Wesel, JZ Karo, 17.10.2008

Manchmal ist es gar nicht so schlecht, einem erweiterten Vorprogramm zu lauschen. Neben Joseph Parsons und den angekündigten Holländern von OKIESON stand überraschenderweise noch ein gewisser John Francis auf dem Billing. Die Krux, einem immer wieder mal uninteressanten Support Act Aufmerksamkeit entgegen bringen zu müssen, löste sich am Freitagabend im Weseler 'Karo' aber glücklicherweise in Wohlgefallen auf.

Parsons

'Karo'-Chef Mathias Schüller sorgt dankenswerterweise mit seinen Bookings immer wieder für lohnende Aha-Effekte, wobei der gestrige Kurzgig des aus Philadelphia stammenden John Francis, der nebenbei als guter Kumpel Joseph Parsons' apostrophiert wurde, den Vogel abschoss. Ähnlich einnehmend wie im Frühjahr Liam Gerner als Support von Jason Isbell, konnte der charismatische, stets lächelnde und gute Laune verbreitende Amerikaner John Francis das Publikum mit seiner Akustischen und nur einer Handvoll Songs für sich gewinnen. Singer-Songwriter/Folk/Country hatte sich Francis für seine Mini-Visite auf die Fahnen geschrieben und gestaltete nach knapp 20 Minuten seinen Abgang vor ca. 40 Zuschauern in intimer Wohnzimmeratmosphäre, stöpselte kurzerhand seine Klampfe aus, kam von der Bühne herunter und schmetterte vehement seinen finalen Song in die aufmerksam lauschende Runde.
Diesen John Francis sollte man unbedingt im Auge behalten, zumal er kürzlich die Arbeiten an seinem kommenden Album abgeschlossen hat. Well done, Mr.Francis.

OKIESON, unsere Nachbarn aus den Niederlanden, versuchten ihre leichte Nervosität und Schüchternheit damit zu entschuldigen, erstmalig vor ausländischen Publikum aufzutreten, sie seien zuvor noch niemals aus den Niederlanden herausgekommen. Mensch, Jungs, dabei wohnt ihr doch in grenznahem Gebiet. Nimwegen ist nun wirklich ein Katzensprung. Deutschland lohnt sich immer und absolut. Doch Spaß beiseite, OKIESON's Gig gestaltete sich völlig anders als der von John Francis zuvor. Melancholisch, introvertiert, getragen, gemächlich, ohne großartige Höhepunkte. Wahrlich nicht schlecht, aber eben nicht so überzeugend wie auf ihrem CD-Debut "Tomorrow's Gone", wo einen die oftmals nebelverhangene Atmosphäre, immer wieder einen Silberstreif am Horizont verspricht. Gestern Abend haben mich OKIESON nicht sonderlich berührt, obwohl Frontmann Sebastiaan van Bijlevelts Stimme einen gewissen rauen Charme besitzt und er mit brennendem Enthusiasmus, wenngleich mit leichten technischen Defiziten, seine E-Gitarre traktierte und für einige kleine Aha-Erlebnisse sorgte. Dem restlichen Publikum hat es offenbar besser gefallen als mir. OKIESON müssen noch ein wenig an ihrem Profil arbeiten, um restlos zu überzeugen.

Parsons

Ganz anders die umwerfend gut eingespielte Band des immer wieder sympathischen Joseph Parsons, der letzthin mit seinem aktuellen Album "Heavens Above" für frischen Wind sorgte, indem er sich ein Stück weiter aus dem staubigen Americana-Zirkel heraus bewegte und womöglich ein paar seiner Stamm-Fans düpierte, die ihm die Verarbeitung zu vieler Popmusik-Muster vorwarfen, aber sicherlich auch eine ganze Reihe, in ihren Hörgewohnheiten breiter aufgestellte Hörer dazu gewann. Sicherlich ist Parsons' letztes Album ziemlich kuschelweich und durchaus radiotauglich, allerdings im allerbesten Sinne. Denn es tummeln sich hier zig potenzielle Ohrwürmer, die Parsons und seine Band mit spürbarem Elan in die abendliche Setlist integrierten.

Parsons

Joseph hatte eine international besetzte Truppe mitgebracht: am Drum-Kit Sven Hansen aus Düsseldorf. Sah fast aus wie ein Teenager, spielte aber so versiert wie ein Alter und zählt tatsächlich schon 28 Jahre. Den aus Bochum stammenden Bassisten Freddie Lubitz, der sich musikalisch zur Zeit auch häufig in Holland umtreibt und einen mehr als soliden Basspart ablieferte und den fingerfertigen und schwer beeindruckenden, amerikanischen Gitarristen Ross Bellenoit, der auch auf Parsons "Heavens Above"-Album zu hören ist. Lubitz und Bellenoit überzeugten zudem mit gekonnten, punktgenauen Harmony-Vocals, die den Songs des Protagonisten Parsons immer wieder eine gewisse Würze und Frische verliehen. Man verspürte eine ordentliche Portion Enthusiasmus und schiere Lust am musikalischen Geschehen. Viele der neuen, aber auch einige der älteren Songs, lebten vor diesem neuen Hintergrund förmlich auf, kamen auf ungewohnt ruppige und rockig vorwärts treibende Weise herüber und hinterliessen ein sicherlich erstauntes, aber dennoch hoch zufriedenes Publikum. Gitarrist Bellenoit, der zwischenzeitlich auch seine Fertigkeiten an der Lap-Steel auskostete und ansonsten zwischen Strat und Tele wechselte, bekam verdientermaßen Szenenapplaus. Das entspannt schwebende Dume room vom aktuellen Album wurde dann gar mit einem kleinen, aber feinen Freddie Lubitz Bass-Solo garniert. Nicht protzig, sondern elegant und gekonnt.

Die Setlist wühlte sich geschickt durch Parsons Ouevre, wobei der Fokus verständlicherweise auf brandaktuelle Tracks wie Heavens above; Shades of grey; Sitting on top of the world; Tell me hello; Children in the sun und meinem La-La-Lieblingssong Skipping stone gelegt wurde. Wunderbarer Chorus und deshalb schwer hitverdächtig.

Parsons

Ein tolles, intensives und mit guter Laune gewürztes Club-Konzert, das im Zugabenteil mit dem, im lässigen Funky-Groove daher schlendernden und so nicht erwarteten Marvin Gaye-Klassiker What's going on aufwartete und Ross Bellenoit dieses Mal mit einer anderen, nämlich jazzigeren Seite vorstellte und sich mit dem Gänsehaut-Song und HARDPAN-Gassenhauer No disguise würdig von einem glücklichen Publikum verabschiedete. Ein schöner Abend.

Ein kollegiales Dankeschön geht erneut an Peter Pricken, der wiederum seine herrlichen Konzertfotos zur Verfügung stellte.

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