Harmful

"Uns gibt es immer noch und Guano Apes gibt es nicht mehr"

( English translation by Google Translation by Google )

Interview

Reviewdatum: 26.03.2005

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Redakteur(e):

Ralf Stierlen


Harmful
"Uns gibt es immer noch und Guano Apes nicht mehr", Interview

Aren Emirze - Harmful Am Rande der Nois-O-lution-Party im Kreuzberger Kato hatte ich Gelegenheit, mit dem S?nger, Gitarrist und Mastermind Aren Emirze von HARMFUL ein kurzes Interview zu f?hren. Wie sich herausstellte, ist Aren ein sehr sympathischer, selbstbewu?ter Mensch, dem sehr wichtig ist, was er macht und wo er herkommt.

Hooked on Music: Hallo erstmal in Berlin. Ihr habt gerade die neue Platte drau?en, "Sis Masis". Ich finde, das ist eine absolute Weiterentwicklung f?r Euch. Vielleicht willst Du ein bi?chen erz?hlen ?ber die Platte?
Aren: Ja, das ist eine Platte, die uns selber ?berrascht, immer noch, dass wir mit der sechsten Platte diesen Sprung geschafft haben, alles so zu vereinen und uns aus diesem Noise-Lager irgendwie zu entfernen, obwohl wir immer noch hundert Prozent dazugeh?ren und die Fundamente immer noch zu h?ren sind auf der Platte. Wir sind immer noch eine anstrengende, krasse Band, aber wiederum eing?ngiger geworden und doch zug?nglicher. Also es ist alles kompliziert, aber am Ende doch einfach.
HoM: Ihr habt ja den Kurt Ebelh?user als Produzenten genommen...
Aren: Genau...
HoM: ... wie kam es da zum Kontakt? ?ber BluNoize? (das Label von Guido Lucas, das schon sowohl HARMFUL als auch Ebelh?users BLACKMAIL bzw. SCUMBUCKET produziert hat)
Aren: ... ?ber BluNoize, und Kurt und ich sind auch schon l?nger befreundet, wir wollten schon immer, er hat ja bei "Wromantic" ein bi?chen mitgemacht, damals und danach kam es irgendwie nicht dazu, weil er auch mit BLACKMAIL viel zu tun hatte und bei uns hat es einfach vom Timing her nicht gepa?t. Bei der letzten Platte war es mir sehr wichtig, mit ihm zu arbeiten und er wollte auch unbedingt mit HARMFUL etwas zu tun haben, also die Platte produzieren, weil er im Gef?hl hatte, dass er etwas dazu beitragen kann, die Platte als wirklichen Schritt nach vorne zu etablieren. Und diese Zusammenarbeit hat dabei wirklich geholfen und dazu beigetragen, dass wir eine sechste Platte aufgenommen haben, die so klingt wie die erste.
(Also er meint, sie klingt als w?re es ihre erste, sie klingt nicht wie die erste von HARMFUL)
HoM: Man sieht es auch schon am Cover... es ist ein bi?chen so...
Aren: Aufbruchstimmung...
HoM: ... ja, etwas anderes, etwas Neues, aber es pa?t. Die Platte ist wirklich spitzenm??ig und wird Euch in der ?ffentlichen Anerkennung ein bi?chen vorw?rts bringen.
Aren: Ja, es wird ein bi?chen dauern, aber ich glaube auch, dass es ... an der Platte f?hrt kein Weg vorbei, das habe ich so im Gef?hl, also wenn du Gitarrenrock magst, dann mu?t du dir die Platte mal anh?ren. Gerade wenn du sagst, ich bin Rockfan und ich h?re gerne die QUEENS OF THE STONE AGE und bin nicht zufrieden mit der neuen QUEENS OF THE STONE AGE, dann kauf dir die neue HARMFUL und dann bist du wieder gl?cklich.

HoM: Ein bi?chen finden sich ja auch Deine armenischen Wurzeln darin wieder. Wie kam das und wie genau hast Du das angepackt?
Aren: Das ist so, dass ich in Armenien war, im letzten August, mit meinem Bruder, und das erste Mal dieses Gef?hl hatte "hey, Mann, du hast schon f?nf Platten herausgebracht und hast eigentlich dieses Privileg nicht genutzt, um einfach von dieser Trag?die zu berichten, von der du selber auch betroffen bist". Dieser Schritt ist auf jeden Fall ein sehr wichtiger Schritt f?r uns gewesen, den wir diesmal auch umgesetzt haben und vielleicht ist es der Anfang von einer l?ngeren Geschichte.
Zum Background ist es so, dass die Armenier 1915 von den T?rken massakriert wurden und bis heute wird es von der t?rkischen Regierung nicht anerkannt, dass so etwas passiert ist. Und was wir wollen ist einfach die Wahrheit, weil jeder Armenier der morgens aufwacht, hat diese L?ge vor Augen. Es ist einfach wichtig, auch f?r das Zusammensein von Armeniern und T?rken, weil die T?rken heutzutage, die k?nnen ja nichts daf?r. Aber man sollte mit seiner Vergangenheit ehrlich umgehen und nicht versuchen etwas zu kaschieren, weil am Ende siegt die Wahrheit. Und dann ist die Schmach um so gr??er. Darum lieber selber darauf kommen, als am Ende dazu gezwungen zu werden. Sprich: EU-Beitritt.

