Shout It Out Loud Festival
Mülheim/Ruhr, RWE-Halle, 18.06.2011

SHOUT IT OUT LOUD

Es geschehen noch Wunder! Ein längst totgeglaubtes oder zumindest oft müde belächeltes Genre erfährt gerade offenbar nicht nur in Schweden und in den USA, sondern auch in Deutschland seinen zweiten Frühling seit den glorreichen 80er Jahren! Gemeint ist damit natürlich alles, was mit Stretchhosen, Make-Up, toupierten und frisierten Haaren und Lippenstift (ja, auch bei Männern!) in Verbindung gebracht wird - auch genannt „Glam Metal“, „Poser-Metal“ oder allgemein „Hair Metal“. Dementsprechend bunt gibt sich das zahlreich erschienene Publikum. Schön, daß auch alle Altersklassen vertreten sind. Und so gibt es heute beim 1. SHOUT IT OUT LOUD-Festival in der RWE-Halle in Mülheim an der Ruhr viel zu sehen und zu hören, was genau in diese Richtung geht. Als besonderen Leckerbissen und als Headliner konnten die Veranstalter dabei die US-Superstars von CINDERELLA verpflichten. Doch bevor es soweit kommt, gibt es noch viele andere hochkarätige Truppen jüngeren Kalibers neben der einen oder anderen alteingesessenen Hardrock-Band zu bestaunen. Leider erweist es sich jedoch als nicht ganz einfach, pünktlich die erste Band zu sehen, da der Einlass stark verzögert und sehr schleppend erfolgt und man zudem lange anstehen muß, um an seine Getränkebons, geschweige denn an seine Getränke zu kommen. Nun denn, diese Hürden überwunden, geht es direkt nach vorne vor die Bühne der recht großen und modernen Halle.


HOLLYWOOD BURNOUTS

Bei Eintreffen haben die HOLLYWOOD BURNOUTS dann ihren Gig leider auch schon fast beendet. Was bleibt, sind 2 Songs, die sich ziemlich nach POISON anhören, gut ins Ohr gehen und Lust auf mehr machen! „Big Hair“ ist hier zudem Programm und man fühlt sich wirklich in den Sunset Strip der 80er Jahre in L.A. zurückkatapultiert. Hinterher geben die Jungs noch fleißig Autogramme am Merchandise-Stand und verkaufen ihre erste EP. Ein schöner Einstand!

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HOLLYWOOD BURNOUTS im Hooked on Music

SHOTGUN EXPRESS

Nach rund zwanzigminütiger Pause rotzen SHOTGUN EXPRESS aus Süddeutschland ein ordentliches Rock'n'Roll Programm mit leichtem Sleaze-Touch runter, das wesentlich roher rüberkommt als der Pop-Metal der Band davor. Das weiß vielen zu gefallen, und somit sollte man sich mit dieser Truppe bei Gelegenheit mal näher beschäftigen. Auf Tonträger gibt es meines Wissens noch nichts, aber das kann ja noch kommen. Gut gemacht, Jungs!

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SHOTGUN EXPRESS im Hooked on Music

JADED HEART

Als nächstes steht dann mit JADED HEART eine etwas bekanntere Band an, die mit ihrem klassischen Melodic-Hardrock ein wenig aus dem stilistischen Rahmen fällt. Die Jungs können nun schon auf eine längere Album-Discographie zurückblicken und auch live gibt man sich äußerst professionell und gut eingespielt. Der Sound ist schön satt, der Keyboard-Teppich dezent und auch der Rest der Combo wirkt sehr routiniert. So klingt fetter Hardrock! Das wissen auch die Zuschauer in den ersten Reihen zu schätzen, die ihre Helden folglich gepflegt abfeiern. Zudem gibt es am Merchstand das letzte Tourshirt zusammen mit der vorletzten CD für einen Zehner. Das nennt man Fanfreundlichkeit! Gut so!

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JADED HEART im Hooked on Music

KISSIN' DYNAMITE

Mit den Jungspunden und Quasi-Shootingstars von KISSIN' DYNAMITE gibt es dann auch das erste Highlight des Tages: Kein Wunder, daß es in den vorderen und mittleren Rängen mächtig voll wird! Die Jungs um Sänger Hannes Braun strotzen nur so vor Spielfreude und haben die Menge sofort im Griff! Mit ihrer Mischung aus Glam-Metal und traditionellem Metal mit Anleihen an EDGUY treffen sie genau den Nerv. Das macht mächtig Laune, die Songs und Hooks stimmen und vor allem Hannes und Gitarrist Jim Müller heizen die Meute zunehmend an und animieren sie zum Mitgrölen der tollen Songs! Es wird ein schöner Querschnitt der beiden Alben „Steel of Swabia“ und „Addicted to Metal“ geboten, mit denen man nix falsch machen kann. Nummern wie Supersonic Killer oder Addicted To Metal gehen einfach gut ins Ohr und machen mächtig Spaß! Auch die Covernummer High Enough der DAMN YANKEES wird äußerst wohlwollend aufgenommen. Sehr gut! Von den Jungs wird man sicher noch einiges hören!

