Life Of Agony

Breed 77

Berlin, Columbiahalle, 23.10.2003

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 23.10.2003

Links:

Breed 77 Homepage



Redakteur(e):

Ralf Stierlen


Berlin, Columbiahalle, 23.10.2003

Das kaum noch für möglich gehaltene Comeback der New Yorker Crossover-Heroen LIFE OF AGONY lockt sogar die Berliner hinter ihrem Ofen respektive aus der Kneipe hervor. Die altehrwürdige Columbiahalle, die derzeit aufgrund der gesperrten Balkons etwas weniger als der sonst 3.500 Zuschauern, aber immerhin noch etwa 2.800 Leuten Platz bietet, ist ausverkauft.

Fony Der angedachte Konzertbeginn um 20.00 Uhr wird auch recht pünktlich eingehalten (immer öfter in letzter Zeit, hat da etwas ein kundenorientiertes Umdenken begonnen?) und FONY aus Surrey, Großbritannien, entern die Bühne. Die zweitausenvierhundertsiebenundzwanzigste Crossover/Nu-Metal-Band liefert einen euphorisch-energischen Powerset ab und hat mit Circles, von der aktuellen CD, auch einen recht hörbaren Song am Start, der den auch den meisten Beifall findet. Der Rest ist denn doch ein bißchen vom Schlage "schon tausendmal gehört".

Breed 77 Das kann man von der Flamenco-Metal-Rock-Melange von BREED 77 sicherlich nicht behaupten.
Die Londoner Band mit Wurzeln nach Gibraltar (wo es ähnlich neblig ist wie auf dem Bild - Red., Abt. Durchblick), die als zweiter Support nachfolgt, bringt erfreulicherweise vor allem die mit maurischen Elementen durchzogenen Titel ihres Albums (siehe unser Review) zu Gehör, wie Karma, L'ultima hora oder The final prayer, bei letzterem meinte doch tatsächlich ein Vollpfosten hinter mir, das klänge ja nach OFRA HAZA.
So viel zur Sachkunde von Teilen des Publikums.
Aber BREED 77 geben unentwegt Feuer, Paul Isola kann mehrfach seine Djembe zum Einsatz bringen, Danny Felice wechselt öfters zwischen elektrischer und am Stativ montierter akustischer Gitarre, um den Songs unterschiedliche Dynamiken zu verleihen. Auch ein neuer Song, The river wird präsentiert, der schon allein durch den Titel sehr gut in diesen Rahmen passt (bei LIFE OF AGONY steht "the river" ja als immer wieder kehrende Metapher, siehe erstes und aktuelles Album).
Den fulminanten Schlußpunkt bildet Rise, bei dem durch heftige Animation von Paul Isola selbst das etwas reservierte Berliner Publikum richtig abgeht. Die Nachfrage am Merchandising-Stand nach den Produkten von BREED 77 war dann auch beträchtlich.

Life Of Agony So gegen 22.00 Uhr war es dann endlich soweit: Mit einem etwas kruden Geräusche-Intro betraten die in der ursprünglichen Besetzung mit Sal Abruscato, Alan Robert, Joey Z. und, natürlich ganz entscheidend nach dem mißglückten Experiment mit Whitfield Crane kurz vor der Auflösung, mit Keith Caputo, dem unvergleichlich charismatischen Sänger, wiedervereinten LIFE OF AGONY die Bühne. Zeitgleich stieg der Anteil junger weiblicher Fans in unmittelbarer Nähe des Podiums sehr auffallend (jetzt weiß ich endlich, warum auch Frank so auf LOA steht, von wegen Keith Caputo und so...).
(Hähähä, einige aus der HoM-Redaktion wurden sogar schon bei Robbie Williams gesichtet!)

Life Of Agony Natürlich wurde zunächst River runs red abgefeuert. Zur Optik ist anzumerken, dass Keith zum Glück wieder die Haare kurz hat, er kommt also nicht mehr als Hippie, sondern als der gewohnte, irgendwie knuddelige Rock-Gnom daher (kennt jemand die Zeichentrickserie "Es war einmal... der Mensch"? Da gibt es immer einen fiesen Zwerg, genau so sieht Keith aus *g*).
Alan Robert nähert sich dagegen immer mehr Bruce Willis an, Sal Abruscato, von den anderen praktischerweise nur Sal A. genannt, wird mehr und mehr zum Wikinger, während Joey Z. fast die ganze Zeit mit breitem Grinsen unterwegs ist und mächtig Spaß hat.
Kein Wunder: Live ist die Band zum Großteil die Band von Joey Z., Stücke wie Other side of the river, I regret, Weeds oder Lost at 22 kommen hier natürlich ein ganzes Stück rauer, härter und metallischer zur Geltung. Das mag etwas auf Kosten der Zwischentöne, und damit auf Kosten Caputos gehen, was letztlich vielleicht auch damals zum Weggang Caputos führte, aber jetzt scheint die Band wieder mit sich im Reinen und feiert auch hier in Berlin eine triumphale Wiederauferstehung. Dabei wird auch deutlich, was LIFE OF AGONY von ihre unzähligen Nachahmern im Bereich Crossover unterscheidet: Bei LOA steht immer der (und zumeist ein richtig guter) Song im Mittelpunkt, es gibt keine Effekte um der Effekte Willen und der Sound ist, bei aller Wucht und Härte, von einer Wärme und Erdigkeit, die den meisten neuartigen Crossover-Bands abgeht.
Dazu haben natürlich auch die Texte von Underground, Hope, I regret oder Other side of the river den Nerv und das Lebensgefühl einer Generation in den Neunzigern getroffen, der die Träume einer besseren Welt verloren gegangen waren.

Jedenfalls ist heute abend festzustellen, dass die Band noch viele Leute erreicht und einiges zu sagen hat. Die Band selbst genießt auch ihren Auftritt und nimmt sich nach jedem Song richtig viel Zeit, um die Atmosphäre regelrecht aufzusaugen.
Auch bei Through and through können die Jungs beweisen, wie viel Druck zu entwickeln sie in der Lage sind und das Publikum reagiert, für Berliner Verhältnisse, wo man sich in der Regel abgeklärt-zurückhaltend gibt, geradezu frenetisch.

Nach gut 75 Minuten LIFE OF AGONY herrscht Freude über die Rückkehr einer einzigartigen Band und Hoffnung, daß im Studio noch etwas nachfolgen wird.

Ralf Stierlen, 29.10.2003

 

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