HoM: Mit wem w?rdet Ihr denn gerne mal auftreten? SYSTEM OF A DOWN w?re ja naheliegend...
Aren: Ja, nat?rlich. Ich kenne die Jungs ja, wir haben schon damals miteinander geredet gehabt, weil f?r einen Armenier ist es immer etwas besonderes, mit anderen Armeniern zu reden, weil uns dieses Schicksal auch verbindet, es gibt nicht viele Armenier. Und die, die da sind, versuchen so gut wie m?glich zusammenzuhalten. SYSTEM OF A DOWN respektiere ich, ich mag auch die Musik sehr, es w?re sch?n mit denen zusammen zu spielen. Aber wir haben eigentlich schon mit all unseren Lieblingsbands zusammen gespielt, UNSANE, PRONG, SLAYER, so von unseren Jugendtagen. Vielleicht noch BLACK SABBATH, wenn wir das noch h?tten...
HoM: ... w?re ja jetzt wieder m?glich...
Aren: (Gel?chter) ... ja gut, aber nicht so realistisch...

HoM: Gibt es irgendwelche aktuelle Musik auf die Du gerade stehst?
Aren: Das ist zur Zeit sehr schwer, etwas zu finden, das dich vom Hocker rei?t. Die Bands, die gut sind, so wie QUEENS OF THE STONE AGE oder THE MARS VOLTA, wenn du die ganze Platte h?rst, irgendwie ist so ein fader Beigeschmack dabei. Du merkst, gerade bei THE MARS VOLTA, dass da viel Hype, Szenehype dabei ist, dass die Typen sich einfach gut pr?sentieren und dadurch blind K?uferscharen hinter sich her ziehen. Die Band ist gut, aber irgendwie ?berbewertet, und es ist einfach keine ?berraschung, gro?artig. Und QUEENS OF THE STONE AGE... eine geniale Band, aber auch keine ?berraschung mehr. Was wir wollen, ist, dass wir ?berrascht werden, das Unerwartete eintritt. Das wagen sich zu wenige Bands, weil jeder den Erfolg, den er mit der vorigen Platte hatte, nicht wieder weggeben will und deswegen nicht den Mut entwickelt, sich weiterzuentwickeln. Und dadurch, dass wir jetzt nicht den gro?en Erfolg hatten, weil wir zwischen den St?hlen waren, war f?r uns dieser Schritt nicht so schwer, weil wir nichts zu verlieren hatten.
HoM: ... bei der "Sanguine"-Tour im Knaack waren es, glaube ich, 30 Leute...
Aren: Nein, f?nfzig waren es, das wei? ich noch, weil ich die Abrechnung gemacht habe (Gel?chter). Aber es f?hlte sich an wie zehn. Es war eine ganz komische Atmosph?re.
HoM: Wie schafft man es als Musiker dann, sich zu motivieren?
Aren: Liebe zur Musik. Nie vergessen, warum du angefangen hast, Musik zu machen. Wenn du das dann vor Augen hast, dass du eigentlich schon sehr viel erreicht hast... Das ist ja das Problem, dass viele Leute vergessen haben, dass sie schon sehr viel erreicht haben und sich dann demotivieren lassen, wenn sie in Berlin vor 50 Leuten spielen. Aber ich habe mir gedacht: Wir haben im Pfadfinderheim 1993 angefangen und spielen in Berlin und f?nfzig Leute zahlen 13 Euro, ja was willst du... das ist doch geil. Dadurch schaffst Du es nat?rlich dich aufzubauen und hast dadurch die Kraft weiterzumachen.
Und wie man jetzt bei "Sis Masis" sieht, hat sich das auch gelohnt. Wir haben jetzt eine Platte gemacht, wo ich sicher bin, dass mit der Zeit die sich verbreiten wird, zwangsl?ufig. Ein Freund gibt es dem anderen, der andere gibt es dem. Das wird nicht von heute auf morgen passieren. Das sch?ne ist: Es ist eine weiche Scheibe, aber sie hat auch H?rte und es trauen sich ja viele Menschen nicht mehr, hart zu sein. Und wir haben die H?rte so verpackt, dass die Leute harte Musik h?ren, aber gar nicht realisieren, dass es hart ist. Und live, ihr werdet es heute h?ren, sind wir immer noch zehn Mal h?rter.

