Thunder

Luke Morley

"Hendrix hätte sogar mit einem Kricketschläger toll ausgesehen"

( English translation by Google Translation by Google )

Interview

Reviewdatum: 17.05.2007

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Redakteur(e):

Epi Schmidt


Thunder
"Hendrix hätte sogar mit einem Kricketschläger toll ausgesehen", Interview

Nach unserer kleinen Odyssee zum Stuttgarter Longhorn schafften wir es vor dem Konzert in selbiger Location doch noch in den Tourbus von THUNDER, um uns zu einem weiteren Interview mit Gitarrist und Hauptsongschreiber der Band Luke Morley einzufinden. Gerne hätte ich mich auch mit Danny Bowes unterhalten, aber der Sänger steht an Konzerttagen, aus Rücksicht auf seine Stimme, nicht für Interviews zur Verfügung. Ich seh's ihm nach und zu einem kleinen Zwiegespräch kam es ja dann während des Auftritts.
Luke Morley & Epi "Watch your head", begrüßt mich Luke im Bus, auf die beschränkten und niedrigen Platzverhältnisse hinweisend. Davon abgesehen ist es hier relativ gemütlich und die Geräusche der anderen Bandmitglieder dringen von oben herab zu uns. Schauen wohl DVD.
Luke Morley ist, wie nahezu immer, gut gelaunt und schon sind wir im Gespräch:

Hooked on Music: So, Luke, da wären wir, schön dich wieder zu treffen. Ihr Jungs habt eine neues Album draußen, welches "Robert Johnson's Tombstone" heißt, übrigens ein tolles Album...
Luke Morley: Danke...
HOM: ... auf dessen Titelsong ihr bluesiger klingt als je zuvor. Warst du jemals in diesen Bluesgegenden, Tennesse...
Luke: Nein, ich war zwar schon in den Staaten, aber dort war ich tatsächlich noch nie...
HOM: ...also auch nicht an einem von diesen, in dem Titelsong beschriebenen, Grabsteinen...
Luke: Nein, aber nachdem ich die Idee für dieses Album hatte, betrieb ich dann einiges an Nachforschungen zu Robert Johnson, schaute mir viele Websites an und bekam so ein bisschen einen Eindruck, was da so ablief. Es war sehr interessant und teilweise auch lustig und es erlaubte mir, mit THUNDER in einem bluesigeren Stil zu schwelgen als jemals zuvor. Das war schon cool.
HOM: Würdest du Robert Johnson als einen Einfluss auf deinen Musikgeschmack und deine Spielweise bezeichnen?
Luke: Nun, um ehrlich zu sein: Nicht wirklich. In gewisser Weise indirekt natürlich schon, denn ich wuchs auf und hörte mir Bands wie LED ZEPPELIN, CREAM und Jimi Hendrix an und offensichtlich hatte er einen Einfluss auf diese Bands und besonders Gitarristen wie Jimmy Page und Eric Clapton. Da ich wiederum von denen beeinflusst wurde, wurde das dann natürlich an meine Generation weitergegeben.
HOM: In dem Titelsong heißt es: "Did the devil really buy your soul?" Hättest du denn deine Seele an den Teufel verkauft?
Luke: Ich glaube, ich hab das bereits getan. Vor ein paar Jahren. [lacht]
Ach, ich weiß nicht, ich war eigentlich nie sonderlich abergläubisch...
Was mich an Robert Johnson interessierte, waren diese ganzen Mythen und Legenden um ihn herum, die mir dann die Idee für den Song lieferten. Diese tollen Geschichten: Verkaufte seine Seele an den Teufel, war ein Frauenheld, trank gerne, starb sehr jung..., er war so etwas wie der erste Rockstar. Ich meine, er starb sehr jung und mochte all die Dinge, die du eigentlich nicht mögen solltest [lacht]. Ein interessanter Bursche.

