Chuck Prophet Night Surfer, Yep Roc Records, 2014 |
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01. Countrified Inner City Technological Man | 07. If I Was A Baby | |||
02. Wish Me Luck | 08. Ford Econoline | |||
03. Guilty As A Saint | 09. Felony Glamour | |||
04. They Don't Know About Me | 10. Tell Me Anything | |||
05. Lonely Desolation | 11. Truth Will Out | |||
06. Laughing On The Inside | 12. Love Is The Only Thing | |||
Auch ein Chuck Prophet kann nicht in die Zukunft schauen (auch wenn sein Nachname anderes vermuten lässt). So werden auch die Visionen, die er auf seinem neuen Album "Night Surfer" verhandelt, kaum an die Realität in zwanzig oder dreißig Jahren heranreichen. Oder vielleicht doch?
Für den Mann aus San Francisco fallen seine neuen Lyrics in der Sparte Dystopie (fiktionale, in der Zukunft spielende Erzählung mit negativem Ausgang. [duden.de]). Prophet macht keinen Hehl daraus, dass ihm der augenblickliche Zustand der Welt ein wenig Sorge bereitet und die Wege in die Zukunft sehr verschlungen erscheinen. Zumindest da steht der wahre Held der Squire-Telecaster nicht alleine.
Auf seinem gewagten Trip wird der 51-jährige Kalifornier vom gleichen Sound-Team begleitet wie zuletzt auf seinem recht erfolgreichen "Temple Beautiful"-Album:
Brad Jones (Josh Rouse, Kelly Willis, Hayes Carll, Amy Rigby) produzierte mit feinfühligem, wenn auch antiquirtem Pop-Appeal und Paul Kolderie (Radiohead, Pixies, Portugal.The Man) zeichnete fürs pfundige Engineering und transparente Mixing zuständig. R.E.M.s Saiten-Ass Peter Buck steuerte zur Freude des Chefs auf einigen Tracks seine markanten Jangle-Gitarren bei.
Prophet selbst, dessen ausgezeichneten Künste seit zig Jahren für extrem hohes Niveau sorgen, brilliert erneut mit ausgesuchten und unterschiedlichsten Gitarrensounds, die bei aller Bodenständigkeit immer wieder gerne in die Trickkiste greifen, um für extravagante Sound-Überraschungen zu sorgen. So hat Meister Prophet über die Jahre seinen eigenen, unverkennbaren Gitarrenstil entwickelt und kultiviert. Großartig.
Gerieten seine letzten Werke mitunter ein wenig widerborstig, weil sie dem Mainstream stets die lange Nase zeigten, präsentiert sich "Night Surfer" erheblich zugänglicher, straighter, schneller überschaubar und deutlich Rock- und Pop orientierter als erwartet.
Allein die ersten fünf Tracks taugten in einer Welt jenseits der konformen Playlists zu veritablen und gehaltvollen Radio-Hits. Ein pfiffiges Lied wie Lonely Desolation verfügt in meiner Vorstellungswelt über massives Hit-Potential. Doch das wird man wohl als Utopie abtun.
Prophet hangelt sich elegant und konsequent über zahlreiche Soundlandschaften, die zumeist 'very british' daherkommen und Erinnerungen an Größen wie David Bowie, Mott The Hoople (Truth Will Out) und Rolling Stones (Countrified Inner City Technological Man) kitzeln, während er arrangementtechnisch dem Glam-Rock Sound (Felony Glamour, Love Is The Only Thing) der beginnenden Siebziger Jahre Tribut zollt. Das üppig instrumentierte Laughing On The Inside wartet neben knackigen Gitarren mit reichlich Streicherbreitseiten und vielstimmigen, weiblichen Backing-Vocals auf. Bei aller Wucht wirkt hier jedoch nichts aufgesetzt oder gar überkandidelt. Sämtliche Details thronen fest verankert an ihrem Platz, leuchten und glitzern, imponieren mehr und mehr, während man sich wieder und wieder über ein so perfekt gelungenes und tolles Album freut. Zweifellos die Platte des Monats.