Faun

'Märchen sind kein Kinderkram'

( English translation by Google Translation by Google )

Interview

Reviewdatum: 17.11.2009
Stil: Pagan Folk

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Redakteur(e):

Martin Schneider


Faun
Märchen sind kein Kinderkram, Interview

Mit "Buch der Balladen" haben uns FAUN für die kommenden langen Winterabende ein zauberhaftes Akustikalbum geschenkt, das zum Träumen und Nachdenken einlädt. Oliver S. Tyr versorgte uns am Telefon mit weiteren Hintergrundinformationen zu dieser Veröffentlichung, aber keine Angst: Auch wenn er ein wenig aus dem Nähkästchen plaudert, schmälert das die Magie des Albums in keinster Weise.

Oliver_S_Tyr

Zur Entstehungsgeschichte von Buch der Balladen erzählt Oliver:

"Buch der Balladen" ist ja das erste Album in der neuen Besetzung, mit Sandra Elflein als Sängerin und Drehleierspielerin. Wir haben in der Zusammenarbeit mit Sandra festgestellt, dass es für uns alle entspannter und einfacher war bei akustischen Stücken zu einer Einheit zusammen zu wachsen. Bei 'normalen' FAUN-Auftritten war doch sehr viel mehr Druck und Ablenkung mit im Spiel, sei es durch die aufwändigeren Arrangements oder auch durch die aufwändigere Bühnenshow. Das bestärkte uns in unserer Entscheidung zunächst dieses akustische Projekt anzugehen.
Unsere Akustiktour 2008/2009 lief einfach gut. Wir hatten einige neue Stücke im Programm und wollten diese unbedingt veröffentlichen. Zunächst planten wir lediglich eine EP mit fünf Stücken, dann ließen wir uns aber einfach treiben und am Ende stand diese komplette CD mit zehn, beziehungsweise elf Stücken. Für die limitierte Bonusausgabe haben wir zusätzlich das elfminütige Brynhilds Lied ausgewählt.
Normalerweise hat man ja einige Stücke mehr zur Hand, aus denen man dann die stärksten für das Album auswählt. Das war bei uns nicht so. Wir hatten jetzt diese elf Stücke und die haben wir aufgenommen und veröffentlicht. Entgegen jeder Gewohnheit sind wir sogar im Sommer ins Studio, damit das Album jetzt im Winter erscheinen kann. Der Winter ist einfach traditionell die beste Zeit für Geschichten und um sich zu besinnen.
Wir sind spontan und ohne große Vorbereitung ins Studio. Das wird besonders bei einem Stück wie Nahtegal deutlich. Fiona hat zunächst einfach einige Improvisationen auf ihrer Obertonflöte gespielt und sich dann vom allabendlichen Gesang der Nachtigall vor dem Studio im Schwarzwald inspirieren lassen.
Wir sind völlig unbekümmert an dieses Album heran gegangen und haben uns einfach treiben lassen.

Kann man "Buch der Balladen" auch als eine Art Rückbesinnung auf die Anfänge von FAUN betrachten?, will ich wissen.

Schließlich erinnert mich seine Atmosphäre doch stark an das Debüt "Zaubersprüche".
"Natürlich kann man das so sehen", stimmt mir Oliver zu. "Auch "Zaubersprüche" enthält einige Stücke die mich schon lange durch mein Leben begleitet haben und die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass ich überhaupt Musik mache. Eine Rückbesinnung auf die eigenen Ursprünge ist an sich auch nichts Schlechtes."

Aber es ist ein Album auf das man sich einlassen muss. Man muss zuhören und darin eintauchen. Anders funktioniert es nicht, oder?

Hier ist Oliver anderer Meinung. "Das möchte ich dem jeweiligen Hörer überlassen. Natürlich wollten wir dem Hörer möglichst viel an die Hand geben, damit es für ihn ein besonderes Album wird. Deshalb haben wir auch so viel Wert auf die aufwändige Ausstattung der CD gelegt. Aber jeder Einzelne muss für sich entscheiden, was er damit anfängt.
Natürlich würde ich mich freuen, wenn etwas hängen bleibt, wenn man sich Zeit nimmt und seine Gedanken macht. Was hat es mit dem 'Bett aus Heidekraut' in Herr Heinerich auf sich? Was verbirgt sich hinter dieser Symbolik? Welche Bedeutung hat diese Botschaft für mich und mein Leben?
Das ist aber etwas, das kann ich nicht erzwingen. Wenn jemand für sich entscheidet, mir genügt die Musik als mp3 auf meinem Rechner oder iPod und ich lass sie im Hintergrund laufen, dann ist das für den genauso okay, wie wenn jemand das Booklet zur Hand nimmt und die Texte Wort für Wort nachvollzieht".

Oliver_S_Tyr

Die CD bietet aber durch ihre aufwändige Gestaltung weit mehr als eine handelsübliche Veröffentlichung und stellt eine Art Gesamtkunstwerk dar. Wie kam es zu diesem bemerkenswerten Konzept?