HOM: Wie du schon bei unserem letzten Interview angekündigt hast, schriebst du einen Song auf dem neuen Album mit eurem Bassisten Chris Childs, Last Man Standing, der so ein bisschen LED ZEPPELIN Einflüsse aufzuweisen scheint...
Luke: Ja, sicher. Ich meine...
HOM: ... wie ging denn diese Zusammenarbeit vonstatten?
Luke: Nun, Chris schickt mir eine Menge von Ideen und bei einer kam ich dann auf dieses fantastische Riff, welches zum Hauptmotiv dieses Songs wurde. Ich hatte dann eine Idee für einen Text, der da gut dazu passte, und dann lief das fast wie von selbst. Dieses eine, kleine, Riff - sehr einfach, aber auch sehr kraftvoll - lieferte mir den ganzen Schub für diesen Song. Wenn man diesen "half-time-groove" und einen powervollen Gitarrensound hat, klingt natürlich immer etwas nach LED ZEPPELIN, nehme ich an. Das stört mich nicht, denn sie waren immer ein großer Einfluss auf mich und den Rest von THUNDER, und da reflektiere ich das gerne.
HOM: Werden Chris und du mehr zusammen schreiben?
Luke: Ja, ich hoffe doch, denn Chris ist sehr musikalisch und er hat schon angefangen mir Ideen für das nächste Album zu schicken. Das ist fein und je mehr Leute sich beteiligen, desto mehr Ideen kommen zusammen und erweitern das Spektrum. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn sich die anderen am Songschreiben beteiligen. Nur weil ich nahezu alle bisherigen Songs auf den Alben verfasst habe, heißt das nicht, dass ich nicht möchte, dass sich die anderen beteiligen. Das hatte sich nur so entwickelt.
HOM: So ein bisschen wie bei Pete Townshend und THE WHO.
Luke: Ja, nehme ich an.
HOM: War das der erste Song, den ihr für das Album verfasst habt?
Luke: Nein. Tatsächlich war der erste Song The Devil Made Me Do It.
HOM: Es sind alles neue Songs? Oder manches was schon früher geschrieben wurde und du wieder aufgegriffen hast?
Luke: Im Prinzip sind es alles neue Songs. Wenn ich mich mit meiner Gitarre hinsetze und experimentiere, greife ich schon natürlich auch alte Ideen auf, aber ich lasse die Songs sich entwickeln. Weiß du, ich bin nicht sonderlich gut darin, zu analysieren wie ich das mache, aber ich weiß und höre es wann etwas gut klingt und wann nicht [lacht].

HOM: Mal abgesehen von der Zusammenarbeit mit Chris, ist es jedenfalls so, dass du nahezu alles für THUNDER schreibst. Nimmst du die Songs komplett zuhause auf, bevor du sie an die Band gibst?
Luke: Ja, überwiegend...
HOM: ... oder gehst du auch schon mal her und wirfst den Jungs etwas halbfertiges hin um zu sehen, was daraus wird?
Luke: Also, bei diesem Album wurde alles vorher (von mir) als Demo aufgenommen und jeder kannte die Songs genau, bevor wir ins Studio gingen. In der Vergangenheit war es manchmal auch anders. Bei..., ähm, wie hieß das Album..., "Giving The Game Away", und der Song..., Numb! Die Idee für den Song bekam ich buchstäblich im Auto auf dem Weg zum Studio. Ich ging rein und sagte: "Wir nehmen jetzt nichts von dem anderen Kram auf, sondern zuerst das hier". Und der gesamte Song entstand da im Studio. Manchmal kann es also auch sehr spontan zugehen.
Aber: Ein sehr weiser Mann sagte einmal zu mir, die meisten großartigen Alben wurden gemacht, lange bevor es an die Aufnahmen im Studio ging. Weil ein wichtiger Part das Schreiben, die Arrangements und das ganze Drumherum ist. Auf diese Art..., wenn alles schon vorher ausgefeilt wurde und das richtig gut, dann ist es viel einfacher, einen Song aufzunehmen. Jeder kann und kennt seinen Part und fühlt sich somit viel besser, lockerer, beim spielen. Fängt man erst im Studio an die Sachen zum laufen zu kriegen, kann das sehr frustrierend werden. Das rote Licht geht an und wenn man dann nicht richtig vorbereitet ist, hat man natürlich Schwierigkeiten.
HOM: Schön. Das erklärt ein bisschen von deiner Arbeitsweise. Hast du eine bevorzugte Zeit fürs Songschreiben? Etwa früh am Morgen oder spät nachts?
Luke: Nun, es ist unterschiedlich, aber normalerweise hab ich die meisten meiner richtig guten Ideen spät in der Nacht. Sehr zum Ärger und Frustration meiner Freundin... [lacht].
Aber, das sind zwei verschiedene Dinge, denn die Ausarbeitung, die "hard work", muss auch noch erfolgen. Jeder kann eine Idee haben. Aus vier Takten muss ja noch ein Song von, sagen wir, vier Minuten entstehen, man braucht einen Text und muss alles zusammenfügen. Diese Sachen mache schon eher tagsüber.

