Michael Dickes Thirty-five, Eigenproduktion, 2002 |
Michael Dickes | Gesang, Gitarre, Harmonika | |
Gäste: | ||
Pat Oscarson | Mandoline, Bass | |
Eric Frank | Bass, Mandoline | |
Todd Kenaston | Gitarre | |
Mike Williams | Schlagzeug | |
Travis Grable | Schlagzeug | |
Joey DeChenne | Schlagzeug | |
Michael Hopkins | Bass | |
Mike Seaman | Schlagzeug | |
Kevin Ohme | Bass | |
Brad Petit | Piano | |
Josef Vosdanszky | Violine |
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1. The bells of Saint Andrews | 19. The driver | |
2. Thinkin' just a little too much | 20. Entropy | |
3. What Maggie will remember | 21. Poor sunday | |
4. I'll come running | 22. Trying not to think | |
5. It's always been that way | 23. To get up and go | |
6. When nothin's what you need | 24. Crazy waves | |
7. Last one in the world | 25. Been a long time | |
8. Money can buy you anything | 26. Figaro truckstop | |
9. God's big rubber ball | 27. The rest of you | |
10. Hard headed woman | 28. One by one | |
11. Peace of mind | 29. Learning to be lonely | |
12. What would I do without you | 30. To the river | |
13. When you get pissed | 31. Left behind | |
14. Love is a crutch (and a wheel chair) | 32. Settled scores | |
15. I might be wrong | 33. Tongue in cheek | |
16. Absolutely you | 34. Colours can stain | |
17. Lookin' for America | 35. F.U.G. | |
18. All I really wanna know | ||
Genial einfach - einfach genial! Zu seinem 35. Geburtstag veröffentlichte Michael Dickes am 27. April dieses Jahres das Doppelalbum "Thirty-five" mit - ratet mal - genau 35 Songs.
Neben neuem Material, das vor allem im Laufe des letzten Winters entstanden ist, hat Michael tief in seinen Privatarchiven gegraben und viele Studio- und Heimaufnahmen ausgegraben, die es, warum auch immer, bisher nicht auf eins seiner Solo- oder GYPSY KYSS-Alben geschafft haben.
Einer der Höhepunkte: The driver vom ersten GYPSY KYSS-Demo von 1987.
Was für ein grandioses Stück Musik! Es wird mir ewig ein Rätsel bleiben, warum diese Band nie den großen Durchbruch schaffte. Vermutlich waren sie mit ihrer Mischung aus Folk und progressivem Rock einfach zur falschen Zeit am Start.
Ebenfalls sehr interessant sind weitere 4-Spur-Demo-Aufnahmen von 1989, beziehungsweise 1990, also kurz bevor das GYPSY KYSS Debüt "Songs from a swirling ocean" das Licht der Welt erblickte. Während I'll come running durchaus als einer der melancholischen Momente der Folk-Proggies hätte durchgehen können und etwas an das sehr viel später veröffentlichte geniale Rain in Adam's town erinnert, nimmt What Maggie will remember schon viel der nach dem Ende von GYPSY KYSS veröffentlichten Dickes-Solo-Alben vorweg. Diese Nummer, übrigens unter Hardcore-Fans schon länger bekannt und gesucht, weil sie ab und an bei Michaels Konzerten zum Einsatz kommt, ist purster Singer-/Songwriter-Stuff, der einem Bob Dylan durchaus gut zu Gesicht stehen würde. Crazy waves aber hätte auch durchaus auf "Songs from a swirling ocean" ein gutes Bild abgegeben.
Mit Colours can stain und Last one in the world haben zwei bereits offiziell veröffentlichte GYPSY KYSS-Songs den Weg auf "Thirty-five" gefunden, die sich harmonisch einfügen und mit denen Michael wieder einmal unterstreicht, dass seine Soloveröffentlichungen gar nicht so weit von seinen GYPSY KYSS-Werken entfernt sind. Meist ist es nur die komplette Rockinstrumentierung und das aufwändigere Arrangement, das den Unterschied macht.
Akustikballaden wie One by one oder Learning to be lonely machen deutlich, dass Michael bereits zu GYPSY KYSS-Zeiten Songs schrieb, die in die Ecke der Folk-Poeten tendierten und damals definitiv nicht zu der Band gepasst hätten.
Einen sehr großen Anteil machen Songs aus der Zeit von 1992 bis 1995 aus, also jener Phase zwischen dem Ende von GYPSY KYSS und der Veröffentlichung von Michaels ersten beiden Soloalben "Uneven alley" und "Loose ends". Dieses Material ist akustischer Folk und Americana und hätte gut und gerne für ein weiteres Solo-Album gereicht. Vor allem das von Kerouac inspirierte Looking for America und das ruhige Settled scores lassen dabei aufhorchen.
Werfen wir noch einen Blick auf einige der neuen Songs. Das flotte The bells of Saint Andrews mit seinem griffigen Refrain geht locker als eine der bislang besten Michael Dickes-Kompositionen durch. Stücke wie Trying not to think, Been a long time oder Thinking just a little too much sind mittlerweile für Michael typische Songs. Spartanisch instrumentiert, ein Mann, eine phantastische Stimme, Gitarre und Harmonika, eben Michael Dickes pur.
Wir können festhalten: "Thirty-five" ist vor allem ein Album für eingeschworene Michael Dickes-Fans. Es bietet eine Vielzahl hochklassiger, interessanter Songs, die das bisherige Schaffen dieses außergewöhnlichen Künstlers abrunden.
Natürlich hat sich auch der eine oder andere schwächere Track dazwischengemogelt, was aber bei der Vielzahl der Stücke zu verschmerzen ist.
GYPSY KYSS-Fans sollten ebenfalls zugreifen, auch wenn die Mehrzahl der Songs aus einer stilistisch völlig anderen Welt stammen. Es lohnt sich trotzdem!
Tja, und vor allem Freunde der traditionellen Singer-/Songwriter-Schule, ich denke hier vor allem an die nicht tot zu kriegende Dylan-, Morrisson- und Young-Fraktion, sollten sich endlich einmal intensiv mit Michael Dickes auseinander setzen. Im Gegensatz zu den weitaus namhafteren Kollegen kann Michael nämlich singen. Vielleicht ist das sein größtes Manko, um in diesen Zirkeln die wohl verdiente Anerkennung zu finden.
Martin Schneider, 26.07.2002