4 Lyn

Thorn.Eleven

"Fake It As A Compliment, Nu Metal waren wir nie"

( English translation by Google Translation by Google )

Interview

Reviewdatum: 24.04.2004

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Redakteur(e):

Ralf Stierlen


4Lyn und Thorn.Eleven
"Fake it as a compliment - NuMetal waren wir nie", Interview

Um ihre jeweiligen neuen Scheiben angemessen promoten zu k?nnen (Reviews im Hooked on Music), sind die Labelgenossen 4 LYN und THORN.ELEVEN derzeit auf gemeinsamer Club-Tournee, der sogenannten Strobelight-Guerilla-Tour.
Kurz vor dem Beginn des Auftaktkonzertes im Berliner Silverwings Club hatte ich die Gelegenheit, mit Ron Clau?, von allen nur "Braz" genannt, dem S?nger von 4 LYN sowie David Becker, der Stimme von THORN.ELEVEN ein kurzes Interview zu f?hren.

Hooked on Music: Heute beginnt ja Eure gemeinsame Tour, fast gleichzeitig sind auch Eure neuen Scheiben rausgekommen, vielleicht erz?hlt ihr mal was dar?ber.

Braz: Das ist nat?rlich schmackhaft, weil THORN.ELEVEN und 4 LYN sind beide auf demselben Managementlabel, beide bei Rodeostar, daher bietet sich das nat?rlich an. ?ber THORN.ELEVENs neue Platte kann ich nichts sagen, aber nat?rlich ?ber 4 LYN (so war's ja auch gemeint - Anm. des Red.). Ich lasse THORN.ELEVEN aber mal den Vortritt.

David: Dann kannst Du l?nger ?berlegen was Du sagen willst.

HoM: Also ok, dann zuerst zu THORN.ELEVENs "A different view".

David: Die Platte hei?t "A different view", weil wir mittlerweile ein bisschen angek?st waren von dem ganzen Rockgesch?ft und da ein bisschen eine andere Sicht drauf haben als wir es fr?her hatten. Wir waren wahnsinnig gl?cklich, als wir das Ding raus hatten, weil es so ewig gedauert hat, bis man das Ding aufgenommen hat und dann releasen kann. Ja, und jetzt wollen wir mal kucken, wie das 4 LYN-Publikum unser Zeug so annehmen wird.

HoM: Urspr?nglich wart Ihr beide eher in Richtung Nu Metal und seid jetzt mit den neuen Scheiben in eine etwas andere Richtung abgedriftet.

David: Also ich pers?nlich habe uns nie als Nu Metal Band gesehen, ich kann das sowieso nicht ab, dieses Schubladendenken. Aber es ist halt so, man wird automatisch mit irgendwelchen Bands verglichen und dann in irgendwelche Schubladen gesteckt. Die erste Platte hat definitiv metalliger geklungen als die neue, aber Nu Metal waren wir glaube ich nie.

Braz: Ich finde das immer recht spa?ig. Klar, die Bezeichnungen haben sich nicht die Musiker ausgedacht, das haben sich irgendwelche schlauen talent scouts bei irgendwelchen Plattenfirmen ausgedacht. Ist nat?rlich auch irgendwo sinnvoll, dass die Kids wissen, was sie kaufen sollen, nach dem Motto: Ja, wo ist hier der Nu Metal-St?nder.
Das Ding war, ich glaube die Musik selber, Neu Metal, war nicht irgendwo schlecht, das sieht man alleine daran, wie viele Kids es gekauft haben. Es war nur einfach so, jedes Genre, das komplett ?berlaufen ist, und das ist bei Nu Metal irgendwann der Fall gewesen, was ja auch nicht schlimm ist, aber wenn etwas ?berlaufen ist, dann stagniert es meistens Und von daher dachten die Leute, oha wir werden hier von einer Musikrichtung erschlagen, die wir eigentlich gar nicht so geil finden. Und so hat sich dann mehr oder minder eine Anti-Nu-Metal-Fraktion gebildet, die aber selber wahrscheinlich alle Nu-Metal-Alben im Schrank haben.
Wir sind wahrscheinlich damals eindeutiger die Nu-Metal-Schiene gefahren als THORN.ELEVEN, aber wir haben fr?her schon immer versucht zu sagen, he, wir machen aber das und das und die und die Musik, wir haben dabei versucht die Leute zu bekehren und zu sagen, was wir tun ist etwas anderes, wir m?chten nicht, dass ihr so schubladenm??ig denkt. Aber irgendwann habe ich gemerkt, du kannst gewissen Leuten keine andere Meinung aufdr?ngen, die wollen diese Meinung besitzen und wollen da auch stumpf drauf stehen bleiben. Ich werde einen Teufel tun, meine Zeit damit zu verschwenden, den Leuten Musik zu erkl?ren. Im Grunde genommen, egal ob es THORN.ELEVEN, MORBID ANGEL, 4 LYN, KORN oder SLIPKNOT ist, im Grunde genommen machen wir alle Mucke. Das sind alles Livebands, die mal besser und mal schlechter drauf sind. Von daher, wenn irgendjemand zu mir kommt und sagt "ihr seid 4 LYN und macht doch Nu Metal oder ihr seid THORN.ELEVEN und macht Rock Metal", sollte man einfach sagen "wenn das deine Meinung ist, hast du recht". Das erspart einem viele Diskussionen.

