My Morning Jacket

Berlin, Magnet, 12.11.2003

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 12.11.2003

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My Morning Jacket Homepage



Redakteur(e):

Ralf Stierlen


Berlin, Magnet Club, 12.11.2003

South San Gabriel

Endlich mal wieder ein Konzert im Magnet Club. Das bedeutet immer, erst mal ein Weilchen mit Drink in einem Uralt-Sessel in der Lounge ablümmeln, die Leute nach und nach hereintröpfeln sehen und auf das Konzert warten. Wenn dann die ersten Takte erklingen, schnell rüber in den Konzert"saal" (Jim James von MY MORNING JACKET wird es später zutreffend als "hot, smoky box" bezeichnen) und feststellen, dass man, obwohl in Reihe 3, schon wieder nur recht eingeschränkt sieht. Die Bühne ist, intime und lauschige Atmosphäre hin oder her, einfach zu niedrig.
Sei's drum, zunächst befinden sich die texanischen SOUTH SAN GABRIEL auf derselben und spielen eine Art kammermusikalischer Folkmusik. Mastermind Will Johson, der singt und Gitarre spielt, wird abwechselnd von einem Violinisten und/oder Pedal-Steel-Gitarristen begleitet. Mir irgendwie dennoch etwas zu spröde und unaufdringlich, trotz zeitweise guter Songs und einer sehr brauchbaren Pedal Steel.

My Morning Jacket

Da geht es bei MY MORNING JACKET doch etwas anders zur Sache.
Mal wieder was Lustiges aus dem Publikum - Kommentar eines Besuchers: "Die sehen ja aus wie Uriah Heep". Da hat er bei Jim James, dem Frontmann und Sänger/Gitarristen, Bassist Two-Tone Tommy (ich hoffe das ist ein Pseudonym) und Drummer Pat Hallahan durchaus nicht Unrecht. Allerdings klingt die Musik doch ein ganz leicht bißchen anders (und Heep sind ein ganz leicht bißchen britischer - Red.).
Die optischen Vergleiche kann man auch in Richtung der frühen LYNYRD SKYNYRD ziehen, wenn man die beträchtlichen Matten von James und Co. sieht und da kommt man der Sache schon näher. Die Einflüsse der Band aus Louisville, Kentucky liegen durchaus auch im Southern Rock, neben Country, Blues und allem was sich so schön zeitgeistmäßig unter Americana zusammenfassen läßt, also ein Querschnitt des amerikanischen Liedguts von einem grundsätzlichen Indie-Rock-Standpunkt aus aufgenommen und verarbeitet.

My Morning Jacket

Im Gegensatz zu den Alben, zuletzt dem hervorragenden "It still moves" (siehe auch Review), auf denen ruhige, auf die einzigartige Stimme von James gestützte, klare Passagen nicht selten sind, wird auf der Bühne, passend zum Cover der letzten CD und dem Aufdruck auf dem Drumkit, der Bär rausgelassen. James schnappt sich die Flying-V-Gitarre, die Lautstärkeregler werden hochgefahren (die Devise heißt "Eleven, eleven, eleven!" - alle SPINAL TAP-Kenner wissen, was gemeint ist), die Matten werden geschüttelt, gerne auch die Dreierformation der Saiteninstrumentalisten genommen (oder ist das schon Rudelbildung?).
So kracht Mahgeetah auch gleich als Opener, wie auf dem Album los. Natürlich ist Jim James' Stimme auch live beeindruckend, angemessen hallunterlegt, seine ganze Erscheinung hat etwas hippiehaftes und zugleich sehr charismatisches.

Das doch sehr zahlreiche Publikum ist teils gebannt, teils richtiggehend aufgeputscht von der energetischen Liveshow, was die Band schon fast gerührt und glücklich zur Kenntnis nimmt. Insbesondere eine Gruppe von Landsleuten der Band, die ersten beiden Reihen im wahrsten Wortsinne einnehmend, rastet regelrecht aus. Da könnte James selbst die albanische Hymne rülpsen ("Big in Albania"? - Insiderwitzchen der Red.), es würde enthusiastisch abgefeiert werden. Man erfreut sich dabei auch an der laxen Alterskontrolle bei der Abgabe alkoholischer Getränke in good old Germany. Aber so sind halt die Bewohner des Neuen Kontinents wenn sie mal ins alte Europa kommen.

My Morning Jacket

Zurück zu MMJ: Dancefloors, Masterplan und das großartige One big holiday kommen in der Live-Version einem gewissen Mr. YOUNG sehr nahe, natürlich aus dessen "Rust never sleeps" bzw. "Weld"-Phase, aber gegen diese noch unverbrauchten, jungen Burschen ist CRAZY HORSE schon fast ein lendenlahmer alter Klepper.
Erstaunlich ist die Abgeklärtheit, die trotzdem nicht zur Routine ausartet, sowie die Ernsthaftigkeit der Herangehensweise an das Konzept, den Sound von MMJ weiterzuentwickeln. Als Referenzen dürfen hier, zu den bereits genannten, auch MERCURY REV, FLAMING LIPS oder GRANDADDY gerechnet werden, aber schon allein die Unvergleichbarkeit von James macht aus MMJ etwas ganz Besonderes.

Nach Easy morning rebel sowie einigen Songs der früheren Alben "At dawn" und "The Tennessee fire", verläßt die Band (in alter guter 70er-Jahre-Live-Tradition einer nach dem anderen während der Song vom Rest weitergespielt wird) die Bühne um vom frenetischen Applaus nur kurze Zeit später wieder aufzutauchen. Das stürmisch geforderte The way that he sings wird von James solo und akustisch dargeboten. Das ebenfalls vehement verlangte Hopefully bleibt allerdings versagt, denn die Band hat natürlich auch ein gutes Feeling für den Aufbau der Liveshow. So steht als krönender Abschluß das grandiose Run thru, das mit seinem Gitarrenbattle schon jetzt als zukünftiger Klassiker nicht nur im Repertoire von MMJ bezeichnet werden darf.

Ich bin mir ganz sicher, dass diese Band zukünftig in größeren Hallen zu sehen sein wird und der proppevolle Magnet Club letztmalig einen Auftritt von MMJ erlebt hat.

Ralf Stierlen, 18.11.2003

 

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