Berlin-Pankow, Garage, 30.09.2004 | |
Im Rahmen der ersten Popkomm in der Hauptstadt gab es ja eine Unmenge von kulturellem Beiprogramm, sprich Konzerte, Festivals und Clubnächte ohne Ende. Dabei gab es natürlich auch einiges reichlich überflüssiges und/oder für das Hooked on Music nicht relevantes - die Messe nennt sich ja nicht umsonst "Popkomm". Umso erfreulicher, dass auch die ortsansässigen Rocklabel die Gelegenheit nutzten, eine Leistungsschau zu betreiben. So lockte Rabazco mit einem doch sehr attraktiven Line-up zu einer Concert & Fire-Night in die Pankower Garage: THE CASCADES, DOWN BELOW, THANATEROS und UNDERGOD waren angekündigt, dazu sollte es Lichteffekte von SEELENFUNKEN geben. Leider wurde aus letzterem nichts (feuerpolizeiliche Einwände oder sollte ich die versäumt haben? - auf der Bühne waren sie jedenfalls nicht), so dass die extremsten Feuereffekte vor der Garage von den auf dem Grill liegenden Bratwürsten ausgingen. Aber dafür zündeten ja die Bands auf der Bühne.
Ups, wie ich mittlerweile aus bombensicherer Quelle erfahren habe, fand die Performance von SEELENFUNKEN doch statt, rücksichtsvollerweise vor der Garage und nicht auf der Bühne, sonst wäre es den Anwesenden sicherlich sehr heiß geworden.
Also von wegen Bratwürste... ich kann mich nur entschuldigen und es nicht mal auf den Alkohol schieben. Ein paar Bilder gibt es davon übrigens hier: www.destinationsally.com.
Den Anfang machten THE CASCADES mit ihrem doch ziemlich straighten Gothic Rock, irgendwo zwischen den SISTERS OF MERCY, THE MISSION, LOVE LIKE BLOOD oder MERRY THOUGHTS. In den neunziger Jahren hätte mir so eine Musik sicherlich ausgesprochen gut gefallen, inzwischen ist mir das etwas zu "mainstreamig", wenn man bei solcher Musik davon sprechen kann, zu wenig Ecken und Kanten oder unerwartete Ausbrüche.
Nichtsdestotrotz haben die Vier ein paar ganz gute Songs auf Lager, allen voran Hexen Einmaleins, und die Performance und Stimme von M.W. Wild ist wirklich klasse. Entsprechend war die Stimmung (ok, "Stimmung" ist unter den Schwarzgewandeten ein relative Begriff - niemand tanzt sich da in Trance und reißt sich die Kutte vom Leib) schon richtig gut.
Abschied zu nehmen gilt es von Drummer Andy Gmeinwieser, er gab sein letztes Konzert mit den CASCADES.
Das letzte Konzert von DOWN BELOW, dass ich gehört hatte war ja als Support von SCHANDMAUL und verlief etwas unglücklich (siehe unser Bericht). Umso gespannter war ich auf diesen Auftritt im deutlich kleineren Rahmen, zumal Carter einen neuen Song versprochen hatte.
Und nachdem ein paar technische Probleme mit der Gitarrenanlage ausgeräumt waren, legten die Jungs eine wirklich gelunge, schön druckvolle Performance hin, wobei Neo-Scope die optischen und Leadgitarrist Carter die musikalischen Highlights setzte. Die zusätzliche Portion Power bekommt Stücken wie The Man who Rodded Dead People, Enbalmment oder auch How To Die In Space wirklich gut, wenn dabei auch wie diesmal der Sound stimmt.
Insgesamt steigerte sich die Band mit jeder Minute und auch das neue Material kam sehr gut rüber. Zwar war das Publikum zu großen Teilen etwas reserviert, aber das lag nicht an DOWN BELOW, sondern eher daran, dass die meisten eher Dark Waver oder Goths waren und mehrheitlich wohl wegen THANATEROS da waren. Manche waren auch da, um einfach da zu sein (was ich da für ein Geblubber eines Mitarbeiters eines Majorlabels mitanhören musste, aber das ist ein anderes Kapitel).
Immerhin, bei dem traditionellen HEROES DEL SILENCIO Cover Entre dos tierras gingen die Leute etwas mehr mit und am Ende hatten DOWN BELOW sicherlich auch ein paar neue Fans hinzugewonnen.
Höhepunkt des Abends war für die meisten sicherlich der Set von THANTEROS. Zum einen waren sie im doppelten Sinne die local heroes an diesem Abend, da ja Jenne Riediger, ehemals DREADFUL SHADOWS, bei Rabazco verantwortlich tätig ist und außerdem sollte es auch neue Songs der Band geben.
Natürlich wäre unser Drachentöter hier der kompetentere Redakteur gewesen, aber aus unerfindlichen Gründen scheute er sich, den Weg von Holzgerlingen nach Pankow (lächerliche 660 Kilometer) an einem Donnerstag anzutreten.
Da ich die Band das erste Mal live hörte, kann ich daher keine großen Vergleiche anstellen. Allerdings scheint mir, auch dank Christoph Maaß (es-SPILWUT) an der Violine, der eingeschlagene Weg in Richtung Celtic Metal fortgeführt zu werden, es gab doch einige metallisch angereicherte Reels zu hören. Besonders eindrucksvoll fand ich auch das auf indischen Mantras basierende Gayatri und die Power-Folk-Metal-Nummern So high und Chaos rising. Die Band wirkt auch richtig homogen, kein Wunder, spielten Sänger Ben Richter, Gitarrist Karsten Kennert und Drummer Mario Ulrich schon bei VERMILLION FIELDS zusammen.
Hier ging das Publikum dann auch richtig ab (ok, siehe oben), war die Musik und der Auftritt von THANATEROS doch auch im wahrsten Sinne des Wortes mitreißend.
Leider schon sehr spät (gegen 1.00 Uhr) war es, als schließlich UNDERGOD auf der Bühne standen, weshalb ein nicht unerheblicher Teil des Publikums bereits auf dem Heimweg war. Dessen ungeachtet lieferten die Schweizer um Thommy Baumgartner, Patrick Aellig und Fran Lorkovic, nun ja verstärkt durch Gitarristin Maja Schwarz eine fulminante Show ab, bei denen im Vergleich zum Album "Who's Your God" (siehe unsere Kritik) noch einige Schippen drauf gelegt wurden. Dabei wurden trotz noisigen Samples und metallischen Gitarren aber die Songs nicht außer Acht gelassen, die Band ist für mich weiterhin keine Industrial-Band a la MINISTRY oder NINE INCH NAILS, es geht eher in Richtung WHITE ZOMBIES und ist damit deutlich bodenständiger und im traditionellen Sinne rockiger und trotzdem innovativ.
Da ich leider auch irgendwann mal wieder nach Hause mußte (der Rückweg betrug immerhin 150 Kilometer und der nächste Tag war ja auch ein Arbeitstag), konnte ich leider nicht das komplette Set hören, werde das aber bestimmt im Rahmen der anstehenden UNDERGOD-Tour nachholen, da ich die Band live noch stärker und zwingender fand, als bei ihren Studiowerken.
Als Fazit kann man anmerken, dass Rabazco mit dieser gelungenen Labelnacht eine willkommene, vielschichtig rockmusikalische Alternative zu den Popkomm-Veranstaltungen geschaffen hat.