Mathias Schüller Der Goldene Plan, Artists Own/NRW Vertrieb, 2005 |
Mathias Schüller | Gesang, Schlagzeug, Bass, Gitarre, Piano, Orgel | |||
Olaf Herrmanns | Mandoline | |||
Heinz Bernd Hövelmann | Piano | |||
Michael Gertönis | Slide-Gitarre | |||
Frank Schut | Mundharmonika | |||
Martin Penning | Trompete | |||
Petra Schüller | Gesang | |||
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1. Böhmische Dörfer | 7. Du bist aus Schnee | |||
2. Wenn ich wiederkomm | 8. Eff sechs | |||
3. Das Adidas-Hemd | 9. Hysterie | |||
4. Ich atme deinen Sauerstoff | 10. Balance | |||
5. Höhle | 11. Der goldene Plan | |||
6. Es ist vorbei | ||||
"Der goldene Plan existiert. In den fünfziger Jahren zu Zeiten von Kurt Kräcker gab es ihn in Wesel. Er wirkt nach. In der Mitte meines Lebens genieße ich die Gelassenheit."
Mathias Schüller, Songschmied aus Wesel am Niederrhein, umreisst in diesem kleinen Textauszug aus seinem Debutalbum "Der Goldene Plan", schon die eine oder andere Koordinate seines musikalischen Universums.
Tatsächlich greift Schüller auf eine fast dreissigjährige Erfahrung in Sachen Schlagzeugspielen zurück und seine Vita erzählt von der abenteuerlichen Odyssee durch zahlreiche, unterschiedlich geartete Rockbands. Im gesetzten Alter von 45 sieht sich der langmähnige Weselaner nun in der Verfassung, das verdutzte Publikum mit einem Tondokument zu überraschen, welches ihn als ausgewiesenen Multiinstrumentalisten präsentiert.
Neben dem vertrauten Schlagzeug bearbeitet er Gitarren, Bässe, Orgel und Piano und zelebriert seine nachdenklichen, tiefsinnigen und bisweilen kryptischen Texte mit einer nicht unbedingt als schön, so aber ganz gewiss als eigenwillig zu beschreibenden Stimme. So wie das komplette Album dem Hörer auf gewisse Art und Weise als eigenwillig, störrisch und sperrig begegnet. Immer ein wenig düster, oft sehr in Molltönen schwelgend. Aber immer auch für harmonische Überraschungen gut. Mandoline, Mundharmonika und Slide-Gitarre sorgen für die unentbehrliche Erdung des Projekts. Marcus Holzapfel, ehemaliger Produzent von Tom Liwas FLOWERPORNOES kleidet Schüllers Visionen in einen kühlen, manchmal etwas kachelig anmutenden Sound, der den Hörer ständig knapp auf Distanz hält.
Momente klarer und konventioneller Schönheit sind auf den ersten Blick nur wenige zu erspähen. Das zeitweilig Spröde in Schüllers Musik schmiegt sich in einen dunkelgetönten, kaum transparenten Umhang. Ein Songwriter, der tendenziell eher in die Ecken blickt in denen sich auch Leute wie Blixa Bargeld, Tom Liwa, Jochen Distelmeyer, Sven Regener und möglicherweise Nick Cave aufhalten.
Das zu Herzen gehende Wenn ich wiederkomm erzählt die bittere Geschichte des Verlassenen in klaren bedrückenden Bildern und mündet gegen Ende unter der Begleitung von Martin Pennings gestopfter Trompete im Labyrinth eines verwunschenen Gartens.
Das zugänglichste Stück, das gedämpft poppige Du bist aus Schnee, wartet mit sehr schönem Refrain auf und beklagt sich über die zaudernde Unentschlossenheit, die engstirnige Einbahnstrassenmentalität mancher Zeitgenossen und ist offenbar dem musikalischen Vermächtnis Jeff Buckleys gewidmet.
Dem irrwitzigen Mini-Experimentalstück Hysterie, das dem vertonten Albtraum eines in die Enge getriebenen Gollums gleichkommt, folgt ein weiterer schöner Glanzpunkt: Das offenherzige und zwischen Verzweiflung und Hoffnung pendelnde Balance überzeugt mit glasklaren Aussagen. Schüller scheint zu wissen, dass die Kraft der Melancholie keine zerstörerische ist.
Alles in allem ein abenteuerlustiges, wagemutiges, nicht immer begreifbares Stück Musik von einem Künstler, der einem nicht egal sein darf. Denn Mathias Schüller setzt die Vision seines goldenen Planes zielstrebig und einzigartig um. Dafür gebührt ihm, bei aller Verschrobenheit, Respekt.