Donnie Munro

Reichenbach, H2O, 27.04.2001

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 27.04.2001

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Redakteur(e):

Martin Schneider


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Zu den atmosphärischen Klängen von Nuair bha mi og wird die Bühne stimmungsvoll aber dezent in Nebel getaucht. Ein einfacher, aber genialer Schachzug, der sofort für die richtige Atmosphäre im Publikum sorgt. Schade, dass nur drei schottische Flaggen die Bühnendekoration ausmachen. Ein ansprechendes Bühnenbild, wie es RUNRIG früher bei Siol ghoraidh verwendeten, hätte doch noch etwas mehr hergemacht. Trotzdem wird man perfekt auf die kommenden zwei Stunden eingestimmt. Man löst sich vom Alltag, verlässt in Gedanken das heimatliche Deutschland und reist in Gedanken in die Highlands.

Donnie Munro eröffnet die Show mit dem rockigen Opener On the west side und das H2O steht Kopf. Auch wenn die neue Halle mit etwa 300 Besuchern bestenfalls zu einem Drittel gefüllt ist, herrscht sofort eine begeisterte Atmosphäre. City of lights, einer der RUNRIG-Klassiker, den die Band selbst viel zu selten im Live-Programm hatte, wird vom Publikum entusiastisch abgefeiert. Donnie ist sichtlich zufrieden, dass die Nummer, die ihm inhaltlich sehr viel bedeutet, auf dermaßen gute Resonanz stößt.

Wenn man mich nach meinen absoluten Lieblingssongs befragt, dann lande ich immer recht schnell bei Always the winner, dem dritten Song im Set. RUNRIG haben es nie verstanden, den Song live in einer halbwegs akzeptablen Version zu spielen, mit dem absoluten Tiefpunkt ihn auf der Long distance Tour als Ballade zu interpretieren. Auch Donnie Munro hat die Nummer, wenngleich sehr dezent, umarrangiert und der Song hat diese Operation relativ unbeschadet überstanden. Was für ein starker Auftakt.

Catch the wind, die alte Donovan-Nummer wird durch einen langen Monolog Donnies über seine Kindheit auf Skye und den Einfluss von Donovan auf seinen musikalischen Werdegang eingeleitet. Ich komme aus dem Staunen fast nicht mehr heraus. Die vierte schnelle Nummer in Folge! Hoffentlich überfordert Donnie damit nicht das Publikum im H2O, das mich doch stark an Leicester oder Stirling denken läßt. Ähnlich wie bei den RUNRIG-Konzerten auf der Insel, ist das Publikum von der Altersstruktur sehr breit gefächert. So von sechs bis sechzig dürfte alles vertreten sein, allerdings auffallend viele Familien mit Kindern.

Morning light als erster ruhiger, atmosphärischer Song, gibt dem Publikum Gelegenheit mit der Vernichtung der mitgebrachten Wunderkerzenvorräte zu beginnen und mir die Chance ein Bier zu holen. Die Nummer hat das Potential für drei Minuten, wird aber schon in der Studioversion auf wahnwitzige acht Minuten gestreckt. Das hätte nicht sein müssen, aber zumindest kann Backgroundsängerin Holly Thomás sich einen mehr als verdienten Sonderapplaus abholen.

Holly war ursprünglich als Support vorgesehen gewesen, musste jedoch - gerüchteweise wegen einer Sehnenverletzung, die sie am Gitarre spielen hinderte - passen. Schade, denn ich hätte zu gerne erlebt, wie sich diese Frau mit der tollen Stimme, die ständig lächelt und wie eine kurze Ausgabe von Popeye's Olivia wirkt, als Solokünstlerin macht.

Fields of the young folgt, eine mächtige Hymne, zu mächtig für diesen mittleren Club. Der Song gehört in ein Stadion, oder wenigstens ans Ende des Sets, denn er erdrückt das Publikum regelrecht. Aber die Nummer bringt Atmosphäre. Zum ersten Mal spüre ich diese besondere Stimmung, wie man sie von RUNRIG von ihren großartigsten Aufrtitten her kennt. Die Musik nimmt einen emotional gefangen und berührt einen tief. Es ist dieses Gefühl von Sehnsucht das in einem entsteht, Sehnsucht nach der beeindruckenden Szenerie der schottischen Highlands, nach Skye, Marsco, dem Storr, dem Fish 'n' Chips Wagen im Hafen von Portrée, einem hervorragenden Malt... und Trauer, denn man weiß genau, dass all diese Dinge im Moment unerreichbar weit weg sind. Es ist eine Art Heimweh... und RUNRIG, beziehungsweise Donnie Munro, liefern dazu den Soundtrack, voll wunderbarer Schönheit und gleichsam voller Melancholie und Trauer, dass man am liebsten weinen möchte.

