Hattler, Dinslaken, Walzwerk, 05.10.2016 |
Auch wenn die Zeit der Drogen offenbar vorüber ist, spielten sich Helmut Hattler und seine drei Gefährten - Schlagwerker Oli Rubow, Saitenmagier Torsten de Winkel und Samtkehle Fola Dada - an diesem denkwürdigen Mittwochabend in Dinslaken in einen wahren Rausch. Somit schlug Bass-Legende Hattler, der vor fast 40 Jahren mit seiner inzwischen als Kult-Truppe gehandelten Combo KRAAN zuletzt in dem beschaulichen Städtchen am Niederrhein zu Gast war, einen weiten Bogen vom drogenvernebelten Siebziger Jahre Jazz-Rock seiner Jugend-Band bis hin zum heutigen musikalischen Gemischtwarenladen aus Jazz, Funk, Pop, Weltmusik und Trance. Ein bunter Kiosk mit allerlei prickelnden Bonbons. Für jeden Geschmack etwas dabei. Selbstbewusst angeboten und freundlich verkauft von ausgewiesenem Fachpersonal. Was im halbwegs gut besuchten Dinslakener "Walzwerk" zunächst etwas lasch und tranig begann, steigerte sich im Laufe des knapp 2-stündigen Vortrags zu einem wahren Feuerwerk. HATTLER, der insgesamt nicht viele Worte machte und nur einmal etwas weiter ausholte, als er offen und ehrlich seine musikalischen Visionen und Ambitionen erläuterte, vertraute offenbar auf einen gut ausgeklügelten Spannungsbogen, der die anfängliche Langeweile spätestens mit Beginn der ersten, längeren Instrumentalpassage, die Torsten de Winkel eröffnete, schnell vergessen machte. Das von Herrn Hattler immer wieder gelobte Fachpersonal machte seinem Namen alle Ehre, wobei man sich kaum entscheiden konnte, wem die größeren Sympathien galten: Torsten de Winkel mit seinen halsbrecherischen Jazz-Kadenzen und irrwitzigen Soli an der Halbakustischen oder etwa doch seine geschmackvolle Integrierung der lange nicht mehr wahrgenommenen E-Sitar, die schwebende Flächen, schillernde Farben und passgenaue Texturen zeichnete? Oder beeindruckte möglicherweise doch Chef-Komponist Helmut Hattler selbst das Publikum am nachdrücklichsten mit seinen weit ausholenden Song-Gebilden und ausgeklügelten Bass-Soli, die immer noch den seligen Rickenbacker-Geist der Siebziger Jahre vor sich her scheuchen? Für manche war es möglicherweise dann aber doch die zauberhafte Fola Dada, die mit ihrem samtenen Gesang und ihrer reinen und unprätentiösen Attraktivität so manches Männerherz höher schlagen ließ. Hattlers aktuelles Album "Warhol Holidays" wurde zugunsten altbewährter Klassiker kaum bedacht (Spell E.Z. blieb hängen), doch die dargebotene Setlist aus The Terrace, Nachstrom, Dehli News, Dimitri, Watchagonnado, Dinner For Three und weiteren Knallern zündete schlussendlich auf ganzer Linie. Ein Fest. Gar nicht auszudenken, wenn da noch Drogen im Spiel gewesen wären. |