HOM: Als ich euch das letzte Mal auf der Bühne sah, in Darmstadt vor 1 ½ Jahren, spieltest du über Hughes & Kettner Verstärker. Diesmal bist du anscheinend wieder zurück zu Marshall Verstärkern gekehrt. Was sind die Gründe dafür?
Luke: Nun, Marshall haben kürzlich..., ich glaube sie kommen gerade erst auf den Markt, einen Verstärker herausgebracht, der "Vintage/Modern" heißt. Und der Typ der diesen Amp entwickelt hat, begann erst unlängst für Marshall zu arbeiten. Weißt du, Marshall war über Jahre hinweg nicht so toll. Jedenfalls nicht verlässlich, manche klangen gut, manche nicht. Wenn du Glück hattest und einen guten erwischtest: Klasse! Aber oft genug...
HOM: ... war das der Grund für diese Hughes & Kettner Verstärker?
Luke: Na, ja, nicht unbedingt. Jemand kam zu uns und meinte, wir sollten die doch mal probieren, was wir taten und sie waren auch gut, aber doch nicht genau das, was wir suchten. So, dieser Typ bei Marshall nahm Kontakt mit uns auf und sagte: Schaut, ich habe hier diesen Verstärker entwickelt, von dem ich denke, dass er der perfekte Classic-Rock Gitarrenverstärker ist. Wollt ihr nicht mal vorbeikommen und ihn ausprobieren? Also fuhren wir hoch nach Milton Keynes, wo die Marshall-Verstärker gebaut werden, stöpselten unsere Gitarren ein und es klang exakt so, wie es der Typ beschrieben hatte. Egal ob du eine Stratocaster oder eine Les Paul angeschlossen hast, es war ein richtig genialer Rock-Sound.
Wenn wir aufnehmen, dann wollen wir ja den Gitarrensound hundertprozentig perfekt haben und genauso klang das. Wir sagten gleich: "Ändere bloß nichts mehr an diesem Verstärker!" Der ja noch gar nicht fertig war. Also noch ohne Gehäuse und alle Regler, die Drähte hingen so herum. Als wir das nächste Mal probten, riefen sie an und sagten, dass der Verstärker fertig wäre und sie schickten uns einen. Wir testeten ihn und er war perfekt. Der perfekte Gitarrenverstärker! Und ich sage so etwas nicht leichtfertig. Ich kriege kein Geld dafür, dass ich das sage [lacht]. Er klingt einfach so hervorragend und genau die Vorzüge...
HOM: 100 Watt?
Luke: Ja, 100 Watt, aber sie bauen auch einen 50 Watt. Er hat einen wundervollen natürlichen Zerrsound, ohne zu lärmen. Kein Krach, und er reagiert wunderbar auf die Regler an der Gitarre, wenn man etwa den Volume-Regler etwas zurück dreht, sodass man mit einem cleaneren Sound spielen kann, wenn man möchte. Viele Verstärker reagieren nicht so auf die Gitarre. Wenn man da die den Lautstärkeknopf zurück dreht, klingen sie einfach scheiße.
HOM: Ja, da gehen oft die Höhen verloren...
Luke: Ja, genau, aber nicht bei diesen. Die klingen fabelhaft.