David: Was bei uns immer gut war ist, dass das mit dem Schubladendenken nie so richtig funktioniert hat. Wenn ich mich daran erinnere, was f?r Reviews wir zu ersten Platte gekriegt hatten und auch jetzt zur neuen, da ist von Vergleichen die Rede von GREEN DAY...

HoM: ... und CREED...

Braz: (entsetzt) Ihr werdet mit CREED verglichen?

David: ... ja von GREEN DAY bis SPANDAU BALLET war alles dabei, von daher ist mir das so schei?egal.

HoM: SPANDAU BALLET?

David: Ja, irgendein Italiener hat geschrieben, ich w?rde singen wie SPANDAU BALLET.

Braz: Ist doch super, SPANDAU BALLET war eine super Band aus den Eighties.
Um auf die 4 LYN-Platte zu kommen: Jeder Journalist, der jetzt schreibt, 4 LYN machen Nu Metal oder 4 LYN machen das, was sie immer gemacht haben, macht sich l?cherlich. Aus dem Grunde allein, weil er deutlich macht, er hat nur die Bandbio gelesen und hat nicht in die CD reingeh?rt. Das machen viele Journalisten, ich wei?, ich betreibe selbst ein wenig Journalismus, ich wei? wie das ist, wenn man 4-5 Bands am Tag hat. (Na, wie ist das denn, Herr Braz? Sch?n ist das! Die Red.)
Man m?chte nach Hause, man ist m?de, man hat keine Lust mehr, aber dann sollte man das nicht betreiben. Wir als Musiker machen den Job ja auch so, wir gehen jeden Abend, ob schlecht gelaunt oder krank auf die B?hne und versuchen trotzdem die beste Art von Entertainment zu bieten und ein Journalist sollte eigentlich, denn er ist es ja, der das Wort verk?ndet, und der eine Band zum Leben oder Sterben bringen kann, ein bisschen objektiver denken. Das machen viele Journalisten nicht, aber gerade so diese Internetguerilla, die Interviewer und Online-Magazines, die machen in meinen Augen einen weitaus besseren Job als alle Printmedien zusammen. Und wer zu "Take it as a compliment" sagt, das ist schon mal dagewesen, der hat entweder nicht zugeh?rt oder der wei? es wirklich nicht besser. Der soll sich dann die NO ANGELS geben, oder was.

David: Die NO ANGELS gibt es aber nicht mehr.

HoM: Kommen wir nochmal auf THORN.ELEVEN zur?ck, Ihr habt mit Roberto Longhi (der Produzent) zusammengearbeitet. Wie kam es zu dem Kontakt und wie kamt Ihr nach G?teborg in das Studio?

David: Wie das meiste im Musikbusiness ist es auch bei der Produzentenwahl das beste, es selber zu machen, wenn man will, dass es klappt. Wir haben bei der letzten Platte eine Liste mit ungef?hr zehn Leuten eingereicht von denen nicht einer kontaktiert wurde, von denen vielleicht f?nf auch zu teuer waren, was wei? ich, und dann haben wir uns diesmal gedacht, wir hocken uns hin, h?ren unsere Lieblingsplatten durch und suchen uns den aus, der uns am ehesten dahinbringt, wo wir hin wollen und haben uns dann ziemlich schnell gemeinsam f?r den Roberto entschieden. Dann habe ich seine Nummer ?ber eine andere Band via Internet herausbekommen, die er vorher produziert hatte, und dann habe ich ihn angerufen, das Zeug geschickt und ihn gefragt, ob er das machen will. Er hat relativ schnell zugesagt und so nahmen die Dinge ihren Lauf.

