Wesel, Karo, 02.11.2007

Stills & Young, Loggins & Messina, Simon & Garfunkel. Dies sind wohl die naheliegendsten Koordinaten, um Joseph Parsons' und Todd Thibauds aktuelle Kollaboration musikalisch zu umreissen. Beide Akteure sind den meisten sicherlich als erfolgreiche Roots-Solokünstler des umtriebigen Blue-Rose-Labels bekannt und genießen gerade in Deutschland ein hohes Ansehen und eine treue Gefolgschaft. Gradmesser ihrer Beliebtheit, sowohl beim weiblichen als auch beim männlichen Teil ihres Publikums, dürfte wohl der für einen Club-Auftritt sehr rege zu nennende Zuschauerstrom am gestrigen Freitagabend gewesen sein. Schätzungsweise 120 Fans fanden sich bei ungemütlichem Dauernieselregen im Weseler "Karo" ein, um sich von Joseph Parsons und Todd Thibaud während des sechsten Konzerts ihrer langen Deutschland-Tour, die Herzen erwärmen zu lassen.

Parsons' und Thibauds alter Kumpel aus seligen HARDPAN-Tagen, Terry Lee Hale, schickte sich zunächst an, den Abend für seine beiden Freunde zu eröffnen, was ihm prinzipiell, alter Hase der er ist, unzweifelhaft gelang. Doch die Unwägbarkeiten der Technik kosteten Terry und seinem Begleiter am Elektro-Bass, Fingerbones, einiges an Nerven. Probleme, bis hin zum Ausfall des Gesangs und der Akustikgitarre, Knacken, Knistern, Rauschen, die ganze Palette technischer Pannen wurde präsentiert, aber letztlich recht gelassen und weltmännisch weggewischt. Zwischenzeitlich sah man Terry Lee seinen Ärger durchaus an, doch die gutgemeinten Rufe aus dem Publikum, sich nicht entmutigen zu lassen, forderten Hale und Fingerbones auf, ohne jegliche P.A.-Unterstützung ad hoc ein Instrumentalstück auf der Zwölfsaitigen zu zelebrieren. Im nicht allzu großen "Karo"-Saal und bei der sprichwörtlichen Aufmerksamkeit des Weseler Publikums funktioniert auch so etwas reibunglos. Terry Lee gab natürlich einige Songs seines derzeit aktuellen, wirklich empfehlenswerten Albums "Shotgun Pillowcase" zum Besten, die allerdings, in Anbetracht des Duo-Settings, nicht mehr ganz so viel mit den interessant arrangierten Tracks des Albums zu tun hatten. Doch Hales Songs funktionierten, wie sollte es anders sein, auch innerhalb dieser skellettierten Versionen. Ein gelungener Einstieg allemal.

Parsons Thibaud Parsons Thibaud

Völlig unspektakulär, ja geradezu kumpelhaft, enterten anschließend Joseph P. und Todd T. die Showbühne, deren technische Mängel längst behoben waren, und liessen ein Feuerwerk der guten Laune abbrennen. Allerdings nicht mit lauten Krachern und grellen Farben, sondern alles in allem sehr gedeckt, fast pastell, so als beobachtete man auf einem Hügel stehend aus sicherer Entfernung die zur Erde schwebenden Farbkleckse in der Nacht. Das hatte was von Heimeligkeit, Gemütlichkeit, ja, fast Zärtlichkeit, wiewohl diese beiden vertrauten Stimmen aufeinander eingingen, als seien sie für einander geschaffen. Traumhaft und wunderschön. Stimmen aus einer fernen Vergangenheit, die man in der Gegenwart kaum vermutet.

Parsons Thibaud Parsons Thibaud

Die beiden Akustikgitarren überzeugten mit ausgesprochen authentisch-seidigem Sound, Thibaud blies ein ums andere Mal seine Neil Young-Gedächtnis-Harp und während Parsons seinen "The Fleury Sessions"-Song Sun gonna shine vortrug, liessen sich tatsächlich einige der Anwesenden vollends vom Gute-Laune-Virus infizieren und rhythmisierten den Song durch freundliches Mitklatschen. Das gibt's nun auch nicht alle Tage im "Karo". Fehlten nur noch ausschweifende Jubelarien und spitze Mädchenschreie ...

Parsons Thibaud Parsons Thibaud

Was soll ich sagen, diese beiden Künstler passen einfach zusammen. Diese warmherzigen Vocals fliessen ineinander wie Kaffeepulver und heißes Wasser, wie Kakao und heiße Milch, wie Tee und Honig, wie Whiskey und Cola, ach, ich weiß nicht genau ... so oder so, die Songs ihres aktuell veröffentlichten Albums, mit dem schlichten Titel "Parsons Thibaud", darf man wohl mit Fug und Recht als Klassiker des traditionellen Songwritings bezeichnen. Und die alten Kompositionen aus Parsons' bzw. Thibauds Feder erlebten zudem eine gänsehauterzeugende Frischzellenkur.
Nicht ganz zu Unrecht prangt auf der Blue Rose Website der gutgemeinte Rat: "Leute, haltet eure Taschentücher bereit." Parsons & Thibaud bieten derzeit den perfekten Rettungsanker in einer herzlosen Zeit ... schnief ....

Frank Ipach, 04.11.2007

 

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