HOM: Kommen wir mal zu deinen Gitarren. Zuletzt spieltest du auf der Bühne hauptsächlich eine (Gibson) Flying V. Ist das immer noch der Fall?
Luke: Ja, weil...
HOM: Was ist so besonders daran?
Luke: Nun, es ist eine sehr schöne Gitarre. Aber: Es geht mir nicht so sehr darum, sondern..., ich hatte in der Tat starke Rückenprobleme und mein Arzt meint, dass eine Les Paul nicht gerade förderlich für eine Linderung wäre. Also versuchte ich eine ebenbürtige Gitarre zu finden, die aber leichter war. Ich probierte eine SG aus [Anm.: spielt u.a. Angus Young], aber am besten fühlte sich diese Flying V an, klang sehr gut und hat etwas, was eine Les Paul nicht hat: Obwohl es aussieht, als wäre sie größer, hat sie weniger Holzmasse und klingt dadurch cleaner. Und ich finde, das klingt deutlich besser, wenn man Lead-Gitarre spielt.
HOM: Das ist ja interessant, da ich auch mit Rückenproblemen zu tun habe und ich spiele Les Pauls.
Luke: Ein sehr guter Freund von mir, Andy Taylor [Anm.: früheres Mitglied von DURAN DURAN und Produzent des ersten THUNDER Albums], er ist nur kleiner Kerl, aber er spielt auch Les Pauls und auch er hat Probleme mit seinem Rücken.
HOM: Eine Menge von den Typen, die früher Les Paul Gitarren gespielt haben, sind über die Jahre zu Paul Reed Smith Gitarren gewechselt. Hattest du jemals ähnliche Tendenzen?
Luke: Ich weiß, es heißt sie wären fantastisch. Ich denke, sie sehen nicht sonderlich "sexy" aus [lacht]. Das mag sich dumm anhören, aber wenn du vor zweitausend Leuten Gitarre spielst, willst du einfach, dass es verdammt gut aussieht. Wie sehen die aus? Nicht richtig nach Gibson und nicht richtig nach Fender.
Gitarrendesign ist eine interessante Sache. Manche werden Klassiker, aber man kann das eigentlich erst nach 20 bis 30 Jahren richtig beurteilen. Wenn man sich die Gitarren anschaut, die in den 80ern aus Amerika kamen, die Jacksons und Charvels u.s.w. [verzieht das Gesicht], die haben einfach nicht überdauert. Beeindruckenderweise spielen die Leute immer noch Les Pauls, Stratocasters, Telecasters. Und die wurden vor 50 oder 60 Jahren kreiert. Möglicherweise noch vorher. Und sie sind immer noch gut, funktionieren gut, fühlen sich gut an, wenn man sie umhängt, und sehen klasse aus. Ich meine, Hendrix ist doch kaum vorstellbar ohne seine Stratocaster. Ok, Hendrix hätte sogar mit einem Kricketschläger toll ausgesehen, aber die Gitarre wird irgendwie so was wie ein Teil von dir. Ich fühle mich nach wie vor am besten mit einer Les Paul auch wenn ich eine Flying V auf der Bühne spiele. Ich habe auch einige Stratocasters, aber wenn ich mich damit hinstelle, fühle ich mich damit einfach nicht so gut. Keine Ahnung warum, es ist einfach so.
HOM: Geht mir ähnlich. Ich spiele dann schon lieber eine Telecaster.
Luke: Ja, ich mag Telecasters auch sehr. Ich benutze sie sehr oft für Aufnahmen.