"Die Songs bedeuten mir sehr viel, weil sie und die Geschichten, die hinter ihnen stehen für mich wichtige Wegbegleiter durch mein Leben sind. Ich selbst besitze ein Buch mit Ledereinband, das ich immer bei mir trage. In ihm sammle ich Texte und Ideen, die ich hineinschreibe oder -klebe. Dieses Buch stand Pate für die CD.
Ich mag einfach kein Plastik. Alleine der Gedanke, wie lange es in der Natur dauert bis Plastik verrottet, ist für mich unerträglich. Ich wollte unserem Publikum etwas Hochwertiges an die Hand geben, das der Bedeutung der Musik für mich gerecht wird. Etwas Schönes, dass man sich gerne ins Regal stellt, aber auch etwas Handfestes, das man mit ans Lagerfeuer nimmt, wenn man dort die Stücke nachspielen möchte. Deswegen haben wir nicht nur die kompletten Texte abgedruckt, sondern auch die Noten und Akkorde.
Ich wollte bewusst kein austauschbares Einwegprodukt abliefern. Damit wird man heutzutage doch regelrecht zugeschüttet. Wenn Du an den Kiosk gehst und eine Musikzeitschrift kaufst, dann liegt inzwischen jeder Zweiten eine CD bei. In meinen Augen verkommt Musik dadurch zum Wegwerfprodukt. Da wollten wir einfach einen Gegenpol setzen und etwas veröffentlichen, das vielleicht etwas teurer ist als eine normale CD, aber dafür auch einen echten Gegenwert bietet."

Spielte für Dich auch der Gedanke eine Rolle, altes Kulturgut auf einem zeitgemäßen Medium vor dem Vergessen zu bewahren?

Auf jeden Fall! In der Vergangenheit ging so viel verloren, weil es nicht mehr überliefert wurde, gerade was frühe und mittelalterliche Musik angeht. Auch deshalb haben wir die Texte, Noten und Akkorde mit veröffentlicht.
Natürlich kommt uns zugute, dass es im Moment eine Art Trend gibt, ein wiedergefundenes Interesse an alten Geschichten, Märchen und Legenden. Der Kinoerfolg eines 'Herr der Ringe' kommt ja nicht von ungefähr, auch wenn es sich dabei um eine fiktive Geschichte handelt.
Im Moment gibt es aber wieder verstärkt eine Erkenntnis, das symbolhafte Geschichten für die persönliche Entwicklung des Einzelnen von Bedeutung sind. Es gab Zeiten, da wurden Märchen als Kinderkram abgetan. Dann waren sie aber wieder für Kinder zu bluttriefend. Märchen sind kein Kinderkram! Man darf auch einfach nicht vergessen, dass in vielen Märchen keltische und heidnische Symbolik in die Gegenwart transportiert wurde. Sie wurden zwar im Zuge der Christianisierung angepasst und umgeschrieben, aber der Kern konnte bewahrt und überliefert werden.
Märchen haben oft viel mehr Tiefgang, als es vordergründig erscheinen mag. Hintergründiges geht all zu oft zu Unrecht verloren. Nimm nur Tanz über die Brücke. Ich persönlich habe das Lied nicht in der Schule gelernt, aber ich weiß, dass viele das Stück aus ihrer Kindheit kennen. Dabei beschreibt es die mittelalterlichen Totentänze und stellt den Tod als etwas völlig Natürliches dar. Das hat schon starke Symbolkraft.
Es wäre einfach schön, wenn wir Menschen dazu anregen könnten sich wieder stärker mit solch verschlüsselten Botschaften zu beschäftigen.

Hast Du ein Lieblingskapitel im "Buch der Balladen"?

Ich kann es Dir echt nicht sagen. Ich war als Produzent für die technische Umsetzung verantwortlich. Vom Anfang bis zum Ende war ich ständig am Schaffensprozesses beteiligt und versuchte immer weiter das Ergebnis zu verbessern und lebendig zu gestalten. Im Moment fehlt mir einfach noch der nötige Abstand um irgendeinen Favoriten hervorzuheben.

Ab Februar 2010 seid ihr wieder auf Akustiktour. Kannst Du schon etwas verraten, was die Besucher da erwartet?

Für konkrete Ideen ist es eigentlich zu früh, weil wir uns erst über die Wintermonate damit befassen wollen. Klar ist, dass wir auf die Erfahrungen der letzten Akustiktour aufbauen und nun ein besseres Gespür dafür haben, welche Stücke, Überleitungen und Spannungsbögen am Besten funktionieren. Es wird insgesamt noch eine stimmigere und rundere Angelegenheit wie beim letzten Mal. Man darf davon ausgehen, dass es ein deutlich anderes Programm sein wird, allein schon weil wir "Buch der Balladen" nahezu komplett spielen werden. Klar ist auch, dass FAUN nach dieser Akustiktour sich erst einmal wieder auf das Zusammenspiel von mittelalterlichen Instrumenten, mehrstimmigen Gesangssätzen und elektronischer Musik konzentrieren werden.

Soweit das Gespräch Oliver S. Tyr, das hoffentlich eure Neugier auf das neue FAUN-Album weiter anheizt.

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