HoM: Und wie w?rdest Du die Platte beurteilen? Ein Schritt nach vorne f?r Euch als Band?

David: F?r uns als Band ist es definitiv ein Schritt nach vorne, wir sind im Songwriting besser geworden, wir sind im arrangieren besser geworden, die Aufnahmen sind wesentlich entspannter gelaufen als jemals zuvor, was nat?rlich zum gro?en Teil auch an Roberto lag, weil wir uns einfach relativ blind verstanden haben mit ihm. Das einzige was mich im Moment noch an der Platte st?rt ist der Schlagzeugsound, weil leider unser Original-Schlagzeuger nicht dabei war, ist alles nicht ganz so gelaufen, wie wir es uns gew?nscht haben, aber ansonsten bin ich vollauf zufrieden mit der Platte.

HoM: Wieder zu 4 LYN. Was ich ganz interessant fand, beim Info wurdet Ihr vorgestellt von LOTTO KING KARL. Wie kam es denn dazu?

Braz: Das ist die Hamburg-Mafia. LOTTO hat damals eine befreundete Band von uns produziert, n?mlich HERZER, und da lief wohl ein Video von uns, er hat es gesehen, er war noch nicht so recht angetan, aber er war interessiert, was da passiert und irgendwie ist der Kontakt zustande gekommen mit unserem Management.
Rodeostar sind regelrecht Kraken, habe ich manchmal das Gef?hl, die wissen ?berall, wer was macht, die kennen ?berall irgendjemanden.
Lotto hat sich dann f?r 4 LYN saum??ig interessiert und hat sich den Arsch aufgerissen in einer Zeit, in der viele 4 LYN schon abgeschrieben hatten, als der Split von Universal (das alte Label - Anm. d. Red.) kam. Und deswegen fand ich den Typen recht interessant. Klar, jeder kennt Lotto, da ist die T?r und Hamburg meine Perle, so kennt man Lotto King Karl, aber wenn man sich einmal mit dem Mann zusammensetzt, sieht man, das ist nicht nur ein Typ, der einen auf Asi macht oder einen auf Barmbeker Vollprolet, ich bin mittlerweile auch wieder Barmbeker, ich wohne nicht weit von ihm weg, oder nur ein Typ mit skurrilen T-Shirts. Nein, der Typ hat echt was auf dem Kasten.
Als ich die Bandbio gelesen hab, hab ich gedacht "Wow, der hat echt da gesessen, hat sich unsere Demos angeh?rt, damals noch die Demos, und uns objektiv betrachtet". Das ist ein Typ, der muss dir keinen Mist erz?hlen. Frag Du mal Lotto, ob du auf die G?steliste kommst, der sagt "wei?t du was, das ist meine Show, du bezahlst fucking Eintritt. Du willst ein T-Shirt umsonst haben, fick dich ins Knie".
Das ist ein Typ, der knallhart seine Schiene durchzieht und das ist denke ich mal eine Parallele zu 4 LYN. Wir haben konstant das gemacht, wir haben uns gegen einen Ansturm von Presseleuten entgegenstellen m?ssen, was wirklich nicht mehr witzig war, wir wurden ?ffentlich in den Medien erschossen und sind immer noch da.
Als wir den Deal unterschrieben haben hat unser Gitarrist damals gesagt, das Gr?ndungsmitglied, das R?ckgrat der Band damals, "ich steig aus, ich m?chte jetzt verheiratet sein und m?chte jetzt lieber der family man sein". Auch das hat 4 LYN ?berlebt und Lotto King Karl passt genauso wie 4 LYN in eine Kategorie von Ratten und Kakerlaken, die einen st?ndigen ?berlebenswillen haben. Deswegen, viele Leute haben daran gezweifelt, ob 4 LYN diesen ?berlebenswillen und diese Standhaftigkeit hat, dass die Kreativit?t fl?ten geht, wenn das Label erst mal weg ist, das haben viele gedacht, aber 4 LYN nicht. Wir haben uns hingesetzt und haben das beste Album geschrieben, was wir je geschrieben haben und deswegen bekommen wir jetzt von der Presse so den Arsch geleckt, wo ich sage "ja, wo wart ihr, als wir euch gebraucht haben. Wo wart ihr damals? Muss jetzt erst ein Lotto King Karl sagen, die Band ist Chef, oder was?"
Ich denke, es hat aber auch damit zu tun, dass wir alle gereift sind, ein ganz normaler Prozess, wenn du Musiker bist, bist du K?nstler und entwickelst dich weiter, das kommt von ganz alleine, wenn du es denn willst. Du kannst nat?rlich auch dein Leben lang Musik machen, indem du sagst, "he, ich will mein ganzes Leben lang in ein Mikro br?llen". Es gibt auch Bands, da ist das ein Traum, ich will niemals h?ren, dass MORBID ANGEL anfangen Classic zu singen, ich will die so haben. Aber es ist so bei 4 LYN, wir wussten mit dem ersten Album zu ?berraschen, mit dem zweiten ebenfalls und mit dem dritten erst recht. Das Feedback ist einfach grandios. Wir haben uns die ersten beiden Platten angeh?rt und haben uns gesagt "ja, das haben wir da gemacht, aber das machen wir nicht nochmal". Deswegen ist Lotto auch so begeistert von der Platte und kann guten Gewissens sagen "das kann ich supporten" und hat uns dann gleich auch in sein Vorprogramm geholt in Hamburg.

