Mathias Schüller Fremder, Cactus Rock Records, 2015 |
Mathias Schüller | Gesang, Gitarren, Bass, Keyboards, Schlagzeug | |||
HB Hövelmann | Gitarren | |||
Nölli Rissel, Doc Sitter | Bass | |||
Brian Krumm | Gesang | |||
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CD 1: | CD 2: | |||
01. Noch Mal | 01. Silvester 61 | |||
02. Die Zeit | 02. Der Sog | |||
03. Tanz auf dem Vulkan | 03. Schwimmen mit den Meerjungfrauen | |||
04. Fremder | 04. Indien | |||
05. Drachenblut | 05. Märchenland | |||
06. Halbe Ewigkeit | 06. Tinte auf Papier | |||
07. Die Sonne | 07. Kopfsalat | |||
08. Willkommen Tristesse | 08. Paradies | |||
09. Baby Blue | 09. Ein kleiner Moment | |||
10. Musik mit dem Herzen | ||||
11. Ein letztes Mal | ||||
12. Chakamanka | ||||
13. Nicht allein | ||||
Das Leben im Allgemeinen und der Umgang mit demselben im Speziellen. ZwickeligeThemen, die uns alle beschäftigen, Gedanken, die einen von Zeit zu Zeit mächtig ins Grübeln bringen, ohne der Lösung auch nur einen Schritt näher zu kommen. Mathias Schüller findet auf seinem neuen Album - seinem vierten inzwischen - keine ultimative Antwort darauf, wie man das Leben zufriedenstellend in den Griff bekommt. Bei Schüller, dem Songbarden vom Niederrhein, gleicht demnach alles einem Tanz auf dem Vulkan.
Wer generell einen Hang zur Melancholie pflegt, liegt bei Schüller genau richtig. Tiefsinnige Gedanken, die einen nur befallen, wenn man auch den Mut besitzt an der Oberfläche zu kratzen, breitet der Songwriter aus Wesel vor uns aus. Schüller lässt uns ganz freimütig teilhaben an seinem Drahtseilakt zwischen Optimismus und Pessimismus. Von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. In vielen Momenten fühlt er sich unsicher, unschlüssig, schwankend, wie ein Fremder in seiner eigenen Haut, schnappt sich seine Akustikgitarre und flüchtet sich in Lieder wie Willkommen Tristesse. Kurze Zeit später badet er in Drachenblut, verliert sich in seinen eigenen Adrenalinwellen und betet Die Sonne an. Diesen Song versieht Schüller sogar mit reichlich Hitcharakter.
Der bärtige Barde bevorzugt einen eigenwilligen Stil. Gern genommene Vergleiche mit Künstler X oder Y greifen hier nur selten. Seine Songs geraten eher schrullig als lieblich, eher sperrig als gleichförmig. Mainstream geht wahrlich anders. Der Sänger und Multiinstrumentalist pflegt seine eigene Marke hingebungsvoll und zielsicher, lässt sich gelegentlich von Leuten wie Brian Krumm von den GREAT CRUSADES gesanglich unterstützen und vertraut erneut auf die elektrischen Saitenkünste seines alten Kumpels HB Hövelmann.
Mathias Schüllers neue Platte entwickelte sich so ganz nebenbei sogar zum Doppelalbum. Wie man liest, sprudelten die Ideen nur so aus ihm heraus. 22 Lieder erblicken auf diese Weise das Licht der Welt, wobei sich die erste Scheibe als die zugänglichere von beiden erweist.
Teil Zwei des Doppeldeckers öffnet mit einem recht kruden und verspukten Instrumental und mündet in einer neblig-frostigen Kontemplation übers Leben am Silvesterabend 1961. Schwimmen mit den Meerjungfrauen gerät ungewohnt rockig, setzt auf Powerchords und sägende Slide-Guitar Paraden. Gleich im Anschluss bezirzt uns Schüller mit dem ganz wunderbaren Indien, einer akustischen Ode an die Liebe, gemäß dem Motto: "Jede Reise hat ein Geheimnis, jede Liebe ein Risiko".
Und auch wenn die Kraft der Gedanken dem Künstler allzu gerne jede Menge Kopfsalat beschert, bleibt doch die Gewissheit, dass die Tinte auf dem Papier als Therapie durchaus taugt und Musik mit dem Herzen immer seine Hörer finden wird.
"Fremder", bisher ganz sicher Mathias Schüllers bestes Album.