HoM: Kennst Du Bands aus dem hessischen Raum, wo Du sagen w?rdest, denen w?rde ich den Durchbruch g?nnen?
Aren: ?h (l?ngere Pause), es gibt einige Bands... Durchbruch g?nnen ist so eine Sache... vielleicht wenn sie denn Durchbruch haben, sind sie ungl?cklicher, darum... Also mir gefallen einige Bands, FREEZEEBEE (das wollte ich ja nur h?ren) und so einige Frankfurter Bands.
Nat?rlich w?re es sch?n wenn der Durchbruch kommt, aber wenn nicht, ist es auch ok. Genauso wie wir damit leben. Wir sagen uns, wir sind sehr gl?cklich mit der neuen Platte und das was kommt, kommt. Wenn es nicht so kommt, soll es halt nicht so sein, vielleicht w?ren wir dann irgendwann mal auf einem Konzerttrip nach Hamburg in die Sporthalle verungl?ckt. Darum ist dieser Durchbruch nicht gekommen, dass wir weiter Independent-Musik machen.

HoM: Was sagst Du zum derzeitigen Musikbusiness?
Aren: Tja, was soll ich sagen, wir sind ein Teil davon, darum mu? ich mich zwangsl?ufig damit auseinandersetzen, dagegen ank?mpfen. Aber ich glaube, ich gehe damit besser um als noch vor zwei, drei Jahren, wo ich mir alles sehr zu Herzen genommen habe. Jetzt sehe ich es mehr so: Es liegt sowieso nicht in deiner Hand, egal was passiert. Du kannst auch nicht mit Geld etwas erzwingen, was nicht sein soll.
HoM: Das letzte Mal im Knaack hast Du ja einiges gesagt zu den Castingshow, aber das Thema hat sich ja mittlerweile auch erledigt...
Aren: Ja, das war auch klar, dass das nicht funktionieren wird.
HoM: Ich denke auch, das ist ein Gesundschrumpfen. Die ganz gro?en Labels brechen ein bi?chen weg und das ist eine Chance f?r die kleineren Labels, sich wirklich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Aren: Das ist richtig. Ich bin auch sehr gl?cklich dar?ber, dass Gerechtigkeit ?berall waltet. Es ist soweit, dass man bei Bands wie JULI, die jetzt sehr viel verkaufen, irgendwie im Gef?hl hat, dass das nicht von Dauer sein kann, sondern dass du im Prinzip langsam und stetig l?nger existieren kannst, wie wenn du innerhalb von zwei Jahren hundert-, zweihundert-, dreihunderttausend Platten verkaufst und dich nach f?nf Jahren aufl?st.
Wir haben angefangen und haben viele Bands rauf und runter gehen sehen, die haben hunderttausende von Platten verkauft, sind wieder abgestiegen und haben sich aufgel?st. Und in dieser kurzen Zeit des Hochgehens denkst du als Band "oh Mann, wie geil w?re das, wenn du das auch mal schaffen k?nntest, auf existentieller Ebene". Aber dann, jetzt im Nachhinein sage ich, uns gibt es immer noch und GUANO APES gibt es nicht mehr, zum Beispiel. Also: Wer ist die gl?cklichere Band, HARMFUL oder GUANO APES? Ich glaube HARMFUL. Wir k?nnen noch auf der B?hne stehen und gemeinsam Musik machen...

HoM: Bei Nois-O-lution seid Ihr ganz gut untergekommen, denke ich...
Aren: Ja, sehr. Wir sind sehr gl?cklich mit Arne, weil er nicht auf materielle Ebene setzt sondern auf menschliche Ebene, das ist Manpower. Arne setzt sich mit seinem Geist und seinem Wesen ein und versucht nicht, wie viele Plattenfirmen, diese Schw?che, die Plattenfirmen haben, die Manpower-Schw?che durch Kohle zu kompensieren. Er versucht halt zu sagen, ich habe nicht das Geld, aber ich habe meine pers?nliche Kraft um Bands durchzuboxen. Nat?rlich, ohne Geld geht nichts, aber die Mischung macht's.

HoM: Heute abend ist ein richtiges BluNoize-Festival (GENEPOOL hat ja Guido Lucas und Thilo Schenk von BluNoize dabei), zumindest ex-BluNoize.
Aren: Ja, das ist richtig. Wir waren die erste Band bei BluNoize. Ich bin auch froh, dass der Guido heute da ist, alles super.

HoM: Willst Du noch etwas loswerden, ein spezielles Statement an unsere Leser?
Aren: Geht ins Internet (?h, unsere Leser sind bereits drin) und schreibt in Google "Armenien" rein und lest ein bi?chen dar?ber.

Vielen Dank an dieser Stelle auch an Arne von Nois-O-lution, der das Interview erm?glicht hat.

Ralf Stierlen, 26.03.2005

 

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