HoM: Nochmal zu Dir, David. Ich finde Deine Stimme ziemlich eindrucksvoll...

David: ... ich hoffe im positiven Sinne, oder?

HoM: Ja, wirklich, hast Du eine Ausbildung genossen oder bist Du Autodidakt?

David: Das darf man jetzt eigentlich gar nicht sagen, ich bin eigentlich Autodidakt und habe mich dann aber mal f?r zwei Semester als Gaststudent in der Hochschule f?r Kirchenmusik in Heidelberg eingeschrieben.

Braz: So ein Streber!

David: Das hat sowas von ?berhaupt nichts gebracht, weil ich da irgendwelche vertonten Goethe-Gedichte gesungen habe und es f?r die B?hne nichts gebracht hat. Das einzige was ich gelernt habe, ist richtig zu atmen.
Von daher ist es schon alles autodidaktisch. Es gibt so viele S?nger, die bestimmt besser w?ren, wenn sie keine Ausbildung h?tten.

Braz: Du brauchst ein gewisses Pfund an know how. Gerade wenn du eine mehrere Monate dauernde Tour machst, dann bringt es nichts, wenn Leute sagen, "komm trink nochmal eine Flasche Whiskey, wenn du eine Kehlkopfentz?ndung hast, das t?tet dann ab" das ist kompletter bullshit, so Quasi-?rzte, wei?t du, das wichtigste ist learning by doing.

David: Man kriegt das einfach mit, je ?fter du spielst, desto mehr wei?t du, was du auf der B?hne machen musst, was du machen kannst und was du am besten sein lassen solltest. Das ist mit dem ganzen Songwriting und was Du (zu Braz) so gesagt hast genauso. Man w?chst mit der Zeit, in der man zusammenspielt, man w?chst an den Erfahrungen, die man macht und an den Punkt, an den man hin will, kommt man sowieso nie.

Braz: Sag das nicht!

David: Aber der Weg ist das Ziel.

HoM: Stichwort Songwriting wie l?uft das bei Euch? Du schreibst die Texte und die St?cke werden dann zusammen entwickelt, oder wie l?uft das?

David: Ja, in der Band ist es so, dass wir die Songs alle zusammen schreiben. Es funktioniert so, dass jemand mit einer Basisidee in den Proberaum kommt, sei es ein Gitarrenriff oder ein Basslauf, irgendwas, dann setzen wir uns hin, feilen an dem Ding rum, machen vielleicht ab und zu schon einmal den Gesang f?r die Strophe dazu und bauen erstmal ein Basisgrundger?st f?r den Song. Dann setze ich mich meistens hin und mache die Texte dazu und die Gesanglinien. Dann spielen wir das Ding ein paar Wochen und entscheiden, ob wir es gut finden oder ob es auf der M?llkippe landet. Das ist so im Verh?ltnis von 3 zu 1.

