. Das hat Schwung, Pepp, geht in Ohr und Beine, strotzt vor Soul und swingt wundervoll. Big Band-Leader Neil ist hier in seinem Element.
Es geht durchaus auch flott voran, wie Life In The City zeigt, und die Bläserabteilung gibt da immer noch zusätzlich Schub. Also mehr ausgelassen getanzt wurde wahrscheinlich selten bei Neil Young-Konzerten, als auf dieser Tour.
Gespielt wurden auch Raritäten, wie Hello Lonely Woman, welches Neil bereits Mitte der 1960er Jahre geschrieben und ein Demo aufgenommen hatte. Wird damals nicht so nach Good-Time-Country-Jump-Blues geklungen haben, aber die Mundharmonika war womöglich ähnlich. Keine Rarität ist Married Man, aber man spürt förmlich, wie viel Spaß Neil bei dieser Nummer hat.
Neben den schwungvollen R&B-Nummern kommen auch eher gefühlvolle Blues-Balladen vor, auch wenn Neil vielleicht dafür nicht so der ideale Sänger ist, wie Bad News Comes To Town demonstriert. Seine Fans liebe ihn aber auch dafür.
Wenn sich Neil schonmal nach dem Wohlergehen der Fans erkundigt – vor One Thing - muss was im Busch sein. Der folgende Blues lässt das Publikum jedenfalls nicht verzagen, sondern sich an den jazzigen Sax-Einwürfen und dem bittersüßen Flair des Songs freuen.
Meint man manchmal gar nicht, dass Young zu solch zurückhaltenden E-Gitarren-Soli fähig ist. Durchaus eine Sternstunde.
Die zweite CD birgt weitere Spezialitäten, z.B. I’m Goin‘, mehr ein Jam-Track auf einem Akkord (meines Wissens bisher nicht erhältlich – der Song, nicht der Akkord!) den bei dem bei Neil kurz in alte – und spätere – Solo-Gewohnheiten verfällt, oder Ordinary People (erst 2007 auf “Chrome Dreams II“ veröffentlicht).
Wie schon auf dem zugehörigen Album, gehört Crime In The City zu den Höhepunkten. Vielleicht auch durch seine enge Verwandtschaft zu This Note’s.
Young ist tatsächlich in Plapper-Laune, wodurch “Songs“ wie Welcome Rap und entstehen. Zu den Krönungen dieses an Höhepunkten nicht armen Doppelalbums gehören dann sicher noch die Fassungen der Neil Young-Klassiker On The Way Home, als Big Band-Swing-Nummer, und Tonight’s The Night als angejazzter Großstadt-Blues, der dann richtig in Fahrt kommt und Teile aus Mr. Soul mit unterbringt. Geil!
Unterbrochen sind die beiden Songs noch von der “Blues Brother’s Nummer“ Sunny Inside vom “Blue Notes“-Album.
Also, ich würde mal sagen: Wenn das kein vorgezogenes Fest für Neil Young-Fans ist, dann weiß ich nicht mehr.
Angeblich wurde ja auf der Tour auch mal der Evergreen Walking After Midnight gespielt, aber nun wollen wir nicht kleinlich werden, weil der hier fehlt.
Auch der einst angedachte Film, aus dem sich dieses “Projekt“ entwickelte, wird das Tageslicht, sofern da überhaupt was existiert, nicht zu sehen kriegen. Unser Ohren hier allerdings schon und neben Neils regelmäßigen Studioalben ist “Bluenote Café“ sicher eine der erfreulichsten und lohnenswertesten (Doppel-) Scheiben, die man sich zulegen kann.