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KISSIN' DYNAMITE im Hooked on Music

CRAZY LIXX

Da fragt sich natürlich, ob CRAZY LIXX dieses Stimmungsniveau hochhalten können. Und ja, sie schaffen es tatsächlich – zumindest teilweise. Die jungen Schweden zeigen dem Publikum, was eine Party-Hardrock-Harke ist! Auch sie können bereits zwei sehr gute Alben vorweisen, die sie in den vergangenen Jahren bekannt gemacht haben. „Loud Minority“ und „New Religion“ knallen auf CD mächtig, und auch die Live-Umsetzung ist durchaus gelungen. Hell Or High Water, My Medicine (R.O.C.K.), 21 'Till I Die: Das sind Kracher, die wir hören wollen! Das garantiert gute Laune und so kann die Vorstellung voll überzeugen. Zudem ist der Sänger sehr sympathisch und bodenständig. Das gefällt!

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CRAZY LIXX im Hooked on Music

PUSSY SISTER

Bei PUSSY SISTER wird es dann vor der Bühne erstaunlich leer. Die aus VOX bekannten Jungs versuchen zwar, eine ordentliche Leistung abzuliefern, doch gelingt es ihnen leider kaum. Zu entönig und lasch kommen die Nummern rüber, zudem kann die Vocal-Leistung nicht so mitreißen wie bei den Musikerkollegen. Eigentlich schade, denn auf Platte hat man durchaus brauchbares Material abgeliefert. Aber heute will es nicht so recht klappen. Na ja, beim nächsten Mal oder in einem kleineren Club funktioniert es bestimmt besser!

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PUSSY SISTER im Hooked on Music

Logo Bonfire

Und dann wird es für die alten Rocker von BONFIRE Zeit zu beweisen, daß sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören! Eingeräumt wurde ihnen hierfür eine gute Stunde. Können sie sie nutzen? Im Großen und Ganzen definitiv ja, eigentlich überraschen Claus Lessmann und Co. sogar mit einem mehr als ordentlichen Gig. Los geht es mit Tony's Roulette vom tollen „Point Blank“-Album, über einige Nummern von „Don't Touch The Light“ bis hin zu „Fireworks“. Also ein Old-School-Set quasi. Alles im grünen Bereich soweit, wären da nicht permanent die peinlichen Ansagen von Claus. Proud Of My Country ist ja per se schon peinlich, aber mit entsprechender Ansage gerät dies zum Fremdschämen pur. Aber was soll's, das ist man von Bonfire ja gewohnt, und wenn man davon absieht, ist es ein super Hardrockquerschnitt, professionell und mit Enthusiasmus vorgetragen. Der Sound paßt zudem auch.

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Logo Cinderella

Mit ordentlicher Verspätung betreten dann nach einem kurzen AC/DC-Intro CINDERELLA die Bühne und die Spannung ist groß. Wie ist die Band heute? Ist Tom Kiefer noch stimmlich in Form? Fragen über Fragen hatte man sich im Vorfeld gestellt.
Und so war die Erwartungshaltung entsprechend. Um es kurz zu machen: Leider gerät der Auftritt zu einer eher zwiespältigen Angelegenheit.
Die Band – wie übrigens einige andere vorher auch – hat mit erheblichen Soundproblemen zu kämpfen, insbesondere das korrekte Stimmen der Instrumente gerät für die Soundleute zu einer großen Schwierigkeit. Tom Kiefer an der Gitarre und Eric Brittingham am Bass werden deshalb auch ziemlich wütend und scheinen ganz und gar nicht gut gelaunt. Einzig Gitarrist Jeff LaBar und Drummer Fred Coury nehmen es gelassen und grinsen das Publikum freundlich an.
Gespielt werden alle Songs, die man im Laufe ihrer Karriere lernen und lieben gelernt hat: Once Around The Ride, Night Songs, Nobody's Fool vom Debut finden ebenso den Weg in die Setlist wie Gypsy Road und Long Cold Winter von „Long Cold Winter“ oder The More Things Change von „Heartbreak Station“. Die Songauswahl stimmt also, schade nur, daß Herr Kiefer kaum mehr die Töne trifft – insbesondere in höheren Lagen.
Aber dennoch ist das Stageacting durchaus professionell, es macht irgendwie Spaß, den Herren zuzuschauen. Und überhaupt – bei aller Kriktik – mal Cinderella live zu erleben, das hat schon was! Also alles halb so schlimm, die knapp über eine Stunde wird man so schnell nicht vergessen. Beim nächsten Mal wird es ja vielleicht ohne technische Pannen klappen!

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CINDERELLA im Hooked on Music

Ein langer „Hair Metal“-Tag geht dann zu Ende und es bleibt festzuhalten, daß es doch sehr viel Spaß gemacht hat! Die Veranstalter haben ja auch schon für das kommende Jahr die Fortsetzung angekündigt, und wenn man die kleineren Pannen (lange Wartezeiten, teilweise Probleme beim Sound, etwas hohe Preise) in den Griff bekommt, dann werden die nächsten Veranstaltungen in der RWE-Halle bestimmt wieder gut besucht und zu einem tollen Erlebnis! Ich bin nächstes Jahr definitiv wieder dabei!

Maurice Schreiber, 26.06.2011

 

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