Jason Ringenberg

Frankfurt, Sinkkasten, 22.10.2002

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 22.10.2002

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Redakteur(e):

Epi Schmidt


Frankfurt, Sinkkasten, 22.10.2002

Der Dienstag ist von Natur aus nicht unbedingt "der Konzerttag" der Woche, da einem oft genug noch die Nachwirkungen des Wochenendes verfolgen. Aber, man kann's sich halt nicht immer aussuchen. Außerdem wird sich im Laufe des Abends herausstellen, dass, beispielsweise, Jason Ringenberg gar nicht weiß, welcher Wochentag heute ist: "Thanks for comin' on a wednesday night...". Warum sollte es mich also interessieren...

Zusammen mit seiner Band THE SCORCHERS (oder ganz früher The Nashville Scorchers) habe ich ihn schon zweimal in Frankfurt (ja, daran erinnert er sich! - Nicht an mich: An die zwei Auftritte) erleben dürfen und beides mal war ich restlos begeistert.
Diesmal kommt er solo. Also GANZ solo. Keine Band, nur Jason mit seiner akustischen Gitarre, um seine aktuelle CD "All Over Creation" zu promoten. Er bedankt sich auch artig bei BLUE ROSE RECORDS, die diese Tour überhaupt erst ermöglicht haben und ich möchte mich dem anschließen! Es ist toll, dass solche Musiker wie Jason Ringenberg, die in unseren Charts nicht auftauchen, durch Blue Rose die Möglichkeit haben hier zu spielen, UND erst recht für uns, dass wir sie zu sehen bekommen.

Aus dem gleichen Grund mag ich auch den Sinkkasten in Frankfurt. Heute abend verlieren sich so knapp 30 - 40 Zuschauer in dem Club. Die "Vormusik" vom Band ist reichlich lahm, mit schon fast depressiven Elementen. Schon schwierig, dass man da nicht "wegdöst". Das ändert sich aber schnell, als ein Typ mit blauem, über die Hose hängenden, Westernhemd und Stroh-Cowboyhut die Bühne betritt und sich selber "proudly presents: Mr. Jason Ringenberg!".
Mit dem Einstiegslied seiner letzten Scheibe Honky Tonk Maniac From Mars eröffnet er auch das Konzert. Leider stellt sich schon während dieses ersten Songs heraus, dass das Tonabnehmer-System in seiner Gitarre "am Arsch" ist. Es kracht und klappert und nimmt so leider etwas vom Anfangsschwung wieder weg. Kabelwechsel bringt nix, also, Jason wirft einen Blick in die Runde: "a good crowd, but not a huge crowd." "Are these chairs moveable?" Sind die eingebauten Kinostühle natürlich nicht, aber die Entscheidung steht fest: Jason lässt Kabel UND Mikrofon wegräumen und bestreitet von da ab den Rest des Abends komplett unplugged. Hut ab, Sir!
Naja, schließlich hat ja sein Grandpa Elektrizität für "teuflisch" gehalten.

Mit Trail Of Tears folgt ein Song von seinem vorletzten Solo-Album "A Pocketful Of Soul" und schon geht der fröhliche Abend, wie am Lagerfeuer, los. Jason kommt nahezu jedem Publikumswunsch nach und so geht's natürlich auch quer durch seine Scorchers-Vergangenheit. Harvest Moon, Shop It Around, Blanket Of Sorrow und Bible And A Gun folgen. Letzteres in der neuen Version von "All Over...".
Kleine Geschichten werden auch immer eingeflochten, so z.B., dass Steve Earle ihn u.a. darauf hingewiesen hat in Bible And A Gun "Missourah" zu singen und nicht "Missouri". Die Leute dort reden wohl so...

Die vermeintlich gute Idee, einen Song von Merle Haggard zu spielen beschert ihm gleich zweimal (!) eine gerissene Saite und der armen Epiphone-Gitarre fortwährende Beschimpfungen und Drohungen von Jason, wo sie sich morgen befinden wird und wie schnell er sich morgen eine neue Gitarre (und sicher keine Epiphone!) kaufen wird.
Ein Mädchen aus dem Publikum wünscht sich Under Your Command. Jason vermutet sogleich, sie müsse eine von den zehn Personen sein, die seine vorletzte Solo-CD in Deutschland gekauft haben. Da der Song auch noch der Lieblingssong seiner Mutter sei, wird er natürlich sofort gespielt.

