Happiness Is The Road, Eigenproduktion, 2008 | ||||
Steve Hogarth | Vocals | |||
Mark Kelly | Keyboards | |||
Ian Mosley | Drums | |||
Steve Rothery | Guitars | |||
Pete Trewavas | Bass Guitar | |||
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Volume 1: Essence | ||||
01. Dreamy Street | 07. Woke Up | |||
02. This Train Is My Life | 08. Trap The Spark | |||
03. Essence | 09. A State Of Mind | |||
04. Wrapped Up In Time | 10. Happiness Is The Road | |||
05. Liquidity | 11. Stille | |||
06. Nothing Fills The Hole | 12. (Half Full Jam) | |||
Volume 2: The Hard Shoulder | ||||
01. Thunder Fly | 06. Half The World | |||
02. The Man From The Planet Marzipan | 07. Whatever Is Wrong With You | |||
03. Asylum Satellite # 1 | 08. Especially True | |||
04. Older Than Me | 09. Real Tears For Sale | |||
05. Throw Me Out | ||||
Die britische Neo-Prog-Legende MARILLION ist mir vor allen Dingen aus ihrer Zeit mit FISH noch in allerbester Erinnerung. Ich fand alle vier Studioalben 'Script For A Jester's Tear' (1983), 'Fugazi' (1984), 'Misplaced Childhood' (1985) und 'Clutching At Straws' (1987), die Konzertmitschnitte 'Real To Reel' (1984) und 'The Thieving Magpie (La Gazza Ladra)' (1988), sowie die EP 'Brief Encounter' (1986), die aus dieser Bandphase stammen, wirklich gut und nannte sie dementsprechend auch mein Eigen. Außerdem gönnte ich mir mit Freuden einen Gigbesuch. Nachdem MR. DICK ausgestiegen war, ging ich zunächst auf Distanz zu den Briten. MARILLION waren für mich und viele andere Fans ohne ihren charismatischen und hünenhaften Frontmann schlicht und ergreifend nicht vorstellbar. Es dauerte dann immerhin gute sechs Jahre, bis ich mich wieder für ihre Musik zu interessieren begann. Schuld daran trug einzig und allein 'Brave', ein Konzeptalbum aus dem Jahr 1994, auf welches ich durch puren Zufall aufmerksam wurde, das ich auch heute noch schlicht und ergreifend für ein Meisterwerk halte. Auf der dazugehörigen Tour, in deren Verlauf ich eine Show erleben konnte, spielte der Fünfer die Scheibe komplett und überzeugte mich damit restlos davon, dass auch mit der Stimme und dem Gesangsstil von STEVE HOGARTH, die so sehr im Gegensatz zu Anlagen und Technik seines Vorgängers stehen, Großes machbar ist. Danach widmete ich der Truppe wieder etwas mehr Aufmerksamkeit und legte mir die Studiowerke 'Seasons End' (1989) und 'Holidays In Eden' (1991) nachträglich zu. 'Afraid Of Sunlight' (1995), 'This Strange Engine' (1997), 'Radiation' (1998) und 'Marillion.com' (1999) kaufte ich dann jeweils zeitnah zur Veröffentlichung. 'Made Again' (1996), eine starke Auftrittskonservierung, wanderte auch in meine Sammlung. 1997 ging ich nochmals zu einem Konzert, das mich aber nicht wirklich mitzureißen vermochte. Daraufhin verlor ich erneut mein Interesse an MARILLION, was bis heute eigentlich auch so geblieben ist. Mal abwarten, ob sich das mit dem neuesten Output wieder ändern wird.
Das Quintett hat gerade seine fünfzehnte Studioproduktion, immerhin schon die elfte mit STEVE HOGARTH am Mikrofon, fertig gestellt. 'Happiness Is The Road' heißt das Doppelalbum. Es besteht aus den zwei Teilen "Volume 1: Essence" (CD 1) und "Volume 2: The Hard Shoulder" (CD 2).