Braz: Du komponierst auch?

David: Ja, ein bi?chen.

Braz: Gut!

David: Auf der neuen Platte sind ziemlich viele Sachen von mir, erschreckenderweise. Ja, wenn uns der Song gef?llt, dann ?berarbeiten wir ihn, nachdem wir ihn vier oder f?nf Wochen gespielt haben, nochmal komplett, bis er halt so rund ist, wie wir ihn gerne alle haben wollen. Das ist nat?rlich immer schwierig, mit dieser Banddemokratie.

Braz: Demokratie nie mehr!

David: Ja, da muss man dann halt aber durch, wenn alle damit zufrieden sein sollen. Das ist ja auch eigentlich nur zutr?glich, wenn jeder seinen Senf dazugeben kann, auch sagen kann, "ich finde das jetzt Schei?e", das w?rde ich nie live spielen lassen.

HoM: Und wie ist das bei Euch?

Braz: Also auf der neuen Platte ist das so, wir haben mit Russo, also mit unserem neuen Gitarristen, den absoluten Sechser im Lotto gehabt. Unser alter Gitarrist war mehr so ein "Nachspieler", ein spielender Fan quasi, der hat sich ne neue CD gekauft und alle neuen Songs, die wir damals geschrieben haben klangen wie das aktuelle, was er sich gerade gekauft hatte. Wir brauchten nur kucken, "ha, was hat sich Benny neu gekauft", ohne ihn jetzt dissen zu wollen.
Rene kam in die Band, der hatte weder Ahnung von dem ganzen Nu Metal-Zirkus, der kannte Bands wie KORN gar nicht, der kannte nicht einen Song, der kannte von uns gerade mal einen Song. Der kam auf einer ganz andere Schiene, der kam mit einer ganz anderen Farbenfrohheit an den Start und dementsprechend musste ich auch ?berlegen, ok, rappen ist jetzt nicht mehr, oder ist weniger, so m?ssen wir halt schauen und einen Schritt nach vorne machen. Weil immer nur rappen und schreien, das brauch kein Mensch mehr. Aber ich schreibe die Texte und bei diesem Album hat einen Gro?teil der Songs komplett Rene alleine zuhause entwickelt, er hat Schlagzeug eingespielt, Bass und Gitarre.

HoM: Wie sieht es aus mit der Tour, wisst Ihr schon etwas ?ber die Verkaufszahlen der Tickets?

Braz: Also was ich so geh?rt habe recht gut.

David: Bis auf unsere Homebase Mannheim, da l?uft es ziemlich tr?ge, aber das ist auch die Nacht auf den 1. Mai, da haben die Leute in Mannheim schon oft etwas anderes vor. Aber ansonsten l?uft der Vorverkauf wohl gut, was ich bisher geh?rt habe.

Braz: Also eine Menge Schuppen sind schon dicht, da geht auch nichts mehr. Die Guerilla-Tour funktioniert so, wir haben einfach schon in vielen gro?en Clubs gespielt und haben halt ?berlegt, wie k?nnen wir das neue Album promoten und haben uns gedacht, lass uns das doch machen wie fr?her. Lass uns in die kleinen Clubs gehen, keine Barrieren, ok in zwei Clubs gibt es Barrieren, das ist schade, aber wir wollten es halt so pr?sentieren, face to face, von Angesicht zu Angesicht quasi, mit Schwei? und Rauch, so wie man uns eigentlich damals sehen konnte, in kleinen Clubs ohne gro?en Aufwand.
Bei uns kommt die gro?e Tour dann im Herbst, aber dann hatten wir auch Bock, so mit THORN.ELEVEN, selbes Management, wie w?r's, da hilft man sich nat?rlich gerne.

David: Passt auch ganz gut, glaube ich, also ich habe Eure neue Platte von Thorsten (der Roadmanager) gekriegt.

Braz: Ich kenne Euren neuen Schei? irgendwie noch gar nicht, ich kenne nur die Songs, die Ihr auf der Homepage hattet und da war ich, muss ich ehrlich zugeben, nicht sofort begeistert.

