Joe Henry

Tiny Voices

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 17.10.2003
Jahr: 2003

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Redakteur(e):

Frank Ipach


Joe Henry
Tiny Voices, ANTI, 2003
Joe Henry Vocals, Guitar
Chris Bruce, Gregg Arreguin Guitar
Don Byron Clarinet, Bass Clarinet, Tenor Saxophone
Ron Miles Trumpet
Dave Palmer, Patrick Warren Keyboards
Jennifer Condos Bass
Jay Bellerose Drums, Percussion
Jim Keltner Drums
Niki Haris, Jean McClain Background Vocals
Produziert von: Joe Henry Länge: 65 Min 51 Sek Medium: CD
1. This Afternoon (5:44)7. Loves You Madly (4:10)
2. Animal Skin (5:54)8. Lighthouse (5:11)
3. Tiny Voices (6:41)9. Widows Of The Revolution (4:38)
4. Sold (5:29)10. Leaning (5:24)
5. Dirty Magazines (4:38)11. Flesh And Blood (5:34)
6. Flag (5:09)12. Your Side Of My World (7:19)

Blickt man auf Joe Henrys Plattenkarriere zurück, die nun immerhin auch schon neun Alben seit seinem Debut in den späteren Achtzigern vorzuweisen hat, erkennt man nicht unbedingt eine klare musikalische Linie (im herkömmlichen Sinne), aber eine sehr deutliche Kompromisslosigkeit in der Umsetzung seiner doch sehr unterschiedlichen künstlerischen Ideen.
Die Musikfreunde, die Joe Henry immer noch als Songwriter aus rootsigen alternative-country Tagen im Hinterstübchen haben ("Short man's room" & "Kindness of the world") sollen wissen, dass sich Joe spätestens seit seinem 96er Album "Trampoline" in eine völlig andere Richtung bewegt.

Die Liaison, die Mr. Henry auf seinem letzten Album "Scar"(2001) mit diversen Jazz-Musikern einging, setzt sich nun zumindest in der Form weiter fort, als er wiederum mit Jazzern wie Don Byron (Klarinette) und Ron Miles (Trompete) musiziert.
Für sein aktuelles Rendezvous hat Joe Henry allerdings einen anderen Ansatz gewählt: Er konfrontierte seine Kollegen, zu denen u.a. auch Chris Bruce und Jay Bellerose aus den letztjährigen Solomon Burke-Sessions gehören, mit nicht mehr als skizzenhaften Songfragmenten, die er in den folgenden fünf Studio-Tagen der Improvisationskunst der Anwesenden überließ. Alles stand quasi unter dem selbstgewählten Motto: "... accepting chaos, ...favoring discovery over self-expression."
Wer nun meint, das Ganze ähnele einem völlig abgehobenen, verquasten Durcheinander ohne erkennbare Song-Strukturen und nachvollziehbarer Melodien, der sieht sich getäuscht. Diese Platte lebt von ihrer eleganten Abenteuerlust und führt den Hörer durch so manch spannende Geschichte.

Die einzige Hausaufgabe, die die Musiker vorab zu erfüllen hatten und aus der sie sich wohl die erwünschte Inspiration ziehen sollten, war das Anschauen des Luis Bunuel-Films "The criminal life of Archibald de la Cruz".
Ich kenne diesen Film leider nicht, aber er muss wohl meistenteils in einer düsteren, nebelverschleierten, halbmondbeschienenen Nacht oder in einer verrauchten, leicht heruntergekommenen Spelunke stattgefunden haben. Anders sind die Songs auf diesem Album wohl kaum zu erklären.
Die bilder- und wortgewaltigen Texte Henrys werden ausnahmslos hochinteressant und spannend umgesetzt und bewegen sich häufig im Mid- oder Balladen-Tempo. Die Songs sind durchzogen von Blues-Strukturen, überraschen hie und da mit einer verhaltenen Funky-Gitarre oder einem besoffenen Kneipen-Piano und bedienen sich öfters der einen oder anderen Jazz-Harmonie, wobei die Klarinette Don Byrons mit ihrem einzigartigen Klangcharakter extrem stimmungsbildend hervorsticht.

Dieses komplexe musikalische Konstrukt einem Genre zuordnen zu wollen, käme einem Offenbarungseid gleich und würde den Musikern wahrscheinlich die Zornesröte ins Gesicht treiben. Somit belassen wir es bei dem mehr als offenen Begriff: Zeitlose Popular-Musik (get it?).

Erwähnen möchte ich schlussendlich aber noch die äußerst variable Schlagzeug- und Percussionarbeit, die immer wieder mit erstaunlichen Sounds und Ideen beeindruckt. Flag wird sogar durch die Hinzunahme eines zweiten Drummers (kein geringerer als Jim Keltner), in vierhändiger Perfektion rhythmisiert.

Das gesamte Album hinterlässt einen ebenso unkonventionellen wie ausgefuchsten Eindruck und selbst nach dem siebten oder achten Hören ist man mit seiner Entdeckungsreise noch lange nicht am Ende. Müsste ich meine Lieblingssongs bestimmen, fiele mir das äußerst schwer, denn dieses Werk imponiert in seiner Gesamtheit. Und, ehrlich gesagt, schaut man sich denn einzelne Szenen eines Filmes an?
Höchst selten, oder?

Frank Ipach, 17.10.2003

 

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