Erja Lyytinen Songs From The Road, Ruf Records, 2012 |
Erja Lyytinen | Guitar & Vocals | |||
Davide Floreno | Guitar & Backing Vocals | |||
Roger Inniss | Bass & Backing Vocals | |||
Miri Miettinen | Drums & Backing Vocals | |||
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CD: | ||||
01. The Road Leading Home | 08. Steamy Windows | |||
02. Voracious Love | 09. No Place Like Home | |||
03. Don't Let A Good Woman Down | 10. Crossroads | |||
04. Everything's Fine | 11. Skinny Girl | |||
05. Grip Of The Blues | 12. Oil And Water | |||
06. Can't Fall In Love | 13. Soul Of A Man | |||
07. Not A Good Girl | ||||
DVD: | ||||
01. The Road Leading Home | 09. Not A Good Girl | |||
02. Voracious Love | 10. Steamy Windows | |||
03. Don't Let A Good Woman Down | 11. No Place Like Home | |||
04. Crowes At Your Door | 12. Crossroads | |||
05. Mississippi Callin' | 13. Skinny Girl | |||
06. Everything's Fine | 14. Oil And Water | |||
07. Grip Of The Blues | 15. Soul Of A Man | |||
08. Can't Fall In Love | ||||
Ich schwör's, ich erwürg noch denjenigen, der für diese schwachsinnigen "FSK-Aufdrucke" auf allem verantwortlich ist, was eine DVD in sich bergen könnte - oder tatsächlich tut. Glaubt jemand, unsere schlaue Verbraucherministerin würde bei Lebensmitteln ein gutes Achtel der Fläche für Warnhinweise verordnen??
Okay, damit wäre mein Ärger bei dieser Veröffentlichung aber auch schon vorbei, denn das neue Album von Erja Lyytinen ist genau das, was der Blues-Fan braucht: ein Live-Mitschnitt und dass gleich als Audio-CD und DVD in der "Songs From The Road"-Reihe von Ruf Records. Wie so oft bei solchen Packages empfiehlt es sich eigentlich der DVD den Vorzug zu geben, da neben zwei zusätzlichen Songs der optische Aspekt weitere Freude bereitet. Wo beim BLUES CARAVAN-Konzert in Aschaffenburg, am 25. Januar 2006, noch ein leicht schüchternes Mädchen zwischen Aynsley Lister und Ian Parker saß, bzw. stand, ist hier eine bezaubernde junge Frau auf der Bühne zu sehen (der Vergleich vom "hässlichen Entlein" zum "schönen Schwan" verbietet sich hier, flattert mir aber trotzdem kurz durch den Kopf), die selbstbewusst auf der Bühne des Savoy Theaters in Helsinki, am 16.11.2011, stand und diese Show mitschneiden ließ.
Die Blues-Ladies heutzutage haben kein Problem damit, in Röcken auf die Bühne zu gehen - wie man auch unlängst bei den "Girls with Guitars" sehen konnte - und mit Rock an sich natürlich auch nicht (das Wortspiel musste sein).
Die im Review zu "Voracious Love" angesprochene Entwicklung der jungen Finnin schreitet voran - nicht nur optisch - und inzwischen ist aus ihr auch eine begnadete Slide-Spielerin geworden, die den entsprechend einleitet und in Kombination mit ihrem Wah-Wah-Pedal sofort für Stimmung sorgt. Obwohl sie unzweifelhaft der Mittelpunkt von Bühne und Band ist, lässt sie auch ihren Saitenkollegen Davide Floreno Raum für manches Fill-In oder auch mal ein kurzes Solo , wie am Schluss von The Road Leading Home. Das Zusammenspiel der Beiden gefällt mir ausgesprochen gut.
Erja glänzt öfter mit dem Unisono-Spiel von Gitarre und Stimme, was ihr - und dem Publikum - offensichtliche Freude bereitet und hier und da erinnert sie mich an eine Ana Popovic mit einem bluesigeren, erdigeren Ansatz.
Die bluesigen Untertöne sind auch stets präsent, auch wenn es in einen eher modern groovenden R&B wie Mississippi Callin' geht. Da wirkt hörbar die "Pilgrimage" mit Lister und Parker noch nach. Schade eigentlich, dass aus diesem Album kein Song hier dabei ist.
Dafür das rockige Everything's Fine, von ihrem "Grip Of The Blues" Album, welches sie hier sehr "sphärisch" einleitet, um dann mit umso größerem Druck zu agieren. Da zeigt Erja, dass sie auch ohne Slide-Röhrchen gekonnte über ihr Griffbrett krabbeln kann. Bei diesem Ohrwurm-Song hört man auch wieder sehr gut, wie dynamisch die Band im Hintergrund agiert. Obwohl selten im Licht, haben die Musiker an Erjas Seite deutlichen Anteil am Geschehen und unterstützen ihre "Chefin" hervorragend.
Die zarten Finger von Lyytinen scheinen kaum den Hals ihrer Gitarre umfassen zu können, und zaubern doch so einen tollen, funkigen Groove wie bei Grip Of The Blues, sodass es mir ein Rätsel ist, wie die Leute im Saal da noch sitzen bleiben können. Ja, das Theater ist bestuhlt und so könnte die Unterstützung gern größer sein, aber meist sieht man nur die Band, bei bestem Bild, an der scheitert es nicht - da kommt richtig Stimmung auf.
Gern lässt man sich von Erjas Saitenkünsten so verzaubern, dass - zumindest mir ging es so - erst bei einem Song wie Can't Fall In Love auffällt, wie sehr sich das Mädel auch gesanglich entwickelt hat. Das kommt bei dieser souligen Ballade so richtig deutlich hervor.
Tony Joe Whites Steamy Windows - und deutlich mehr an dessen Vorlage als an Tina Turners Version angelehnt - ist natürlich ein Highlight und wenn Erja im "Talking-Blues-Mittelteil" Madonnas Like A Virgin zitiert, wird es direkt erotisch. Da sprüht das abschließende Gitarren-Duell mit Floreno umso mehr Funken.
Aber auch ganz alleine und nur mit Akustikgitarre bewaffnet überzeugt die Sängerin. Dabei erinnert mich No Place Like Home ein bisschen an Come On Into My Kitchen. Vielleicht nicht ungewollt.
Ein langes, bluesig-intensives Vorspiel birgt Robert Johnsons Crossroads und liefert Erja letztlich die "Startrampe" für ein feuriges Instrumental, das sie zu einem großzügigen Ausflug ins Publikum nutzt und dem sie so ganz locker mal When The Saints einfließen lässt. Für mich eigentlich schon der Höhepunkt des Konzertes, auch wenn noch ein paar Nummern folgen.
Für mich ist "Songs From The Road" jedenfalls ein toller Live-Mitschnitt, ohne Schwächen, der so richtig Lust macht, diese Künstlerin bald wieder auf deutschen Bühnen begrüßen zu dürfen. Sie hat die Stimme, die Songs und nicht zuletzt diese richtig geil klingende Slide-Gitarre, um für einen kochenden und rockenden Bluesabend zu sorgen.
Bild und Ton auf CD - Letzteres auch auf der CD - sind vom Feinsten und die DVD wird noch durch ein kurzes Interview mit Erja erweitert und abgerundet.