US Rails

Heilbronn, WaldHaus Heilbronn, 04.03.2023

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 08.03.2023
Stil: Americana, Country Rock

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Venue: WaldHaus Heilbronn


Redakteur(e):

Andreas Sommer


Und die Glückshormone fahren Achterbahn

Spätestens bei der dritten Zugabe kommt der spontane Gedanke: Die Deutsche Bahn sollte sich mal von den US Rails eine Scheibe abschneiden. Verspätungen, Ausfälle, lange Wartezeiten, schlechten Service und Personalmangel: all das gibt es bei der grandiosen Americana-Band nicht.

Im Waldhaus in Heilbronn lieferte sie einen erstklassigen Gig ab, der die Glückshormone der 120 Besucherinnen und Besucher ein ums andere Mal Achterbahn fahren ließ. Das Quartett mit Ben Arnold (Akustikgitarre, Keyboards, Gesang), Scott Bricklin (Bass, Gesang), Tom Gillam (E-Gitarre, Gesang) und Matt Muir (Schlagzeug, Gesang) hat sein neues Album "Live For Another Day" im Gepäck, das sechste Studioalbum, das mit wunderbarem Songmaterial, vier charakteristischen Gesangsstimmen und einer Spielfreude aufwartet, die niemanden kalt lässt. Nach zwei Stunden und 22 Songs haben die in Philadelphia gegründeten US Rails in Heilbronn erneut den Beweis geliefert, eine herausragende Liveband zu sein, in der das Kollektiv über jeden Egotrip erhaben ist.

Kaum eine andere Band schafft es, ihren brillanten Gruppensound so entspannt ins Publikum zu tragen. Sie sind auch deshalb so beliebt, weil jeder Musiker seine Songs selbst singt und ihnen seinen individuellen Stempel aufdrückt. Diesen Mehrwert prägt auch das neue, beim Heilbronner Label Blue Rose Records erschienene Album, das ohne einen einzigen Schwachpunkt die Klasse dieser Band beweist. Brüderliches Team-Playing wird großgeschrieben bei den US Rails: Je drei Songs der neue Platte stammen von Gillam, Arnold und Bricklin, ein Lied von Muir, der aber als Recording Engineer und Mixer verantwortlich für die Produktion zeichnet.

US Rails, Heilbronn, Foto: Edgar Heckmann

(Foto: Edgar Heckmann)

Tom Gillam aus Austin/Texas ist nicht nur ein hervorragender Gitarrist, sondern auch Spaßvogel und Stimmungsmacher, flankiert vom in Paris lebenden Scott Bricklin, ein Typ zum Pferdestehlen mit körperbetontem Bassspiel. Schlagzeuger Matt Muir hält das Eisenbahnabteil rhythmisch zusammen. Der vielgefragte Studiomusiker aus Philadelphia singt aber auch ganz famos wie in Don´t Take Me Now. Ben Arnold, an Keyboards und Gitarre gleichermaßen versiert, hat die knorrigste, rostigste und souligste Stimme und gefällt durch hochvariable, virtuose Tastenkunst.

Eagle & Crow, Take You Home, Feels Like A Heartache, Water In The Well: Songperle für Songperle reihen sie im Waldhaus aneinander und setzen im Titeltrack des neuen Albums, komponiert und gesungen von Ben Arnold, einen unwiderstehlichen Refrain ein. Das Repertoire der US Rails ist eine Fundgrube des eingängigen, abwechslungsreichen und ebenso kraftstrotzenden wie harmonischen Americana-Sounds mit viel Rock, viel Soul, ein bisschen Folk und Countryschmelz. Die Klangqualität im Waldhaus ist glasklar, und man fragt sich, warum diese Band vor 120 Leuten spielt und nicht vor 12 000.

Bei Colorado vom Album "Ivy" schlägt die Stunde von Tom Gillam, dem Chef-Theatraliker der Band. Sein wunderbar altmodisches Old Song On The Radio macht der unverwüstliche Leadgitarrist zu einer nur halb gelungenen Mitmach-Show. Es ist ein glanzvoller Abend des puren Wohlklangs und der stilistischen Vielfalt, mit Einsprengseln von Byrds, Eagles, Hooters, Beatles und Stones und – was die Harmonie- und Backgroundgesänge angeht – von Crosby, Stills, Nash & Young. Zum Dahinschmelzen. Voller Inbrunst singt Ben Arnold, auf dessen Hemd hinten ein Peace-Zeichen prangt, You're My Home und verbindet das Lied mit einer Liebeserklärung an die neue Blue-Rose-Location Waldhaus, ein würdiger Nachfolger für das mit Pandemiebeginn 2020 geschlossene Red River. Tom Gillam rockt bei Too Much Is Never Enough wie Hölle und bei Feels Like A Heartache wie Fegefeuer, während Scott Bricklins Can't Let Go folkrockig und Matt Muirs Walk Away sehnsuchtsvoll daherkommen. Im Zugabenteil beenden die US Rails die schweißtreibende Sause mit der von allen gesungenen Gänsehaut-Hymne Lucky Stars, die Bandjob und Songschreiben zum Thema macht. Das Musikerleben eben. Und wie sehr sie es lieben.

 

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