Die Ansage zum nächsten Stück nutzt Donnie, um seine ehemaligen musikalischen Wegegfährten Calum und Rory MacDonnald von RUNRIG in höchsten Tönen zu loben, was ihm einen frenetischen Applaus aus dem Publikum beschert.

Eirinn schlägt noch einmal Wunden in die gleiche emotionale Kerbe wie Fields of the young, bevor die druckvollste und härteste Version von Harvest moon das H2O aus den melancholischen Träumen reißt und zum Toben bringt. Ein Zwischenruf aus dem Publikum: Des war saustark! Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Was ist das Außergewöhnliche an Donnie Munro? Er ist nicht der charismatische Frontman, der ein Publikum mit Gesten und seiner Ausstrahlung fesselt. Es ist ganz allein seine Stimme, mit der er in der Lage ist, magische Momente zu erzeugen. Chi mi'n geamradh. Das Herz droht zu zerspringen.

Das anschließende Dark eyes ist ein Meisterwerk ohnegleichen. Es gibt kaum ein Stück, das besser die Atmosphäre eines Pubs oder Ballrooms irgendwo im Nirgendwo des schottischen Hochlands einfängt, und es schafft diese in die heimische Stube oder, wie in diesem Fall, in einen Club im Filstal zu transportieren.

My back pages, im Original von Bob Dylan rockt ohne Ende, Irene ist einfach nur ein starker Song. Was kommt wohl als Nächstes? Waren die Shows von RUNRIG irgendwo kalkulierbar und vor allem in der letzten halben Stunde sehr voraussehbar, bei Donnie Munro regiert (noch) das überraschende Moment.

Donnie überlässt die Bühne seinem Gitarristen Chaz Stewart, der ein Stück seines Soloalbums The angel falls zum Besten gibt. Castaway hat mit Folkrock allerdings nur am Rande zu tun. Mich erinnert das melancholische, atmosphärische Instrumental eher an RAINBOWs Weiss Heim. Jedenfalls nicht schlecht.

Trotzdem ist Song of the earth, mit dem Donnie sein Konzert fortsetzt, ein ganz anderes Kaliber. Auch hier hat er mal wieder eine starke RUNRIG-Nummer ausgegraben, die man gerne öfters von den Schotten gehört hätte. Genau das Gegenteil trifft auf Only the brave zu, einen Song den RUNRIG regelrecht zu Tode gespielt haben. Doch der Song wird zur Hymne des Abends, nicht zuletzt, weil die Version von Donnie Munro irgendwie spannender wirkt. Doch schlussendlich ist es das Publikum, dass den Titel zu einem außergewöhnlichen Erlebnis macht. Der Refrain wird aufgenommen und von hunderten von Kehlen lauthals mitgesungen, selbst als die Band bereits die Bühne verlassen hat. Das erinnert stark an die Interaktion zwischen U2 dem Publikum bei 40 in den Achtzigern.

Die Band kehrt nach einigen Augenblicken auf die Bühne zurück und spielt unter dem Jubel des Publikums als spontane Reaktion noch einmal einen Teil von Only the brave. Donnie Munro stellt die Band vor, und bedankt sich beim Publikum für die großartigen Reaktionen, bevor The greatest flame, und das heißt noch einmal Emotionen pur, den regulären Set beendet.

Als würdige Zugabe folgt noch das getragene The garden boy. Natürlich wäre es schön gewesen, auch noch das laut Setlist vorgesehene Will you walk on by zu hören, doch nach zwei Stunden grandioser, bisweilen zum Weinen schöner Musik, kann man mit diesem Konzert mehr als zufrieden sein.

Donnie Munro hat es wieder einmal geschafft, diese einzigartige Atmosphäre heraufzubeschwören, die früher die Konzerte von RUNRIG auszeichnete. Diesen Auftritt stelle ich ohne lange zu überlegen in eine Reihe mit den RUNRIG-Konzerten 1993 in Stuttgart, 1995 auf der Loreley und 1997 in Stirling. Bewegender und emotionaler habe ich Musik niemals erfahren dürfen.

Danke an Irene & Christian (HYPERTENSION), Christoph ([2 x zwei] Promotion), Donnie Munro & Band und das komplette H2O-Team

Martin Schneider, 31.03.2001

 

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