Es soll hier nicht der Eindruck entstehen, Mr. Ringenberg würde auf einem Barhocker auf der Bühne sitzen und seine Songs "runterklampfen". Nein. Eigentlich benimmt er sich genauso wie ich ihn mit den SCORCHERS in Erinnerung habe: Hüpft auf der Bühne rum, dreht sich, torkelt schon fast beängstigend, klopft mit den Absätzen seiner Stiefel den Takt... Dass er heute an kein Mikrophon gebunden ist, kommt dem ganzen noch entgegen und er gebärdet sich nur noch wilder.
James Dean's Car gefällt seiner Mutter wiederum, wegen des Textes, nicht so sehr und Jason sorgt sich doch etwas, dass er sich mit 44 Jahren immer noch überlegt was seine Mutter von ihm denkt. Na, wir im Publikum überlegen nicht so viel: Uns gefällt's und der Beifall nach jedem Song scheint jedes Mal lauter zu werden.
Still Tied, vom 85er Scorchers-Album "Lost And Found" folgt. Ein Bluegrass-Song wird angekündigt und nach einiger Erklärung stellt er sich als I've Just Seen A Face von den BEATLES heraus. Verbunden war das Lied mit einer Geschichte über Jason's Karriere in einer Bluegrass-Band. Aber das führt hier zu weit... Resultat dieser Nummer: Wieder eine gerissene Saite!
Die Saitenwechsel überbrückt Jason aber immer sehr souverän: "I know some good jokes."

Mit Self-Sabotage folgt ein Knaller vom letzten JASON AND THE SCORCHERS Studio-Album "Clear Impetuous Morning", sowie mit Broken Whiskey Glass ein weiter Klassiker der Band.
Auch das 95er Album, "A Blazing Grace", wird mit 200 Proof Lovin' gestreift.
Die Punkwurzeln von Herrn Ringenberg werden beim RAMONES-Cover I Wanna Be Sedated aufgedeckt.
Die Stimmung ist recht ausgelassen und auf den Zuruf/die Frage aus dem Publikum nach den WILDHEARTS, gibt Jason bereitwillig und äußerst unterhaltsam Auskunft über die Zusammenarbeit auf seiner aktuellen CD. So erwies sich das Angebot der WILDHEARTS, kein Geld für ihre Hilfe zu nehmen, sondern "lediglich" mit ausreichend Bier versorgt zu werden, im Nachhinein als die teurere Variante: "825 Dollar for Beer!"

Mittlerweile sind bald 2 Stunden vergangen und als "Alleinunterhalter" des Abends merkt man Jason schon eine rauere Stimme als zu Beginn an. Trotzdem lässt er keine Müdigkeit erkennen, tobt über die Bühne, lässt sich auf den Rücken fallen, liegt kurz und springt gleich darauf wieder auf um weiter zu fetzen.
Als letzten Song des Abends knallt er uns Bob Dylan's Absolutely Sweet Marie, natürlich in der Scorchers-Version, um die Ohren. Klasse!

Wer jetzt meint, Jason Ringenberg verzieht sich in seine Garderobe hat sich getäuscht! Der setzt sich tatsächlich an den Eingang hinter eine Theke und gibt bereitwillig Autogramme, verkauft selbst seine CDs, unterhält sich ohne irgendeinen Zeitdruck mit den Leuten und macht überhaupt nicht den Eindruck, als wenn er eben 2 Stunden lang auf der Bühne rumgehüpft ist.
Fast habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich dafür "nur" 10 Euro Eintritt gezahlt habe, während anderswo bis zum zehnfachen für weit weniger Leistung verlangt wird.
Na, wie auch immer: Das war ein toller Abend und eine klasse Leistung von Mr. Jason Ringenberg. Ich hoffe ihn bald wieder zu sehen. Vielleicht auch mit seinen Scorchers, die im Moment, nach dem gesundheitsbedingten Ausstieg von Parry Bags, leider nur aus Jason und Warner Hodges bestehen. Aber wer weiß...
So long, Jason, vielleicht schon nächste Woche in Nürnberg.

Epi Schmidt, 23.10.2002

 

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