Adam Green Gemstones, Rough Trade/Sanctuary Records, 2005 |
| ||||
1. Gemstones | 9. Who's Your Boyfriend | |||
2. Down On The Street | 10. Country Road | |||
3. He's The Brat | 11. Choke On A Cock | |||
4. Over The Sunrise | 12. Bible Club | |||
5. Crackhouse Blues | 13. Chubby Princess | |||
6. Before My Bedtime | 14. Losing On A Tuesday | |||
7. Carolina | 15. Teddy Boys | |||
8. Emily | ||||
Ehrlich gesagt, Freunde, mir erscheinen die nahezu hysterischen Lobgesänge über Adam Green immer noch zu gewagt. Obwohl er besser geworden ist, zweifellos. Im Gegensatz zu seinem 2003er Album "Friends of mine", welches mich nicht so ganz überzeugte, stösst Green nun in andere Breitengrade vor und lässt uns an seiner irgendwie aus den Fugen geratenen Welt teilhaben.
Und obwohl auf "Gemstones" scheinbar alles ungeordnet, wild, nassforsch, frech und teilweise auch wieder sehr vulgär zugeht, finden sich beim zweiten, dritten Anhören genügend Haltepunkte, die einem Orientierung in dieser fremden Welt bieten.
Es geht hier zu wie auf einem Karussell. Die Stimmung ist ausgelassen und ähnelt dem Fluidum einer Kirmes. Ein schillerndes Varieté aus hochfliegenden Röcken, feuerspuckenden Gauklern und Pony reitenden Prinzessinnen (ohne Unterwäsche, versteht sich).
Green bietet ein sicherlich sehr reizvolles musikalisches als auch textliches Spektrum, verfällt gar im Eröffnungs-Song Gemstones in so viele Tempiwechsel, dass es einem schwindelt. Aber er weiss seine Elaborate derart zu gestalten, dass er, kurz bevor man die Notbremse ziehen möchte, den Song selbst beendet. Und das rechne ich ihm hoch an. Das sind in der Regel zwei- bis zweieinhalb-minütige atemberaubende Kurzabenteuer, die jeder Musikliebhaber mühelos durchsteht. Irgendwann grinst man dann auch selig vor sich hin.
Die Streicherarrangements der superben Jane Scarpantoni (R.E.M., INDIGO GIRLS, 10.000 MANIACS), die "Friends of mine" so zuckrig erklingen liessen, fegte unser Adam bei "Gemstones" in die Mottenkiste und zauberte aus seiner Schatztruhe einen archaischen Wurlitzer-Piano-Sound, der sich wie eine Leuchtspur durch das Album zieht. Ich sagte ja bereits, Orientierungspunkte gibt er uns, der Adam.
Dann springt er unvermittelt in fast schon zappaeske Dimensionen vor, haut uns aberwitzige Kadenzen um die Ohren, croont plötzlich wie weiland Lee Hazlewood (Frank Sinatra hör ich immer noch nicht, sorry) und hetzt mir nichts dir nichts mit unbeirrbarer Macho-Pose und kehligem Jim Morrison-Timbre durch Over the sunrise. Ja, ja, das klingt schon geil...
Und plötzlich bekommen Greens Lieder eine Wendung, die an die Edelsteine aus Kurt Weills Feder erinnern. Um kurz darauf wieder in den wiegenden Tanzschritt eines solch primitiven wie bissigen Songs wie Emily zu verfallen. Ringelreihen, das ist was für unser Jungvolk. Da werden die Konzertsäle kochen, garantiert.
Adam Greens Stimme ist besser geworden, absolut, der Produzent hat ihr auch einen verdammt schönen Hall verpasst, muss wohl Spiralhall sein. Und die Songs sprühen nur so vor interessanten Wendungen. Man muss sich natürlich drauf einlassen wollen. Nur so beiläufig reinschnuppern gilt hier nicht. Da wird man sich wohl im Green-Labyrinth verlaufen, trotz der Piano-Leuchtspur.