"Volume 1: Essence": MARILLION behandeln hier im Rahmen eines Konzeptes die Frage aller Fragen nach dem Sinn des irdischen Daseins. Sie tun das sowohl mit der bei diesem stets aktuellen Thema gebotenen Ernsthaftigkeit, als auch dem erforderlichen Feingefühl. Die Bandbreite des Materials reicht von flotten und rockigen bis hin zu langsamen und balladesken Klängen. Es sind aber noch jede Menge Nuancen dazwischen auszumachen. Vieles ist im steten und bedächtigen Fluss begriffen, während anderes, wenn schon nicht hektisch, dann zumindest doch unruhiger daherkommt. Über allem thronen geschmeidige, zum Teil poppige, Melodien und damit die Eingängigkeit. Die Tracks gehen zum allergrößten Teil nahtlos ineinander über, was bei einem Konzeptalbum auch niemanden überraschen sollte. Meine bevorzugten Tunes sind This Train is My Life, Essence, Wrapped Up In Time, Nothing Fills The Hole, Woke Up, Trap The Spark, A State Of Mind, Happiness Is The Road und (Half Full Jam) (ein, im Gegensatz zu den übrigen Nummern, ungeschliffen und kantig belassenes, spontan wirkendes Stück, eine Jam eben). Kurios ist, dass die Scheibe zwar zwölf Titel enthält, die Liste auf dem Cover jedoch nur bis elf reicht. Der Laser meines Players bemüht sich nach Kräften an der elften Stelle irgendeinen Ton aufzuspüren, findet aber, genau, keinen einzigen. Stattdessen wird dem Hörer eine zweiminütige Kunstpause geboten. Erst danach kommt auf Position zwölf der letzte Tune. Wieso und weshalb, erschließt sich mir nicht so ganz.
"Volume 2: The Hard Shoulder": MARILLION offerieren hier eine Reihe von Songs ohne jeglichen konzeptionellen Zusammenhang. Auch hier geht es in der Regel ruhig und gelassen dahin, darf aber immerhin ein wenig öfter rocken und somit flotter werden als im ersten Teil. Hinzu kommen dann noch ein paar jazzige Einsprengsel. Die Melodien sind anschmiegsam, wohltuend und immer mal wieder poppig. Meine Anspieltipps lauten wie folgt: Thunder Fly, The man From The Planet Marzipan, Asylum Satellite # 1, Half The World, Whatever Is Wrong With You und Real Tears For Sale.
Die in weiten Teilen für MARILLION typische musikalische Darbietung ist, wie nicht anders zu erwarten, erstklassig und genügt höchsten Ansprüchen, auch wenn ein wenig mehr Spontaneität der Sache sicher nicht geschadet hätte. Neben dem üblichen Prog-Instrumentarium kommen noch Dulcimers, Glockenspiele, Harfe, Harmonium, Schlittenglocken, Waldhörner und Zither zum Einsatz. Der leicht hohe und stellenweise sogar zerbrechlich wirkende, für die Band längst zum unverzichtbaren Erkennungsmerkmal gewordene, Gesang rundet 'Happiness Is The Road' harmonisch ab. Die Produktion sorgt dafür, dass kein noch so kleines Detail verborgen bleibt. Der Sound ist vortrefflich.
Auf 'Happiness Is The Road' bieten MARILLION zwar keine bahn brechenden Neuerungen im Bereich des Neo-Prog, können aber zumindest für sich in Anspruch nehmen, diesem Subgenre alle Ehre zu machen. Die Anhänger der Band werden das Set ohnehin erstehen und tun gut daran, da es sich wunderbar in die Diskografie ihrer Favoriten einfügt. Alle anderen, die sich für anspruchsvolle und qualitativ hoch stehende, aber dennoch im Ohr hängen bleibende Musik erwärmen können, sollten sich ebenfalls keinen Zwang antun und zumindest mal reinhören.
Ach ja, wie sieht es denn jetzt eigentlich mit meinem Interesse an MARILLIONs Musik aus? Nun, ich werde die Band künftig wieder vermehrt im Auge behalten.
Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass 'Happiness Is The Road' ausschließlich über die offizielle Homepage der Band erworben werden kann. Es ist, denkt man an die ungewöhnliche Idee der Vorfinanzierung der Alben 'Anoraknophobia' (2001) und 'Marbles' (2004) per Vorbestellung durch die Fans, sicher nichts besonderes mehr, dass MARILLION auch ohne Plattenfirma auskommen.