Der Winter geht, der BLUES CARAVAN  kommt. So war es zumindest 15 Jahre lang, mehr oder weniger. Unseren Wintern geht allerdings so langsam die Puste aus, was man vom BLUES CARAVAN auch in seiner mittlerweile 16. Auflage nicht sagen kann. Und auch das Aschaffenburger Colos-Saal füllt sich für einen Mittwoch doch recht ansehnlich. Paar Leute mehr könnten es immer sein, aber dafür, dass die Künstler noch nicht die großen Namen in unseren Breiten haben, kann man sehr zufrieden sein.

Traditionsgemäß begrüßt Label-Chef Thomas Ruf die Besucher und stellt die Künstler des 16. BLUES CARAVAN vor. Wie gewohnt stehen die zunächst zusammen auf der Bühne und bringen uns mit einer funkigen Fassung des CANNED HEAT-Klassikers Let‘s Work Together in Stimmung. Das ergänzt sich schonmal recht gut. Der rockigere Ansatz von Jeremiah Johnson, die tolle Stimme von Whitney Shay und die bluesige Verbundenheit von Ryan Perry. Für den Rhythmus zeichnet der schon zum Caravan-Inventar gehörende Roger Innis verantwortlich, dem man mit Amanda Dal eine ausgezeichnete Schlagzeugerin zur Seite, respektive aufs Podest gesetzt hat. Die Britin ist mit ihrem dynamischen Spiel sowie der jugendlichen Freude, die sie ausstrahlt, schon frühzeitig eine der Gewinnerinnen des Abends.

Ryan Perry übernimmt dann den ersten Teil des Abends, den er, selbstverständlich, mit einem Blues, aber überhaupt nicht Homesick (so der Songtitel) einleitet. Er sieht keine Veranlassung, sich und uns hier schon die Sporen zu geben, sondern lässt das locker grooven und präsentiert sein geschmackvolles Gitarrenspiel, wie auch seinen souligen Gesang. In Ain‘t Afraid To Eat Alone wird‘s was flotter, entspannte Charakter bleibt aber erhalten.

Zwischendurch entschuldigt er sich fast, weil mit seiner neuen Gitarre – erst wenige Stunden zuvor erworben – noch nicht komplett vertraut ist. Das wäre sicher keinem aufgefallen, hätte er es nicht erwähnt. Der Slow-Blues Oh No lässt ihm viel Spielraum seine  Emotionen mit Gitarre und Gesang auszudrücken. Wie kraftvoll seine Stimme ist, wird deutlich, als er zum Teil ohne Mikrofon am Bühnenrand weitersingt.

Mit Willie Dixons Evil Is Going On wird‘s dann etwas kerniger und der vertrackte Rhythmus macht auch Innis und Fräulein Dal so richtig Spaß. Wie auch dem Publikum. Da wird der (Colos-) Saal vom Mississippi Blues durchdrungen. Den reichlichen Applaus hat sich Perry jedenfalls verdient und er bleibt dann auch gleich auf der Bühne, denn nun folgt die San Diego-Lady Whitney Shay. Schon mit ihrem Dress verdeutlicht sie, dass sie keine Leisetreterin ist, sonder ordentlich Feuer im Blut hat. Stand Up! Ist sowohl Aufruf als auch Motto ihrer Show. Und natürlich Titel ihres aktuellen Albums.


Die Tatsache, dass auf ihren Alben weit mehr Instrumente vertreten sind, wie Bläser und Keyboards, fällt hier kaum auf. Zumal, wenn man Songs wie das funkige Love‘s Creeping Up On You, heute zum ersten Mal hört. Hut ab vor Ryan Perry, was der an der Gitarre leistet und auch noch einen hervorragenden Background-Sänger abgibt.

