Mannheim, Maimarkthalle, 14.12.2003 | |
Kaum ein Album hat 2003 so polarisiert wie der neueste Output der wohl größten Heavy Metal Band des Planeten "St. Anger".
Während sich die Kritiker am rohen, nach Garagendemo klingenden Sound der Scheibe störten, feierten die Befürworter die Rückkehr der San Francisco Bay Area Thrasher zu ihren Wurzeln. Waren es doch Alben wie "Kill 'Em All" (1983), "Ride The Lightning" (1984) und "Master Of Puppets" (1986), die Metallica vor nunmehr 20 Jahren an die Spitze der Bewegung katapultierten.
Nach einem kurzen Gastspiel im Sommer 2003 war die Aufregung groß, als für Dezember einige wenige Hallengigs auf deutschem Boden angekündigt wurden. Ich hatte Metallica zuletzt 1995 auf dem "Monsters Of Rock" in Donington gesehen. Auch schon wieder fast 10 Jahre her.
Wie also würden Metallica die Songs von "St. Anger" in ihr Set integrieren? Würde es gelingen, den Bogen über zwei Dekaden Bandgeschichte zu spannen, ohne wichtige Aspekte (z.B. die "Load"/"Reload"-Phase Ende der Neunziger Jahre zu übergehen? Und wie würde der Weggang des langjährigen Bassers Jason Newsted (Nachfolger des tödlich verunglückten und mittlerweile legendären Metallica Ur-Bassers Cliff Burton) verkraftet werden? Fragen über Fragen, die nach 150 Minuten Metallica in der Maimarkthalle zu Mannheim allesamt beantwortet wurden. Und um die Antwort auf die letzte Frage gleich vorweg zu nehmen: "Der Neue" am Bass hat seine Arbeit hervorragend gemacht!
Die Spannung war zum Bersten als gegen 21.30 Uhr endlich das Licht ausging und James Hetfield (voc), Lars Ulrich (dr), Kirk Hammet (g) und Robert Trujillo (b) die erfreulich einfach gehaltene Bühne, in die lediglich im hinteren Teil eine zweite Ebene eingezogen war, betraten. Und dann ging's ab! Als hätte es die verdammten Neunziger nie gegeben, folgten auf den Opener Blackened die Frühwerke Creeping Death, Seek And Destroy und Fade To Black! Oldie Night!
Die Stimmung in der restlos ausverkauften (trotzdem potthässlichen) Maimarkthalle war am kochen. Neben massig Heavy Metal Rentnern (Jahrgänge 1970 und früher) sah man erstaunlich (erfreulich?) viele junge Hüpfer mit Baggy Pants und Baseball Caps. Und alle waren begeistert.
Neben den live bereits präsentierten Stücken Frantic und St. Anger wurden vom aktuellen Album erstmals auch Dirty Window und The Unnamed Feeling präsentiert. Leider merkte man der Band an, dass die Songs neu im Set waren. An einigen Stellen holperte es noch etwas und die Koordination von Gesang und Instrumentierung war durchaus verbesserungswürdig. Aber was soll's? Der Stimmung tat das keinen Abbruch. Folgten doch ohne Atempause Highlights wie For Whom The Bell Tolls, Sad But True und Nothing Else Matters.
Nicht enden wollende Riffgewitter, die wie Maschinengewehrsalven die verrauchte Luft durchschneiden, in der Ferne Kampfgetümmel. Ein Hubschrauber im Anflug. Unter minutenlangen Explosionen und meterhohen Feuersäulen beendete man den regulären Set mit dem Antikriegs-Song One vom Album "...And Justice For All" (1988). Im Licht des Stroboskops offene Münder wohin man sah und die Gewissheit, dass man ausnahmsweise mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist.
Im ersten Zugabenblock feierten die über zehntausend Fans "ihre" Band bei Enter Sandman und dem Titeltrack des 1986er Albums "Master Of Puppets". Letzteres in voller Länge von knapp 9 Minuten (die Band hatte es sich in den Neunzigern zum Leidwesen ihrer Anhängerschaft angewöhnt, nur die erste Hälfte des Stückes zu spielen). Und dazu schnell. Wirklich schnell!
Mit einer weiteren Zugabe konnte und durfte danach eigentlich niemand mehr rechnen. Und dennoch: Als die Massen schon den Ausgängen zustrebten, beendeten die Herren den Abend mit Die Die Die My Darling (vom "Cover"-Album "Garage Inc.", 1998) und dem famosen Hit The Lights. Die Alben "Load" (1996) und "Reload" (1997) wurden bei der Songauswahl übergangen, hätten aber auch nicht wirklich in die Setlist gepasst, die ihren Schwerpunkt eindeutig in den Jahren 1983 bis 1991 hatte.
In sechs Monaten schon kommen Metallica wieder und spielen in Deutschland eine Hand voll Open Air Shows. Nach der Erfahrung von Mannheim kann ich nur jedem empfehlen, sich diese Gelegenheit nicht entgehen zu lassen.