HoM: Also Dir (zu David) hat 4 LYN ganz gut gefallen, Du (zu Braz) musst THORN.ELEVEN erst noch entdecken...

Braz: Ich wei? aber, dass THORN.ELEVEN 4 LYN am Anfang auch nicht so toll fanden, aber das ist ja auch kein Problem, wir k?nnten auch, wenn wir mit einer Classic Combo gut klarkommen w?rden, mit denen auf Tour gehen.
Das ist ja das Ding: Musiker m?ssen das nicht immer akzeptieren, jeder hat seine Auffassung von Musik. Aber wenn es zwischenmenschlich funktioniert, kannst du mit jeder Band touren. Wir sind mit DREDG getourt, DREDG ist so fernab von dem was wir machen, die machen ganz sph?rische, ruhige Musik (siehe das HoM-Review) mit Instrumenten, wo ich noch nicht mal den Namen aussprechen kann. Und es hat aber gepasst, aus dem einfachen Grunde, weil du gemerkt hast, dass der Vibe zwischen den Bands da war.

David: Ich find's manchmal sogar cooler wenn man auf Konzerte geht, wo nicht den ganzen Abend lang vier Bands spielen, die dieselbe Mucke runterziehen, also wenn man ein bisschen Abwechslung hat. Es kommt nat?rlich immer darauf an, ob das Publikum das annimmt, aber wir haben damit bisher gute Erfahrung gemacht, wenn ein bisschen Abwechslung drin ist.

HoM: Wollt Ihr noch etwas sagen zum Thema Musikbusiness?

David: Ach schei?e, lieber nicht.

Braz: Das Ding im Musikbusiness ist, es gibt da mehrere Sachen, die auf jeden Fall zu bem?ngeln sind, aber auch Sachen, die aus diesen M?ngeln resultieren und definitiv gut sind.
Also wir als junge Bands haben ja immer das Problem, wir m?ssen uns h?rter beweisen als z.B. ein EMINEM oder eine Truppe wie KORN oder irgendwelche schon l?ngst etablierten K?nstler.
Gerade die jungen Bands die jetzt kommen, kommen in einer Zeit, wo das Medium Musik einfach bestimmt ist von Anarchie im Net, sprich downloaden, Brennerei etc. Und das ist f?r uns auch schei?e, weil wenn eine junge Band gesignt wird, dementsprechend nicht mehr so viel Platten verkauft wie damals eine neu gesignte Band, wo man auch mehr Etat reinstecken konnte, weil die Leute dementsprechend auch los gegangen sind, weil keiner sich das brennen konnte, weil es das noch nicht gab, haben es Bands wie THORN.ELEVEN, 4 LYN oder auch EMIL BULLS, alle, gerade in Deutschland haben es schwer.
Und wenn ich dann noch im Radio h?re, dass die Warner jetzt aufgekauft von irgendeinem Ami-Unternehmen ganz klar die Ansage kriegt, keine deutschen K?nstler mehr zu f?rdern, was passiert dann?
Resultat wird dann sein, die Leute kriegen immer mehr Chart-Shows, immer mehr Casting-Shows, wir k?nnen uns da noch und n?cher aufregen, es liegt nicht in unserer Hand. Aber: Auf so eine Aktion gibt es eine Reaktion, das wissen wir, deshalb kommt Metal Musik alle f?nf bis sechs Jahre immer wieder. Das ging mit RAGE AGAINST THE MACHINE los, oder auch davor, die ganzen Haarspray-Bands oder Bands wie PRO-PAIN oder so, dann kam ein Break, dann war das nicht mehr so angesagt, dann kam pl?tzlich eine No-Name Band wie KORN ums Eck.
Wei?t Du, der Bedarf an harter Musik ist immer da und, das ist ein Star-Wars-Zitat, je enger sich der Griff der Industrie zieht, desto mehr H?rer und Konsumenten schl?pfen denen durch die Finger. Und das ganze Downloaden, diese ganzen Tauschb?rsen, das ist eine einzige Rache; die Plattenfirmen haben sich das gr??te Eigentor geschossen indem sie die Preise so derma?en hochgezimmert haben, als der Euro kam gleich mit 1:1.
Ich ?berlege mir heute auch, kaufe ich mir jetzt eine CD. Ich brenne mir generell keine CD, weil ich wei?, wie ich mich f?hle dabei. Heute habe ich gerade erfahren, dass unser komplettes Album irgendwo zum Downloaden bereit steht und das ist bei uns auf der Seite gepostet worden, der Link dazu. Es sind gerade f?nf, sechs Leute unterwegs, die versuchen, herauszufinden wer das ist und den komplett zu verklagen bis zum Arsch.
Was ich eigentlich sagen wollte, dieses ganze Downloaden hat auf der einen Seite etwas Schlechtes f?r Bands wie uns, auf der anderen Seite in Betracht auf die ganze Musikindustrie was Gutes, weil die Plattenfirmen m?ssen jetzt nachdenken. Die wissen nicht, ob ihre ganzen Product Manager und so, ob die alle die n?chste Woche noch ihren Titel haben, weil sie sie nicht mehr bezahlen k?nnen.