Luke Morley & Epi HOM: Nächstes Thema. Als ihr 2005 in Darmstadt gespielt habt, gab es keinerlei Beschränkungen für Fotografen. Man durfte das ganze Konzert über fotografieren und jetzt heißt es: Nur während der ersten drei Songs und kein Blitzlicht. Was ist der Grund dafür?
Luke: Ich weiß es nicht, ich werde mal nachfragen.
[Natürlich eine sehr diplomatische Antwort, die ein Nachhaken fordert]
HOM: Ich meine: Wollt ihr nicht, dass man euch verschwitzt sieht? Genau das wollen doch eure Fans sehen, wie ihr alles gebt. Darum geht es doch bei einem Konzert.
Luke: Ja, sicher. Also ich verstehe das auch nicht. Ich werde rausfinden, was da vorgeht.
[Ich will es ihm glauben und lasse es dabei bewenden]

HOM: Zur einem andern Thema. Du hast das Rauchen aufgegeben, stimmt das?
Luke: Korrekt.
HOM: Ich ebenfalls.
Luke: Ich rauche immer noch... eine Zigarre. Aber, ich inhaliere nicht. Okay, ich weiß, das hört sich an wie Bill Clinton [lacht]. Manchmal fühlt sich das gut an, einen Drink und eine Zigarre, aber Zigaretten rauche ich überhaupt nicht mehr. Die ersten drei Monate war es schwierig, aber nun...
HOM: Wie hast du es geschafft?
Luke: Einfach Stopp. Cold Turkey. Es war zunächst schwierig, aber bald begann ich mich besser zu fühlen. Ich ging ins Fitnessstudio, begann zu laufen, wurde dadurch einfach fitter. Wenn du rauchst, oder auch wenn du nicht rauchst, und z.B. in den Pub gehst, am nächsten Tag riecht alles, Kleider und so, nach Rauch und Zigaretten und das [verzieht das Gesicht] stört einen schon. Meine Freundin raucht immer noch. Sie war allerdings nie ein großer Raucher, im Gegensatz zu mir. Sie raucht vielleicht zwei oder drei Zigaretten am Tag, während ich vielleicht 40 geraucht habe, zwei Packungen am Tag. Da sie also immer noch raucht, bekam ich ab und zu etwas von dem Rauch ab, was mich manchmal störte, manchmal aber auch nicht. Jedenfalls half mir das in gewisser Weise, die erste Zeit zu überstehen. Viel zu sehr hatte ich mir das Rauchen zu einer Gewohnheit gemacht: Die Gitarre umhängen - eine Zigarette anzünden. Vor dem Auftritt - eine Zigarette. Nach dem Auftritt - eine Zigarette. Es dauert eine Weile, bis man sich dazu erzieht von solchen Angewohnheiten zu lassen. Ich vermisse das inzwischen kein bisschen mehr.

HOM: Okay [händereibend], als wir uns das letzte Mal unterhielten, stand die Fußballweltmeisterschaft bevor...
Luke: Oh nein, müssen darüber reden?
HOM: Ja, da müssen wir schon einen Blick zurück werfen. Warst du bei einem der Spiele?
Luke: Nein.
HOM: England war ja bei weitem nicht so erfolgreich wie geplant.
Luke: Das war sehr enttäuschend. Es ist immer noch eine Enttäuschung.
HOM: England spielte Unentschieden gegen Schweden, erneut kein Sieg...
Luke: Immer noch eine Enttäuschung. Wir hätten gestern gewinnen müssen. [Anm.: Am Abend zuvor spielte England in der Qualifikation zur Europameisterschaft gegen Israel]
HOM: Ja, nur ein Unentschieden in Israel. Glaubst du, die Mannschaft wird es schaffen zur Endrunde in Österreich und der Schweiz im nächsten Jahr?
Luke: Ich bin mir nicht sicher. Normalerweise bin ich immer optimistisch, denn ich denke, dass wir gute Spieler haben. Aber unser Problem..., unser Problem scheint zu sein..., also, ich denke nicht, dass man Sven-Göran Eriksson einen Vorwurf machen kann, denn wir waren immer qualifiziert, schafften es zweimal hintereinander ins Viertelfinale... Jetzt haben wir einen international sehr unerfahrenen Mann als Trainer/Manager...
HOM: Steve McClaren.
Luke: Ja. Als Trainer sicher ein guter Mann, sehr fortschrittlich in seinen Ideen, aber..., als Manager..., ich denke, er ist der falsche Mann für den Job. Wir haben besser Leute in England. Sam Allardyce, der die Bolton Wanderers managt [Anm.: Was mittlerweile schon nicht mehr stimmt. Seit 15. Mai 2007 ist er Trainer bei Newcastle United], ist ein junger, sehr guter Manager. McClaren kann sicher ein gutes Training leiten, aber wir hätten bessere Leute um die Nationalmannschaft zu vertreten.
Wir haben in England wirklich talentierte Spieler, aber was uns fehlt..., Wayne Rooney ist ein außergewöhnlicher Spieler, Joe Cole ist ein wichtiger Mann. Wir haben viele gute Verteidiger, John Terry, Garry Neville, hatten immer gute Torhüter in England, wir haben klasse, offensive Mittelfeldspieler mit Steve Lampard und Steve Gerrard. Was uns vielleicht fehlt, ist jemand wie..., jemand wie Paul Gascoigne. Ein richtiger Spielmacher, wie Günter Netzer, der den Ball nehmen konnte etwas Besonderes machen. Der ein Spiel drehen kann. In England glauben sie, Steven Gerrard wäre so einer, aber das ist nicht so. Er ist gut im Spiel nach vorn, aber er ist kein Genie. Jedes große Team hat jemanden wie Zidane, und so einer fehlt uns einfach. Und deswegen habe ich Zweifel, ob wir es in die Endrunde schaffen werde.
Der englische Fußballverband machte einen Fehler, in dem er zu früh Scolari [Anm.: Portugiese, ehem. Trainer Brasiliens] als Nachfolger von Eriksson ankündigte. Somit war McClaren von Beginn an der, der nur die zweite Wahl war.
HOM: Wird er nächstes Jahr noch Trainer sein?
Luke: Eine schwierige Frage, aber wohl kaum, wenn wir uns nicht qualifizieren sollten.

