Enchant Tug Of War, Inside Out/SPV, 2003 |
Doug Ott | Guitars, Piano, Mellotron, Strings | |||
Ed Platt | Bass | |||
Sean Flanegan | Drums | |||
Ted Leonard | Vocals, Guitars | |||
Bill Jenkins | Keyboards | |||
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1. Sinking sand | 6. Living in a movie | |||
2. Tug of war | 7. Long way down | |||
3. Hold the wind | 8. See no evil | |||
4. Beautiful | 9. Progtology | |||
5. Queen of the informed | 10. Comatose | |||
Etwas überraschend, dass ENCHANT schon wieder mit einem neuen Album aufwarten. Diese Überraschung weicht jedoch schnell dem Verständnis, wenn man sich vor Augen hält, dass "Tug of war" nahezu ausschließlich Songs enthält, die eigentlich für das erste Soloalbum von Mastermind Doug Ott vorgesehen waren.
Warum das Material nun unter dem Namen ENCHANT veröffentlicht wird wissen die Götter. Am naheliegendsten scheint die Vermutung, dass die Songs einfach zu sehr nach ENCHANT klangen. "Tug of war" setzt genau da an, wo die Amerikaner stilistisch mit ihrem letzten Album "Blink of an eye" innegehalten haben. Die Band präsentiert den für sie typischen melodiösen Neoprog, irgendwo im Spannungsfeld zwischen MARILLION, SAGA und KANSAS.
Wie gehabt ist auch das neuste ENCHANT-Werk kein musikalisches Fastfood. Man bekommt zwar schnell einen oberflächlichen Zugang, der einen erkennen lässt, dass es sich wieder um ein starkes Album handelt, aber bis einzelne Songs sich als Highlights herauskristallisieren muss man schon etwas Zeit investieren.
Das sind dann vor allem das schöne, etwas ruhiger gehaltene Beautiful, das abgefahrene, seinem Namen alle Ehre machende Instrumental Progtology, der Opener Sinking sand, sowie das abschließende Comatose.
ENCHANT beherrschen auf vortreffliche Art und Weise komplexe und anspruchsvolle Musik einfach und eingängig klingen zu lassen. Immer wieder streut die Band instrumentelle Kabninettstücken ein, die aufhorchen lassen. Dabei kommt keiner der Protagonisten zu kurz, aber der wirkliche Star ist der Song.
Zudem ist "Tug of war" ein weiteres beeindruckendes Bewerbungsalbum von Sänger Ted Leonard, sollte Steve Walsh sich irgendwann aufs Altenteil zurückziehen.
Wenn man mit aller Gewalt Kritik üben will, dann höchstens, dass "Tug of war" sich nur in marginalen Nuancen von seinem Vorgänger "Blink of an eye" unterscheidet. Würde man die Höhepunkte beider Alben auf einer CD mit 75-minütiger Spieldauer zusammenfassen, dann könnte man mit Fug und Recht von einem progressiven Meisterwerk sprechen. So aber ist "Tug of war" nur ein weiteres sehr gutes ENCHANT-Album, das ich durchaus auf eine Stufe mit seinem Vorgänger stellen möchte.
Jetzt wäre eigentlich auch mal ein Live-Album der Kalifornier angesagt, und sei es nur um die Zeit zu überbrücken, bis man genügend frische Ideen gesammelt hat, damit das nächste Studioalbum nicht zu einer weiteren "Blink of an eye/Tug of war"-Blaupause wird. Von einer Band wie ENCHANT, darf man das einfach erwarten.