David: Das Problem ist auch, wie Du eben gesagt hast, die Musikindustrie hat sich ?ber Jahre hinweg, oder die Industrie allgemein, das h?ngt ja mit verschiedenen Firmen, Gro?konzernen wie Sony alles zusammen, die Suppe selber eingebrockt, indem sie jahrelang gut verdienen, indem sie Leuten die billigsten DVD-Anlagen verkaufen, die alles abspielen, das Equipment zum Brennen zur Verf?gung stellen und und und um sich dann nachher hinzustellen und zu sagen "ihr d?rft das Zeug aber nicht daf?r benutzen oder ?berhaupt nicht nutzen" ist halt einfach ein l?cherliches Ding.
Ich bin mal gespannt, wie die Musikindustrie so in zehn Jahren aussehen wird, Plattenfirmen in der Form wird es auf jeden Fall nicht mehr geben.

Braz: Die Kids sind mittlerweile so mit Technik ausgestattet, dass es gar kein Problem mehr ist. Download ist mittlerweile - ich kann pinkeln gehen und hab' ein komplettes Album runtergeladen von irgend einer Majorband.
Wir haben jetzt z.B. als Gegenschlag etwas gemacht. Es gibt ja unser Album "Take it as a compliment" wie ich schon gesagt hatte im Netz, allerdings gibt es jetzt auch, das war eine ?ber-Nacht-Aktion, die Platte "Fake it as a compliment" von 4 LYN. Komplette Bytegr??e, komplette Titel, alles stimmt mit diesem Album ?berein. Allerdings, wer sich das downloadet bekommt 12 verschieden H?rspiele, selbst von mir total bekifft aufgenommen, irgendwie mit richtig geilen Kulissen, 12 Geschichten in dem ich dem Downloader erkl?re, was er damit eigentlich dieser Band antut.
Das wird etwas sein, was eine legend?re Aktion wird.
Klar, die Plattenfirmen schmei?en sofort alle Server voll mit irgendwelchen Fakesachen. Was machen die Leute aber wenn sie sich St?rger?usche runterladen? Sie schmei?en es von ihrem Rechner. Wenn sie sich es aber downloaden und da ist irgendwas, was ihnen gef?llt, ein 4 LYN-Fan der sich das downloadet und auf einmal ein H?rspiel von seiner Lieblingsband hat, was wirklich witzig ist, der beh?lt es auf seiner Kiste. Sprich, es wird immer schwerer, die Originale im Netz zu finden, und momentan geht da echt eine Menge.
Ich kann nur jeder Band empfehlen, alles selber machen, die Plattenfirmen k?nnen einem mittlerweile nicht mehr helfen. Kopierschutz, was bringt Kopierschutz wenn ich es auf meinem Computer nicht abspielen kann, wenn mein CD-Player komplett abkackt.
Also, ich kann nur sagen, supportet unsere Bands, macht es wie Frankreich, ein nationaler Spielanteil im Radio, 80% eigene K?nstler und nicht immer sagen, "nee, nee, ich m?chte aber lieber was vom gro?en Teich, weil das ja besser ist". Qualitativ nicht. Punkt.

HoM: Ein sch?nes Schlusswort. Ich w?nsche Euch viel Erfolg auf der Tour und mit Euren neuen Platten.

Ein besonderer Dank gilt neben David und Braz auch Thorsten Harms von Rodeostar f?r die Betreuung vor Ort und die Realisation des Interviews.

Ralf Stierlen, 24.04.2004

 

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