Angetrieben natürlich immer von der quirligen Sängerin in der Bühnenmitte, die mit ihrer Stimme ebenso powert, wie mit ihrer ganzen expressiven Art. Wenn es sein muss, liegt sie auch mal auf dem Rücken auf den Bühnenbrettern und singt so weiter. P.S. It‘s Not About You geht ziemlich ab und sorgt für viel Spielfreude bei den Instrumentalisten auf der Bühne. Viel Freude bei mir den anderen Besuchern löst offensichtlich Whitneys Adaption von Son House‘s Grinnin‘ In Your Face aus. Erst nur a capella, wie im Original, dargeboten, wird daraus am Schluss ein richtig geiler Boogie. Da steigt die Stimmung noch einmal um einige Grade.

Vom gleichnamigen Album stammt das folgende A Woman Rules The World. Sehr soul-haltig und für Whitney wieder Gelegenheit ihre raue Blues-Stimme auf Betriebstemperatur zu bringen. Damit endet dann auch schon ihr Auftritt und sie verabschiedet sich zum, schnell umlagerten, Merchandising-Stand, wo sie mit ihren Kollegen für Autogramme und Fotos zur Verfügung steht.

Die Pause wird ca. eine Viertelstunde, zwanzig Minuten gedauert haben und dann geht es mit Jeremiah Johnson weiter. Und der biegt vom Blues-Kurs erst einmal Richtung Southern Rock ab. White Lightning ist die Sorte country-getränkter Southern Rock, wie ihn LYNYRD SKYNYRD zu ihren guten Zeiten in den 90ern noch dann und wann auf ihren Alben hatten. Dass Johnson dass hier als einziger Gitarrist und nur im Verbund mit Bass und Schlagzeug so gut hinkriegt, nötigt schon Respekt ab. Auch vom Typ her ist er – nicht nur wegen des Cowboyhutes – mehr der kernige Südstaatler und, ja, trinkt, im Gegensatz zu seinen Mitstreitern, Bier auf der Bühne. Recht so.

Bei dem leicht an Hendrix erinnernden Blues-Stück Blues In Her Eyes (vom “Straitjacket“-Album) dreht im Songverlauf immer mehr auf und zeigt seine beachtliche Fingerfertigkeit. Das stachelt auch Innis und Dal an und der Spaß kletter weiter die Skala hinauf. An dieser Stelle sei wieder einmal auf den hervorragenden Sound hingewiesen, für den das Colos-Saal schon bekannt ist. Hat man dann noch solche Künstler, die es lautstärkemäßig von der Bühne nicht übertreiben, wird da eine echt tolle Sache daraus.

Auch Showdown hat den Sounthern-Growl in Stimme und Sound und stampft groovig dahin. Beziehungsweis hüpft, denn Jeremiah Johnson ist in Stimmung und hüpft auf und ab und einige Meter über die Bühne. Das rockt richtig gut.

Da hätte man wohl gern noch einiges länger zugehört. Genauso freut man sich aber, das Whitney Shay und Ryan Perry für das Finale zurück sind und nun legt dieser BLUES CARAVAN noch einmal zusammen richtig los. Bob Dylan‘s Gotta Serve Somebody liefert die Basis dafür und da werfen sich die drei Frontleute die Gesangs-Bälle herrlich zu und lassen es auch nicht an Soli fehlen. Und auch nicht an Respekt, denn mit Luther Allison‘s Watching You wird des großen Blues-Künstlers gedacht, der einst Ausschlaggeber für die Gründung von Ruf Records war.

Nach diesem emotionalen Blues wird wieder Party-Stimmung angesteuert und was viel Besseres, als Bob Segers Old Time Rock‘n‘Roll kann man dafür kaum wählen. Da wird auch im Publikum ordentlich mitgesungen.

Mit der letzten Zugabe will die Band, und vor allem Miss Shay unser Tanzqualitäten überprüfen und mit dem Soul-Funk-Klassiker Shakey Ground liefern sie die passende Grundlage. Ich denke, wir haben uns gut geschlagen und was die Truppe auf der Bühne angeht, die hat einen super Job gemacht. Sicher, das hat sich dann teilweise schon vom Blues entfernt, aber der Stimmung hat das keinen Abbruch getan und eher dazu beigetragen, dass wieder mal ein rundum zufriedenes Publikum in die Nacht hinaus strömt. Oft mit dem entsprechenden (CD-) Souvenir im Gepäck.

(Fotos: Epi Schmidt)

 

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