HOM: Gut, kommen wir zur letzten Frage. An diesem Wochenende (24./25. März 2007) feiert die Europäische Gemeinschaft ihr 50jähriges Bestehen. Wie du vielleicht weißt...
Luke: Nein, das wusste ich nicht.
HOM: Ja, weil du Engländer bist...
Luke: [lacht]
HOM: Trotzdem seid ihr ein Teil davon. Mit Herz und Seele?
Luke: Nun, ich denke, das ist schon eine großartige Sache und ich sehe nicht, warum wir den Euro nicht auch in England haben sollten. Ich denke, das Problem ist, weil wir auf einer Insel leben. Da kriegt man so eine Separatistenmentalität. Aber über die Jahre hinweg, ist das schon bedeutend geringer geworden. Ich meine, wenn man mal zwanzig Jahre zurück blickt, da waren die Engländer gegenüber der EU bedeutend misstrauischer. Inzwischen wird mehr gereist, überall hin, wir bekommen deutsches, italienisches, polnisches Essen in unseren Supermärkten - ein tolle Sache. Wir werden also langsam "internationaler" und rücken näher an die anderen Länder. Nach meiner Ansicht, je kleiner die Welt wird umso besser für alle.
HOM: Also wann wird der Euro auch die englische Währung sein?
Luke: Das ist eine sehr gute Frage. Ich denke, das hängt davon ab, wie sich England politisch entwickelt. Im Moment scheint alles ein und dasselbe zu sein. Tony Blair oder David Cameron - da gibt's keinen Unterschied. Lügner sind sie alle.
Irgendwann wird der Euro wohl kommen, aber wir können nicht anders: Dadurch, dass wir durch das Meer getrennt sind, werden wir immer eine etwas andere Mentalität haben. Wir können nicht anders.
HOM: Vielleicht sollte man mal eine Brücke bauen...
Luke: Ja, das wäre spaßig.
HOM: Okay. Solange ihr wieder nach Deutschland kommt, könnt ihr von mir aus jede Währung haben die ihr wollt.
Luke: Keine Sorge, wir kommen wieder.
Der näher rückende Auftritt des Abends beendet dann unser Gespräch, welches noch Stunden hätte dauern können und von dem ich euch manche zu fußballspezifischen Teile auch erspart habe.

Epi Schmidt, 17.05.2007

 

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