Anekdoten, Chapters, Kscope, 2009 |
Nicklas Barker | Gesang, Gitarre, Mellotron, Moog, Orgel, Clavinet, Rhodes, Bass | |||
Anna Sofi Dahlberg | Gesang, Cello, Mellotron, Orgel, Moog, Rhodes | |||
Jan Erik Liljeström | Gesang, Bass, | |||
Peter Nordins | Schlagzeug, Percussion, Vibraphon, Mellotron, Xylophon | |||
Gastmusiker | ||||
Per Wiberg | Piano (When I Turn; Wheel; The Old Man And The Sea) | |||
Pär Ekström | Fügelhorn, Cornet (Wheel) | |||
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Disc 1 | ||||
01. Riccochet | 07. A Sky About To Rain | |||
02. The Great Unknown | 08. Every Step I Take | |||
03. From Within | 09. Groundabout | |||
04. In For A Ride | 10. Gravity | |||
05. The War Is Over | 11. When I Turn | |||
06. Monolith | ||||
Disc 2 | ||||
01. Sad Rain | 05. Book Of Hours | |||
02. Wheel | 06. This Far From The Sky | |||
03. The Old Man And The Sea | 07. 30 Pieces | |||
04. Nucleus | 08. Prince Of The Ocean | |||
Janusköpfig – das ist das erste Attribut, das mir nach dem Hören dieser Doppel-CD in den Sinn kommt. Denn so wie der römische Gott mit den zwei Gesichtern präsentieren sich die Schweden von ANEKDOTEN auf ihrer selbst zusammengestellten Best-Of-Sammlung namens “Chapters“. Während auf der ersten CD elf eingängige – ich bin fast versucht zu sagen poppige – Stücke enthalten sind, zeigt die zweite CD mit ihren acht Tracks die progressive Urgewalt der Schweden in all ihrer Größe.
Da ich zuvor noch nie von ANEKDOTEN gehört hatte, stellte sich mir beim Hören von Disc 1 die Frage, was ist eigentlich progressiv? Denn landläufig wird unter progressiver Musik meist alles zusammengefasst, was „krumme“ Rhythmen, komplizierte Solo-Passagen und episch ausufernde Kompositionen beinhaltet. Dem werden ANEKDOTEN auf der ersten CD aber nicht gerecht. Sollte man aber als zweites Kriterium hinzufügen, dass auch Musik, die zum Denken anregt, als progressiv zu bezeichnen ist, dann erfüllen ANEKDOTEN dieses Merkmal rundheraus.
Denn die erste Scheibe beinhaltet überwiegend kurze Songs, die aber jederzeit spannend instrumentiert und soundtechnisch interessant sind. Zudem verfügen die Lieder über zahlreiche verschiedene musikalische Ebenen, die ineinander verwoben sind, sich aber teilweise auch entgegenlaufen und mit überraschenden Wendungen und Verschiebungen aufwarten. Insofern also durchaus Prog im ursprünglichen Sinne des Wortes. Jedoch ist das alles kein Rock, sondern weist durchaus eher eine Nähe zu Alternative und Pop (zum Beispiel bei The War Is Over) auf.
Das Ganze klingt dann sehr eigenständig, aber da wir ja immer Anhaltspunkte suchen, um mit Worten eine klangliche Vorstellung zu liefern würde ich sagen, ein wenig wie die Briten von FEEDER und MUSE gepaart mit THE CARDIGANS und den ruhigen, depressiven Phasen von NIRVANA. Wer sich das vorstellen kann hat eine Idee davon, wie ANEKDOTEN klingen.
Auf der zweiten CD zeigt sich dann das andere Gesicht der Band. Hier blitzt die „abgedrehte Fratze“ des musikalischen Genies durch mit endlosen Instrumental-Parts, bei denen die vier Musiker manchmal die Geduld und Konzentrationsfähigkeit des Hörers durchaus auf eine gehörige Probe stellen. Dass sie dabei manchmal über das Ziel hinausschießen und den Bogen kräftig überspannen (zum Beispiel bei Wheels) ist da fast nur konsequent. Meist finden sie aber auch dabei immer wieder zu wohligeren – weil wohlklingenderen - Gefilden zurück. Manche Stücke sind aber auch für "Proggies" eher schwer verdauliche Kost (Book Of Hours oder This Far From The Sky). Phasenweise klingt das dann wie ein verworrener LSD-Trip.
Wie Janus bleibt auch der Hörer nach dieser Tour de Force ein wenig zwiegespalten zurück, denn die Songs auf der ersten CD können durch die Bank begeistern und entführen den Hörer in interessante Klangwelten. Dem gegenüber steht eine zweite CD, die den Hörer eher überfordert und leicht konfus zurücklässt, als dass sie anregt. Vielleicht wäre eine Vermischung der Songs in diesem Fall besser gewesen, als eingängig und fordernd zu trennen.